Archiv der Kategorie: Musik und Kultur

Raphia in Madagaskar

Es gibt verschiedene endemische Palmen in Madagaskar und die schön dekorative Raphia Palme gehört dazu. Die Raphia Pflanze ist an ihren riesigen und langen Blättern zu erkennen und kann eine Höhe von bis zu 10 Metern erreichen. Diese schöne Zierpflanze ist besonders in den westlichen sumpfigen Gebieten, im Landesinneren, im Urwald oder am Rand der Flüsse zu finden. So zum Beispiel in der Region von Mahajanga.

Diese Palmenart ist auch unter dem deutschen Namen „Bastpalme“ bekannt. Der wissenschaftliche Name Raphia Farinifera oder auch auf madagassisch „rofia“ kommt etymologisch vom griechischen Wort „raphis“. Dies bedeutet auf deutsch „Nadel“ und symbolisiert die längliche Form der Frucht. Der zweite Name „farinifera“ bedeutet „mehlig“, denn das Mark im Stiel schmeckt etwas mehlig.

Die Raphia-Palme wächst sehr langsam, ab einem Alter von 10 Jahren können die Dorfbewohner in Madagaskar die Raphiablätter zwischen Oktober und Mai ernten. Erst ab einem Alter von rund 20 Jahren kommen die ersten Früchte, in Form von Trauben.

Die länglichen Raphiablätter werden von den Kunsthandwerkern mehrmals gewaschen und getrocknet, bis die Fasern flexibel und robust werden. Die weissen Raphiafasern werden gemalt und eignen sich so als Material zum Flechten von Gebrauchsgegenständen, wie schöne Matten, Teppiche, Körbe, Hüte oder Handtaschen in verschiedenen Farben. Diese dekorativen Gegenstände sind sehr beliebt bei den Einheimischen und sehr praktisch als Mitbringsel für die Reisegäste. Die Blätter werden auch zum Hausbau eingesetzt. Die Dächer der luftigen Palmenhütten an der Küste Madagaskars sind sehr oft mit Palmwedeln der Raphia bedeckt.

Für weitere Frage über die einzigartige Pflanzenwelt auf unserer Insel oder auch für die Planung ihrer nächsten Entdeckungsreise nach Madagaskar stehen wir Ihnen zur Verfügung.

Herzliche Grüsse aus der Tropeninsel

Malabary Kleidung in Madagaskar

Malabary Kleidung in Madagaskar

Auf Madagaskar gibt es 18 verschiedene Bevölkerungsgruppen und jede Ethnie hat ihre eigene traditionelle Kleidung und Tracht. Heute möchte ich Ihnen das „Malabary“ oder die typische traditionelle Männerkleidung der Hochlandbewohner Merina und Betsileo vorstellen.

Das Malabary ist ein langes Hemd, meistens aus Baumwolle. Es hat lange Ärmel und reicht bis zu den Oberschenkeln. Der farbige Baumwollstoff ist gestreift oder gern auch kariert. Meist sind zwei grosse Brusttasche eingenäht. Hingegen fehlen Seitentaschen. So wirkt das Malabary wirklich wie ein überlanges Männerhemd.

Das Malabary sieht aus wie eine indische Männerkleidung. Die Herkunft dieser Kleidung in Madagaskar ist bis jetzt unklar, aber laut einer Theorie haben die indischen Seeleute diese Tracht im 18. Jahrhundert nach Madagaskar eingeführt. Die Madagassen übernahmen dieses Outfit sofort.

Malabary lehnt sich dem Namen der Küste in Südwest-Indien an. Die Malabarküste wurde von den Seefahrern gern besucht und hatte auch eine eigene Schiffahrts-Tradition. Die Madagassen nannten die Leute aus Indien einfach nur Malabary.

Früher haben die Mpanjaka, also die madagassischen Könige, dieses Malabary-Hemd zusammen mit einem Lamba, also mit einem „Seidentuch“, getragen. So wurde das Malabary später zum Outfit der feinen und wohlhabenden Leute.

Malabary Kleidung in Madagaskar

Heutzutage tragen die Merina- und Betsileo Männer gern diese schöne Kleidung. Sie ist sogar seit ein paar Jahren wieder zu einem „Trend“ hier im Hochland geworden. Beim traditionellen Verlobungsfest oder „Vodiondry“ trägt der Ehemann oft ein buntes Malabary aus Seide, dazu auch die passende Hose, Ledersandalen und einen typischen madagassischen Strohhut.

Bei den verschiedenen Zeremonien oder Familienfesten gibt es immer Redner, Mpikabary genannt. Diese Redner tragen gern eine Malabary-Kleidung. Auch die Folkloregruppen und die Tänzer bei den Hira Gasy sind sehr stolz auf diese traditionelle Volkstracht. Es ist es auch Sitte hier im Hochland, dass die kleinen Buben zwischen drei und fünf Jahren dieses Malabary-Kostüm nach der Beschneidung tragen.

Wenn Sie über das Hochland in Madagaskar reisen und einen ländlichen Dorfmarkt besuchen, dann sehen Sie garantiert Männer in Malabary-Kleidung. Möchten Sie mehr über die Kultur der Madagassen wissen, kontaktieren Sie uns gerne. Wir sind hier in Antananarivo.

Veloma!

Nationalfeiertag in Madagaskar

Nationalfeiertag in Madagaskar

Am 26. Juni ist Nationalfeiertag in Madagaskar. Jedes Jahr seit 1960. Der Tag ist immer ein Feiertag und wird festlich begangen. In normalen Jahren finden Paraden statt.

Die Bevölkerung geht gern mit Lampions auf die Strassen. Hier und dort werden auch kleine Feuerwerke gezündet. Natürlich gibt es auch spezielles Essen.

Der Tag geht zurück auf das Jahr 1960, als Madagaskar die Unabhängigkeit von Frankreich offiziell zugestanden bekam.


Lesen Sie auch, was ein Studentin in Madagaskar zum Nationalfeiertag sagt:
Der Nationalfeiertag und ich


Welttag des Tanzes

Welttag des Tanzes Madagaskar
Tanzen Hochland Madagaskar

Der 29. April ist der Welttag des Tanzes.

Der Welttanztag wurde vom Internationalen Komitee des Tanzes des Internationalen Theaterinstitutes (ITI) der UNESCO angeregt und im Jahr 1982 erstmals ausgerufen, um den Tanz als universelle Sprache in der Welt zu würdigen.

Jeder, der gerne die Welt durch Reisen entdeckt, trifft hier und dort auf Tänze, die es in den verschiedenen Kulturen gibt. Gemeinsam ist allen, dass sie uns berühren und sogar als universelles Kommunikationsmittel funktionieren. Brücken werden über die Sprachbarrieren hinweg gebaut und ermöglichen denjenigen, die offen dafür sind, Begegnungen einer anderen Art mit den einheimischen Menschen, gefüllt mit gegenseitiger Neugier und Respekt.

Beim Zurückblicken an eigene Reiseerlebnisse kommen uns zu diesem Thema viele Momente in den Sinn. Vielleicht erinnern Sie sich an die singenden und tanzenden Kinder, die Sie im Hochland von Madagaskar angetroffen haben. Wer weiss, vielleicht haben Sie den Kindern ein europäisches Kinderlied beigebracht mit Tanzübungen dazu (unser Geheimtipp ist RAMSAMSAM).  Oder vielleicht hatten Sie das Glück und wurden zu einem traditionellen Fest eingeladen. Auch wenn Sie die anderen Gäste nicht verstanden haben, konnten Sie gleichwohl mittanzen und Ihr inneres Reisetagebuch mit ganz schönen Erinnerungen füllen, die sich schwer im Worte fassen lassen.

Vielleicht haben Sie auch spontan mitgemacht, wenn Sie eines der Dorforiginale auf der Strasse zum Singen und Mittanzen aufgefordert hat. Wenn Sie dieses Angebot angenommen haben, dann reden vielleicht die Dorfbewohner noch heute von der tanzenden Vazaha (Fremde).

Zusätzlich zu spontanen Tanzbegegnungen gibt es in Madagaskar auch die Möglichkeit, traditionelle Hira Gasy (Tanztheater) anzuschauen. Auch wenn man die Sprache nicht versteht, ist es nicht schwer, die Botschaft zu verstehen. Früher wurde dies für Aufklärung, zum Beispiel im Gesundheitswesen, benutzt und die Theatergruppen reisten von Dorf zu Dorf, um die Menschen zu unterhalten und aufzuklären. Im ruralen Umfeld gibt es immer noch Orte, wo man Hira Gasy sehen kann und man ist anschliessend beim Austausch in der Reisegruppe überrascht, welche Botschaften bei den verschiedenen Zuschauern angekommen sind.

Dass man nicht hören muss, um tanzen zu können, zeigt dieser kleine Film.

Hier tanzt eine Gruppe gehörloser Menschen und wer denkt, man müsse hören, um zu tanzen, muss umdenken. Diese Tänzer haben den Rhythmus im Blut und sie tanzen besser als viele Hörende. Wenn Sie Madagaskar mit uns bereisen möchten, können Sie gerne einen Besuch bei diesen Kindern einbauen. Sie werden sich freuen, Ihnen ihren Tanz und auch Theaterkünste vorzuführen.

Was sind Ihre Erinnerungen zu diesem Thema?

Haben Sie in Madagaskar schon einmal richtig losgetanzt? Schreiben Sie uns auf info@priori.ch und teilen Sie am heutigen Welttag des Tanzes (oder auch später) Ihre Erlebnisse mit uns!

Und wenn Sie beim Reisen immer noch nicht mit den Einheimischen getanzt haben, dann ist es jetzt vielleicht an der Zeit, eine Reise mit uns zu planen!

Mozea Akiba Museum Mahajanga

Mozea Akiba Museum in Mahajanga, Madagaskar

Das Mozea Akiba Museum der Universität in Mahajanga an der Nordwestküste von Madagaskar greift Regionalgeschichte auf und vermittelt zudem erdgeschichtliche Fakten

Madagaskar hat nur wenige Museen und kaum welche, die ihren Namen wirklich verdienen. In der Küstenstadt Mahajanga, die auch Majunga oder Mahajunga geschrieben wird, unterhält die dortige Universität ein kleines Museum, das bestimmt einen Besuch lohnt.

Das Museum blickt weit zurück in die Urgeschichte, als Dinosaurier in der Region lebten und eine der gefundenen Arten wurde sogar in Ehrung der Stadt mit Majungasaurus atops benannt. Nicht weit von Mahajanga entfernt befindet sich im Ort Berivotra in einer Sedimentschicht eine grosse Ansammlung an gut erhaltenen Dinosaurierknochen. Versteinerte Knochen sind im Museum zu finden, wie auch versteinertes Holz.

Madagaskar ist eine geologische Perle mit vielfältigem Vorkommen an Edelsteinen und Halbedelsteinen. Nicht nur Geologen fasziniert der alte Teil von Gondwanaland, sondern auch Händler aus aller Welt. In der Gegend um Mahajanga finden sich begehrte Abbaustellen. Das Museum berichtet davon und macht die Besucher aufmerksam auf die verborgenen Schätze des Bodens. Auch das bei Weitem noch nicht erforschte Höhlensystem von Anjohibe, ein weitverzweigtes Netz an unterirdischen Schluchten, Kathedralen und Ablagerungen, findet im Museum Erwähnung.

Über die Geologie führt das Museum in die Geschichte der Region und in ihre kulturelle Dimension. Mahajanga stand immer im Focus des transmaritimen Handels im westlichen Indischen Ozean. Daraus entstanden Handelsposten und gar Städte mit swahilisch-arabischem Flair. So erinnert die Altstadt von Mahajanga mit ihren schweren Holztüren, verziert mit Schnitzereien und Metallknöpfen an Zanzibar. Diese Episode von ein paar hundert Jahren ist noch nicht aufgearbeitet.

Das Mozea Akiba Museum gibt ethnologische Einblicke in die Volksgruppe der Sakalava, der vorherrschenden Ethnie der Region. Diese musste sich aber vor 200 Jahren dem Volk der Merina aus dem Hochland unterwerfen. Das Museum zeigt historische Fotos von Merina-Festungen entlang der Westküste.

Dieses Universitätsmuseum ist das einzige Museum in Mahajanga und versucht daher, die Region ganz breit zu betrachten. Museumsdidaktik ist in Madagaskar noch ein kleines Wort. Zudem ist das Budget schmal und daher muss der Anspruch an Unterhalt und Präsentation tiefer geschraubt werden. Doch der Ort auf dem Gelände der Universität wird gern von Schulklassen besucht. Für viele Schüler und Schülerinnen öffnet das Museum ein neues Fenster zu Ihrer Umwelt.

Während Ihres Besuchs der Küstenstadt Mahajanga können sie gerne das Mozea Akiba Museum besuchen. Die Infotexte sind in französischer Sprache geschrieben.

Arboretum d’Antsokay Tulear

Einfahrt nach Arboretum d'Antsokay

Wenn man die RN7 von Antananarivo nach Tulear in Madagaskar bereist, lohnt es sich, einen Stopp im Arboretum d’Antsokay, kurz vor Tulear, zu machen.

Das Arboretum d’Antsokay wurde 1980 von dem leidenschaftlichen Schweizer Hobbybotaniker Herman Petignat gegründet und liegt 12 km nördlich von Tulear.

Es bietet über 900 verschiedene Pflanzenarten (mehr als 90% endemische), 34 Vogelarten und mehrere Arten von Reptilien und Säugetieren.

Gelegen ist das Arboretum unweit der Hauptstrasse, in der Region Atsimo-Andrefano. Der Ortsname Antsokay bedeutet auf Madagassisch «Kalk» und der sehr kalkhaltige Lehmboden in dieser Region eignet sich sehr gut für die Produktion von Backsteinen. So kann man bei der Einfahrt von der RN7 in Richtung Arboretum sehen, wie Backsteine direkt neben den Feldern hergestellt werden.

Tulear Arboretum d'Antsokay
Arboretum d’Antsokay Tulear

Das Arboretum ist insgesamt 40 Hektar gross und 4 Hektar davon sind offen für Besucher. Während eines Besuchs im hauseigenen Museum lernt man auch ein bisschen mehr über die Traditionen des Südens und die verschiedenen Sorten von Gestein in Madagaskar.

Bei der Ankunft im Arboretum d’Antsokay und dem dazugehörenden Hotel Auberge de Table wird einem schnell bewusst, dass dieser Ort nicht nur von dem Gründer mit viel Liebe aufgebaut wurde, sondern auch heute noch und das seit fast 40 Jahren, von seinem Sohn Andry Petignat (Autor von Baobabs of the world) und dessen Frau sehr gut weitergeführt wird.

Das Hotel hat 6 sehr schmackhaft eingerichtete Bungalows, die alle ein bisschen für sich liegen. Das Restaurant bietet ein variantenreiches Angebot an Essen, oft mit Zutaten aus dem eigenen Garten. Für die Hotelgäste gibt es am Abend, nach einer empfehlenswerten, geführten Nachtwanderung, die Möglichkeit, vor dem Nachtessen beim Lagerfeuer einen Apero einzunehmen.

Es lohnt sich, einen der beiden Guides des Arboretums für den Rundgang mitzunehmen. Er wird Ihnen sehr Vieles, nicht nur über die Pflanzen- und Tierwelt vor Ort erzählen, sondern auch über die madagassische Kultur.

Flora Arboretum d'Antsokay

Wenn es Ihnen zeitlich möglich ist, sollten Sie unbedingt vor Ort eine Nachtwanderung einplanen. Wer weiss, vielleicht erblicken Sie den Kleinsten innerhalb der Lemuren-Arten, den es gibt, den Mausmaki. Oder einen der vielen schlafenden Vögel. Auch wird der Guide einem viele kleine Insekten zeigen, die am Tag fast nicht zu sehen sind. Eine Nachtwanderung beginnt in der Regel kurz nach Einbruch der Dunkelheit (je nach Jahreszeit zwischen 18:00 und 18.30 Uhr).

Arboretum d'Antsokay Madagaskar Nachtwanderung
Nachtwanderung im Arboretum d’Antsokay Madagaskar

Als Hotelgast haben Sie freien Eintritt ins Arboretum. So können sie ganz alleine und in aller Ruhe schon am frühen Morgen, vor dem Frühstück und bevor die Tagestouristen kommen, einen Spaziergang im Park machen.

Mehr spannendes Wissen zu Madagaskar finden Sie in unserem Reisemagazin!

Möchten Sie selber das Arboretum d’Antsokay besuchen, schreiben Sie uns gerne eine Mail.

Famadihana an der Ostküste von Madagaskar

Turning the bones Madagaskar

Famadihana ist wohl für uns Europäer einer der ungewöhnlichsten Bräuche, die wir bei einer Reise in Madagaskar kennenlernen können.

Es handelt sich um eine rituelle Umbettung der Toten und – je nach Region und Ethnie – wird diese Zeremonie ganz anders ausgeübt.

Im Hochland von Madagaskar werden die Toten generell in Familiengräbern aufbewahrt. In diesen Gräbern befinden sich «Wandregale»

Königsgrab Famadihana Madagaskar

In die Familiengrab Famadihana Madagaskar

Bei jeder Famadihana werden die in neue Lambas (Tücher) eingewickelten Toten eine Stufe höher gelagert. Wenn die Toten nach mehreren Umbettungen, also nach rund zwei Dutzend Jahren, die oberste Stufe erreicht haben, sind sie bei den Ahnen angekommen und mithin selber Ahnen. Und gerade dies ist der eigentliche Grund, warum diese Umbettungen gemacht werden. Nach traditionellem Glauben brauchen die Menschen die Hilfe der Toten, um selber die für sie sehr wichtige Ahnenwelt zu erreichen. Wenn man die Madagassen fragt, sagen sie, dass ihre Liebsten 6-7 Mal umgebettet werden müssen, bis sie bei den Ahnen angekommen sind. Ab diesem Zeitpunkt ruhen sie auf der obersten Stufe im Familiengrab und werden nicht mehr umgebettet.

Beim Herumreisen im Hochland von Madagaskar sieht man viele Familiengräber. Sie werden je nach finanziellen Möglichkeiten gross oder klein gebaut und manchmal muss die Familie jahrelang sparen, bis sie ein eigenes Familiengrab bauen kann. Es sind meistens die Kinder, die sich entscheiden, ein neues Familiengrab für Ihre Eltern zu bauen.

Neue Familiengrab Tritriva Madagaskar

Bei der Einweihung werden die Eltern von ihren alten Familiengräbern «nach Hause» geholt. Darum sieht man immer wieder viele der Taxi-Brousse (Langstreckenbusse) mit einem Sarg auf dem Dach. Als Zeichen, dass ein Toter mitfährt, wird die madagassische Fahne oben (vorne auf der rechten Seite) befestigt.  Wenn die Fahne auf der linken Seite befestigt wird, ist dies ein Zeichen, das ein gerade Verstorbener nach Hause gebracht wird.

Die zwei- bis dreitägige Famadihana im Hochland wird mit viel Musik, Essen, Alkohol und Tanz gefeiert.

Ein kleiner Film zeigt eine Famadihana im Hochland von Madagaskar: ein grosses Fest für die ganze Familie und das Dorf.

Nicht in allen Teilen von Madagaskar wird die Famadihana auf gleiche Art praktiziert.

Hier das Ritual, wie es in dem kleinen Dorf Anjia, an der Nordostküste von Madagaskar, abläuft:

Jia ist das madagassische Wort für Sand und Anja bedeutet «der Ort mit viel weissem Sand». Die Dorfbewohner von Anjia gehören zu der Ethnie Makoa und feiern traditionell ihre Famadihana meisten kurz vor Schulbeginn in September/Oktober.

6 – 7 Jahre nachdem sie gestorben sind, melden sich die Ahnen im Traum eines der engsten Familienmitglieder und sagen, dass es kalt sei und sie neue Kleider benötigten.

Es kann gut sein das sie sich dabei an die Grosskinder wenden, statt nur an die Ältesten. Im Gegensatz zum Hochland, wo ein Astrologe mit Hilfe der Sterne das geeignetste Datum für eine Famadihana bestimmt, beschliessen die Makao selber, wann sie ihre Rituale starten.

Drei Tage vor dem grossen Fest gehen die engsten Familienmitglieder zum Grab und informieren den Verstorbenen, dass er/sie sich auf eine Reise vorbereiten muss.

Während meines Sprachaufenthalts in Antalaha im letzten Herbst, hat mich mein Lehrer Rado eingeladen, an einer Famadihana teilzunehmen. Er ermunterte mich, das Ereignis mit meiner Kamera festzuhalten. Mich musste man nicht zweimal fragen. Ich hatte früher ein paar Mal an Famadihanas im Hochland teilgenommen und war von Anfang an nicht nur dankbar für diese Einladung, sondern auch sehr neugierig, wie dieses Ritual wohl an der Ostküste umgesetzt wird.

Am ersten Festtag, einem Freitag, hatte man früh am Morgen schon das erste Zebu für ein grosses, gemeinsames Mittagessen geschlachtet. Bei meiner Ankunft halfen die meisten Frauen beim Kochen mit, während die Männer mit den letzten Vorbereitungen für den Nachmittag beschäftigt waren.

Wie alle anderen Gäste hatte auch ich ein Couvert mit Geld dabei. Es ist Fomba (Tradition), dass die Teilnehmer Geld bringen, als Hilfe für die Gesamtkosten, auch wenn dies die Auslagen nie ganz deckt. Jeder gibt so viel wie er kann und dies hilft der Familie, mindestens einen Teil der Kosten für diesen grossen Fest zu bewältigen. Es ist ebenfalls Tradition, dass alle Geldbeträge aufgeschrieben werden. Daher wissen die Familien auch Jahre später, wieviel sie selber (zurück)zahlen sollten, wenn sie eine Einladung zu einer Famadihana erhalten.

Rado klärte mich von Anfang an auf und es wurde mir schnell klar, dass diese Famadihana ganz anders sein würde, als jene, die ich bis jetzt erlebt hatte.

Hier ein paar Bilder von den Vorbereitungen am ersten Tag:
Mittagessen Famadihana Madagaskar

Wir assen alle gemeinsam am Boden und auch wenn es schmeckte, war ich froh, dass ich nur Reis gewählt hatte. Für die Kinder war es ein extra Highlight, mich als Vazaha (Fremde) beim Essen zu beobachten und sie wunderten sich ganz sicher, wie wenig vom Reis ich – für ihre Verhältnisse – ass.

Während des Mittagsessens sah ich, wie ein kleiner Lastwagen mit dem Sarg ankam. Dass es sich um einen leeren Betonsarg handelte, habe ich erst später erfahren.

Nach dem Essen gingen wir alle gemeinsam zum Friedhof. Vor dem Betreten des Friedhofs mussten wir unsere «Lambas» anziehen – dies aus Respekt gegenüber den Toten.

Lamba, traditionelle Tücher Famadihana Madagaskar

Jetzt war es an der Zeit, die Nenibe (Grossmutter), die seit sechs Jahren tot war, nicht nur auszugraben, sondern auch zu waschen und anschliessend in ihren neuen Betonsarg zu legen.

Die Verstorbene wurde vor sechs Jahren in einem normalen Holzsarg im Sand beerdigt und die Familie war jetzt recht neugierig, in welchem Zustand sich der Sarg befand.

Da die Familie selber die Überreste nicht anschauen oder anfassen darf, hatte sie einen befreundeten Nachbarstamm (es muss jemand von einer anderen Ethnie sein) eingeladen, um diesen Teil des Rituals zu übernehmen. Frauen waschen Frauen und Männer waschen Männer.

Das Ausgraben des Sargs ging recht rasch und ich spürte, dass sich alle freuten zu sehen, dass der Sarg immer noch ganz war. Der Sarg wurde hochgehoben und bevor der Deckel weggenommen wurde, stellten sich die Frauen mit Tüchern wie eine farbige Wand rings um den Sarg und um jene Frauen, die die Knochen säubern sollten. Mich hat man ganz nah an das Geschehen gebracht und es war mir ein bisschen mulmig zumute, da ich nicht ganz wusste, wie ich reagieren würde, wenn sie anfingen, die Knochen zu säubern. Der ganze Friedhof war voll von singenden und tanzenden Menschen, die sich alle sehr freuten, die Grossmutter jetzt auf ihre letzte grosse Reise zu schicken.

Grab wird aufgemacht. Turning the bones Madagascar.

Die Frauen, die die Knochen säuberten, arbeiteten sehr genau, um sicherzustellen, dass keine Knochen im Sarg liegenblieben. Ringsum wurde laut gesungen und getanzt. Tokogasy/Beza (selbstgebrauter Alkohol) wurde herumgereicht und ebenso Limonade.  Am Ende ergaben die in viele Tücher eingewickelten Überreste ein kleines Paket, das auf eine neue Matte auf den Boden gelegt wurde. Der alte Hut, der die letzten sechs Jahre auf dem Grab gelegen hatte, wurde durch einen neuen ausgewechselt. Nur wenn der Tote Hut getragen hat,, bekommt er für die Reise einen neuen Hut.

Parat für die neue Reise, Famadihana Madagaskar

Jetzt gab es plötzlich sehr viel Gelächter, da die Verantwortlichen vergessen hatten, Wasser fürs Händewaschen mitzunehmen und die Frauen ihre Hände jetzt in sprudelnder Limonade waschen mussten.

Limonade statt Wasser fürs Händewaschen, Madagaskar

Das Loch, wo vorher der Sarg vergraben gewesen war, wurde wieder zuschaufelt. Der neue Sarg, wie alle andere Betonsärge, wurde oben im Freien aufbewahrt. Aber bevor der neue Sarg mit den Überresten der Grossmutter geschlossen wurde, kamen alle engsten Familienmitglieder mit neuen Lambas (Kleider) als Geschenk für die letzte Reise.

Während ich dies alles beobachtete, sah ich, wie plötzlich eine Frau zu einer anderen Frau eilte und sie zweimal am Ohrläppchen zog. Komisch, dachte ich, doch Rado erklärte dies so:

Wenn jemand auf dem Friedhof niesen muss, ist das eine von den Ahnen gestellte Frage, die erfragen möchten, ob die/der Niesende startbereit für die Reise nach dem Tod ist.
Man muss sich (oder jemand anders macht es für einen) sofort zweimal am Ohrläppchen ziehen, um den Ahnen mitzuteilen, dass man noch nicht bereit ist, ins Jenseits zu gehen.

Nach diesen Stunden auf dem Friedhof gingen alle zurück ins Dorf und feierten gemeinsam bis in die frühen Morgenstunden.

Zweiter Tag:

Bei meiner Ankunft am zweiten Tag waren ein paar der jüngeren Dorfbewohner deutlich gezeichnet von der nächtlichen Feier. Gleichzeitig war klar zu sehen, dass die engsten Verwandten nicht viel Alkohol konsumiert hatten, um den Überblick über das Geschehen zu behalten.

Gemeinsam gingen wir am Vormittag wieder zum Friedhof, wo die Vorbereitungen für den heutigen Tag schon begonnen hatten.

Heute war der Tag, an dem die engsten Familienmitglieder durch ein Zebu Kontakt aufnehmen würden mit den Ahnen. Normalerweise kann nur der Ombyaza (Medizinmann) mit den Toten reden, doch er ist während der Famadihana nicht anwesend.  Die Angehörigen vollzogen dann ein Ritual, bei dem sie das Tier anfassen und die Ahnen rufen, aber nicht mit ihnen reden. Sie hofften stark, dass sich das Zebu während dieses Rituals ruhig verhalten würde, da dies als Zeichen gilt, dass die Ahnen mit ihnen zufrieden sind.

Das Zebu wurde auf den Boden gelegt und wie es mit vielen Tieren so ist, kapitulieren sie, wenn ihre Füsse zusammengebunden werden. So lag das Zebu schon von Anfang an sehr ruhig auf dem Boden, während der Rest der Opfergaben, Honig, Geld und Beza (Alkohol) parat gestellt wurde.

Das erste Teil des Rituals war, dass das Zebu gewaschen wurde. Wichtig ist, dass bei demjenigen, der das Wasser für diese Waschung holt, immer noch beide Eltern am Leben sein MÜSSEN.

Anschliessend sassen alle nächsten Angehörigen neben dem Tier und nahmen durch es Kontakt mit den Ahnen auf. Eins der Grosskinder schrie sogar einmal sehr laut, um die Ahnen zu rufen.

Das Tier verhielt sich sehr ruhig und die Familie war sichtlich berührt. Das Tier wurde dann im Beisein von uns allen geschlachtet und direkt vor Ort aufgeteilt. Selten dürfen wohl die Tiere, die wir in der westlichen Welt konsumieren, so lange leben. Und selten werden sie mit so grossem Respekt geschlachtet.  Ich habe in den Augen des Schlachters sehr grosse Ehrfrucht dem Tier gegenüber gesehen und das, was ich von Anfang an am stärksten befürchtet habe, war am Ende nicht grausam, sondern eine der berührendsten Episoden in diesen zwei Tagen Famadihana.

Opfergaben Famadihana Madagaskar

Wenn das Zebu zerteilt und gekocht ist, bleiben die Ältesten auf dem Friedhof und essen. Der Rest der Leute isst gemeinsam im Dorf. Anschliessend wird bis zum Abend getanzt und gefeiert…
…und auch Kassensturz gemacht, um zu sehen, wie gross die Ausgaben sind und wie die Kosten zwischen den Familienmitgliedern aufgeteilt werden können.  

Ich habe mich an dieser Stelle verabschiedet und kurz bevor ich gegangen bin, habe ich nochmals mit Rado geredet und einen Termin für die Fotoübergabe abgemacht. Er hat mich gefragt, wie ich diese zwei Tage erlebt habe und sich bedankt für meine Teilnahme. Er hat auch erzählt, dass die ganze Familie jedes Jahr am 1. November den Friedhof aus Respekt mit Blumen schmückt und bewacht. Dies hat sich dann für mich wie eine kleine «Brücke» zwischen den Traditionen in Madagaskar und hier in Europa angefühlt.

 Einen grossen Dank an meine madagassischen Freunde, die mich immer wieder ganz nah an ihrem Leben teilnehmen lassen. Ich bin nicht nur dankbar, sondern auch sehr geehrt, ihre Kultur kennenlernen zu dürfen. Und ich merke, dass mein eigenes Verhältnis zum Thema Leben und Tod bei jeder Begegnung dieser Art entspannter wird.

Papierherstellung in Madagaskar

Antaimoro Papier - Papierherstellung in Madagaskar

 

Ein Einblick in die Antaimoro Papierherstellung

Sorabe heissen die heiligen Bücher, in denen Weisheiten der arabischen Einwanderer niedergeschrieben wurden, die im 13. Jahrhundert an der Südostküste Madagaskars landeten. Sie brachten die Kunst des Schreibens mit und hielten ihre religiösen Formulierungen, Heilsprüche und Zukunftsdeutungen in arabischer Schrift fest. Somit ist arabisch die erste in Madagaskar benutzte Schrift.

Das Papier stellten die Antaimoro selber aus Pflanzenmaterialien her. Diese Kunst des Papierherstellens hat sich über Jahrhunderte gehalten, eher in einem eingeschworenen Kreis, denn die Heiligen Bücher durften nicht von fremden Augen gesehen werden. Erst die Kolonialausstellung von Paris, 1931, machte dieses Naturpapier bekannt.

Dies hingegen weckte das Interesse von Pierre Mathieu, einem französischen Kaffeepflanzer an der Ostküste Madagaskars. Erst in Manakara, dann schliesslich ab 1936 in Ambalavao in einer stillgelegten Konservenfabrik, stellte er seine Version des Antaimoro-Papiers her. Dies dank Insiderwissen eines Antaimoro, Rangahy Armand, der im Betrieb mitarbeitete.

Im Laufe der Produktionsjahre verlor das Papier seinen sakralen Wert. In die Papiermasse wurden getrocknete Blumen eingelegt, Blätter und Blüten. Das sah dekorativ auf Lampenschirmen aus oder als ungewöhnliches Briefpapier. Postergrosse Papiere wurden als Paravent eingearbeitet. Doch das Antaimoro-Papier diente nicht mehr heiligen Zwecken.

Pierre Mathieu starb 1948 und seine Frau fabrizierte im Betrieb weiter mit einem quasi kolonialen Monopol. Als auch Armand 1967 starb, begann ein unschöner Kampf um ‘Markenrechte’. Armand hatte sein Wissen seinen Kindern weitergegeben, die ab den 1970er Jahren selber Ateliers eröffneten. Daher finden sich heutzutage mehrere Fabrikationsstellen in der Agglomeration der Hauptstadt und an anderen Orten. Alle behaupten, das ‘originale’ Antaimoro-Papier herzustellen.

In Madagaskar wird Papier generell taratasy genannt, was auch Brief oder Meldung bedeutet. Das Papier Antaimoro wurde nie dieser Kategorie zugeordnet. Interessant aber, dass die Strasse der Antaimoro-Produktion in Ambalavao heute noch Ambalataratasy (Park des Papiers) genannt wird.

Heutzutage ist ein Besuch der Papierherstellung in Ambalavao fester Bestandteil einer Reise auf der RN7 gegen Süden. Der Ort hat jedoch seinen Charme verloren und die Herstellung scheint nur noch eine magere Touristenshow geworden zu sein.

Was derweil mit den heiligen Büchern, deren Papier und Schrift im Land der Antaimoro geschieht, bleibt geheim und das ist auch gut so.

Tropischer Carnaval in Madagaskar

Im Juni ist Carnaval in Madagaskar. Dann versammeln sich die Leute in den Städten zum gemeinsamen Fest. Seit einigen Jahren nun sucht nun Antananarivo, die Hauptstadt Madagaskars, dieses kulturelle Event auf sich zu konzentrieren. Demnach findet der grösste Carnaval des Landes nun zum dritten Mal in Antananarivo statt und dies natürlich in der Innenstadt. Drei Tage lang wird gefeiert.

Kernstück ist der Umzug mit Repräsentanten aus den verschiedenen Landesteilen. Früher lag der Schwerpunkt eher auf den 18 offiziellen Ethnien, heute präsentieren sich die 22 Regionen, in die Madagaskar administrativ unterteilt ist. Da tanzen also die Antandroy aus dem tiefen Süden, es gehen die Sakalava aus dem Osten in rhythmischem Takt vorbei, es finden sich Leute aus der Vanilleregion SAVA und Morondava vertritt die Bevölkerung des Menabe. Das Hauptevent ist eine lange und farbenfrohe Parade unzähliger Gruppen.  Jede Formation ist in regionaltypische Kleider gehüllt. Der lange Menschenwurm tanzt, singt, trommelt und lächelt sich stundenlang durch die engstehende Menschenmenge.

Das Ereignis wird von den Tourismusverbänden organisiert und soll die Madagassen einander näherbringen, aber auch die kulturellen Variationen der grossen Insel im Indischen Ozean aufzeigen. Daher – wie immer bei Veranstaltungen – hängt überall die rot-weiss-grüne Fahne Madagaskars. Die Zahl tausend hat ja in der Geschichte von Antananarivo, der ‘Stadt der Tausend’, eine lange Tradition und so sollen es dieses Jahr tausend Musiker, Artisten und Künstler aller Art sein, die am Festival teilnehmen. Nur selten, aber immerhin, auch Gaukler und Stelzenläufer. Tatsache ist, die Strassen der Innenstadt sind wie ein Fluss durchzogen von Farbe und Bewegungen.

Begleitet werden die drei Tage durch Marktstände, Essensbuden und natürlich von Konzerten, die jeweils mehrere tausend Leute anlocken. Viele der Konzerte sind gratis und die unter freiem Himmel aufgebauten Bühnen haben grossen Zulauf. Die lockere Ambiance mit viel Musik wird unterstrichen durch Alkohol. Doch der madagassische Carnaval ist kein Besäufnisfest wie anderswo.

Der madagassische Carnaval ist auch ein Fest für die Kinder. Dabei legen die Eltern Wert darauf, mit ihren Kleinen in festlicher Kleidung durch die Menge zu bummeln. Natürlich nehmen auch die vielen Vereine, Nichtregierungsorganisationen und kleinen Hilfswerke den Anlass zur Gelegenheit, sich und ihre Projekte zu präsentieren. Rund 400 Stände berichten so über Hygiene, Ernährung, Verhütung und vieles mehr. Carnaval auch für Autofreunde. Eine Parade aus Oldtimern war der technische Hingucker dieses Jahres. In Madagaskar finden sich ja nach wie vor Fahrzeuge im Einsatz, die anderswo im Museum stehen. Aber es gibt auch engagierte Sammler, die ihre Lieblingsstücke fachgerecht restaurieren und pflegen. Nur die Taxis und die arbeitende Bevölkerung liebt dieses Ereignis etwas weniger. Denn während Tagen ist die Innenstadt komplett abgesperrt. Sie leidet sowieso ganzjährig unter Dauerstau und Verkehrsstress.

Auch sonst unterscheidet sich der Carnaval in Madagaskar von Veranstaltungen ähnlicher Art anderswo auf der Welt Der Gebrauch von Masken und Verkleidung ist so gut wie nicht präsent. Vielleicht zieht sich mal jemand eine Perücke mit roten Basthaaren an oder malt sich sein Gesicht mit Farbe. Also kein Vergleich zu den strengen Sitten einer Basler Fasnacht, wo militärisch koordinierte Musiktruppen in ausgearbeiteten Masken durch die Stadt marschieren. Kein Vergleich auch zum kultisch-archaischen Fasnacht in Luzern, wo sich urchige Musik chaotisch dann doch zu einer seltsam schrillen Harmonie trifft. Aber auch kein Vergleich mit Köln, wo pointierte Kurzpräsentationen das Salz des Faschings ausmachen. Auch der tropische Carnaval von Rio mit seinen Sambatänzen und höchst augenfälligen Kleidungen voller Sex und Erotik ist mit dem eher nüchternen Volksfest in Madagaskar nichts zu vergleichen.

In Madagaskar ist die Fasnacht eher ein Fest für alle Bevölkerungsschichten, das die grosse Diversität der kulturellen Landschaft aufzeigt. Carneval hat in der Tradition Madagaskars keine Wurzeln. Aber seit wenigen Jahrzehnten bemühen sich Gruppierungen, vor dem Beginn des madagassischen Winters um ein kulturelles Ereignis. Das Wort Carnaval ist vielleicht ein falsches Wort dazu, aber es hat sich eingebürgert.

Madagaskars Volksstämme

Madagaskar-Ostküste_Bauern-mit-MandarinenMadagaskar ist vielseitig – landschaftlich, bezüglich seiner einmaligen Flora und Fauna, und auch kulturell wegen seiner Volksstämme.

In Madagaskar leben 18 ethnische Volksstämme. Alle sprechen – mehr oder weniger – die gleiche Sprache: Madagassisch. Alle blicken – weitgehend – auf den gleichen kulturellen Hintergrund. Dabei gibt es regional unterschiedliche Sitten, Traditionen und Bräuche.

Madagaskar_Mann_HochlandDie grösste Volksgruppe in Madagaskar sind die Merina im Hochland, gefolgt von den Betsimi-saraka an der Ostküste und den Betsileo im südlichen Hochland. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung Madagaskars gehören zu einer dieser drei Ethnien.

Die viehhaltenden Sakalava sind eine weitere grosse Gruppe, die sich entlang der Westküste angesiedelt hat.

Madagaskar_Fischerdorf-VezoEbenfalls an der Westküste Madagaskars leben die Vezo, das Fischervolk. Man sagt: „Die Vezo leben mit dem Gesicht zum Meer und dem Rücken zum Land.“ Die Vezo sind ein kleines halbnomadisches Volk, dasan der südlichen Westküste, zwischen Tulear und Morondava, lebt. Ihre Bindung zum Meer ist sehr eng: es ist Arbeitsplatz und Lebensraum, Versorgungsweg und Schutz gegen Feinde. Bis heute leben die Vezo sehr traditionell. Männer wie Frauen fischen auf offener See mit Harpune, Netz und Speer. Ihre Boote werden laka genannt; sie sind Arbeitsplatz und Transportmittel, sowie während der Wanderphasen auch ihr Zuhause.