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Aluminiumtöpfe in Madagaskar

Alle Madagassen auf der ganzen Insel, ob die Stadt- oder die Dorfbewohner, kochen sehr gern mit Kochtöpfen aus Recycling-Aluminium. So rede ich heute über diese Alu-Kochtöpfe in Madagaskar.

Aluminium wird in Madagaskar nicht hergestellt, sondern recycelt. Das Material stammt von alten Autos, gebrauchten Getränkedosen oder ehemaligen Flugzeugteilen. Die kleine Stadt Ambatolampy, übersetzt „die Stadt in der Nähe der Felsen“, liegt ca. 70 km südlich der Hauptstadt direkt an der Nationalstrasse 7 und ist bekannt für die Herstellung dieser Alu-Kochtöpfen.

Warum ist Ambatolampy zur Aluminiumstadt geworden? Die Geschichte ist folgende: Ein madagassischer Soldat diente im 2. Weltkrieg auf Seiten der Franzosen und erlernte während seiner Militärzeit die Metallverarbeitung. Als Kriegsveteran kehrte er in seine Heimatstadt in Ambatolampy zurück und begann, Metall zu schmelzen und Töpfe zu herstellen. Seither stammt die Mehrheit aller Alu-Kochtöpfe in den madagassischen Küchen aus dieser kleinen Stadt. Die Alutöpfe werden auf madagassisch „vilany“ genannt.

Heutzutage werden die Töpfe von etlichen Familienbetrieben in Ambatolampy in gleicher Weise hergestellt. Die Methode ist archaisch und sieht gefährlich aus. Die Männer giessen geschmolzenes Aluminium gleich neben ihren nackten Füssen in den Formtrichter.

Die Alu-Giesser stellen verschiedenen Kochtöpfe und Pfannen in unterschiedlichen Grössen her. Die Töpfe von 32 bis 35 cm Durchmesser sind besonders beliebt, denn die Madagassen haben grosse Familien mit vielen Kindern. In den kleinen Holzbuden oder in den Garküchen oder „Hotely gasy“ am Strassenrand bereiten die Köchinnen ihre beliebten Gemüse-Suppen oder den Reis in diesen grossen Töpfen von 60 cm bis 100 cm Durchmesser zu.

Heute hat sich das Know-How der Alu-Hersteller in Ambatolampy verfeinert, sodass auch zierliche Kunst und Dekorationen aus Aluminium hergestellt werden. Neben den üblichen Kochtöpfen und dem Geschirr wie Gabeln und Löffel entstehen so Schlüsselhänger, sogar Baobabs, Zebus, Lemuren. Alles aus recyceltem Aluminium.

Natürlich können Sie ein Aluminimum-Atelier auf Ihrer Reise durch Madagaskar besuchen. Für weitere Informationen oder Fragen zu Ihrer Madagaskarreise, kontaktieren Sie uns gern!

Veloma!

Das typische madagassische Frühstück

A 1600 – das typische madagassische Frühstück

Der morgendliche Reis war früher überall üblich und ist es noch bei ganz vielen Familien in Madagaskar.


Der Reis oder “Vary“ auf madagassisch spielt eine wichtige Rolle in der madagassischen Küche. Er ist das unverzichtbare Grundnahrungsmittel der Madagassen, denn Reis ist sozusagen das Zentrum des Lebens und wird 3-mal am Tag in grossen Mengen gegessen: morgens, mittags und abends.

Die Angehörigen der Volksgruppe der Betsileo sind die Meister im Anbau dieses Grundnahrungsmittel, das aber auch in den meisten anderen Regionen der Insel angebaut wird. “Reis essen“ bedeutet in der madagassischen Sprache “sich satt essen“ und gesättigt fühlt sich jeder Madagasse, der ein Teller “Bergreis“ vor sich hat. Reis wird zu jedem Essen serviert und nimmt meist auch das Hauptvolumen auf dem Teller ein. Dazu kann man verschiedene “Laoka“ oder Zutaten bestellen: Gemüse, Blattgemüse …mit oder ohne Fleischstückchen.

Das typische madagassische Frühstück
Die Madagassen fühlen sich wohl, auch im Ausland, wenn sie zu jeder Mahlzeit Reis bekommen. Wenn sie ins Restaurant gehen, ist Reis meist erste Wahl, besonders bei den Männern. Im Gegensatz zu den Europäern, wo Reis lediglich als Beilage dient, ist Reis das Hauptgericht der Madagassen. 80% der Stadt- und Landbewohner in Madagaskar essen gern Reis zum Frühstück. Auf der ganzen Insel wachsen ungefähr ein Dutzend verschiedene Reissorten, aber der “Rote Reis“ oder auf madagassisch “vary gasy“ oder “vary botry“ ist für die morgendliche Reissuppe sehr geschätzt und schmeckt hervorragend.

Gegen 4 Uhr in der Früh zieht schon der Rauch aus dem Dach der kleinen Ziegelhäuser. Die Madagassen sind Frühaufsteher und bereiten um diese Zeit bereits das Frühstück für die ganze Familie zu. Wenn der Hahn kräht sind die Bauern schon auf den Beinen. Die typische Aufgabe der Kinder im Dorf besteht darin, Brennholz zu sammeln, Wasser im Fluss oder aus der Quelle zu holen. Die Frauen und Kinder müssen dann mit Muskelkraft den Reis im Mörser mit dem Stampfer von den Spelzen trennen.

Das typische madagassische Frühstück
Beim Frühstück wird schnell ein grosser Topf Reissuppe (auf madagassisch “vary sosoa“) gekocht, denn das ist sehr bekömmlich und leicht zu zubereiten. Der Reis wird auf offenem Herdfeuer ohne Zutaten ganz weichgekocht. Für ca. 450g Reis braucht man ca. 2 Liter Wasser. Die grossen Teller werden später mit diesem pappigen Reis gefüllt, jedem Familienangehörigen gereicht und je nach Möglichkeit wird Omelette, Spinat, Gemüse oder Fleisch dazu serviert. Manchmal kochen die Frauen auch grünen Spinat zu dieser Reissuppe, diese heisst dann “vary amin‘anana“. Sehr beliebt für diese spezielle Mischung sind auch Chinakohl, Wasserkresse, Blätter von Süsskartoffeln oder verschiedene Blattgemüse, gemischt mit Tomaten, Zwiebel, Knoblauch, Ingwer und Schnittlauch. Sobald alle Zutaten gut gewaschen und klein geschnitten sind, lässt man genügend Öl in einem Topf erhitzen und darin werden dann die Blätter frittiert und zur gekochten Reissuppe gegeben. Nach paar Minuten wird diese leckere “Reissuppe mit Blättern“ auf dem Teller serviert. Wer es sich leisten kann, isst diese spezielle Reisbrühe mit Hühnchen, Schweine- oder Zebufleisch oder auch mit kleinen roten Süsswasser-Krevetten. Mit vollem Bauch gehen dann die Männer auf die Feldarbeit und die Kinder machen sich fröhlich auf den weiten Weg zur Schule.

Das typische madagassische Frühstück
Die eiligen Angestellten und Studenten frühstücken gern in den kleinen Garküchen am Strassenrand oder auf dem Markt (Hotely gasy). Diese bieten den Kunden verschiedene leckere Gerichte an, die sehr preiswert sind. Für viele Frauen und Bäuerinnen ist der Verkauf von Essen oft die einzige und sichere Einnahmequelle, so findet man überall an jeder Ecke in den Grossstädten Strassenköchinnen. Diese üblichen Essenstände werden generell als “Gargottes“ bezeichnet. Hier ist das Essen sehr einfach, mehr quantitativ als qualitativ und auf eine gefällige Präsentation auf dem Teller legt man keinen Wert, trotzdem ist das immer frisch zubereitete Essen schmackhaft und vor allem schnell serviert und preisgünstig, denn die meisten Kunden haben es immer eilig. Viele Madagassen essen in diesen Essenbuden lieber stehend weil es an Plätzen fehlt, “Vary mitsangana“ bedeutet dies auf madagassisch und diese Gewohnheit ist besonders üblich in der Nähe der Taxibrousse-Haltestelle oder am Rand der zahlreichen Marktstände.

Das Frühstück bzw. die Reissuppe mit Beilage kostet in diesen “Hotely Gasy“ zwischen 1000 und 1500 Ariary. Als Beilage steht in diesen kleinen madagassischen Hotely zur Wahl geräucherte Wurst oder frittierter Fisch. Die madagassische “Saosisy“ ist eine sehr grobe Bratwurst aus Schweinefleisch, die auf madagassische Art mit Speckstückchen gespickt ist.

Das typische madagassische Frühstück
Das Wort “Mofo“ bedeutet in Madagaskar Brotstange, Brötchen oder Gebäck. Viele Familien, besonders im städtischen Umfeld, haben früh am Morgen nicht so viel Zeit zur Verfügung, so holen sie sich schnell ein paar “Mofo gasy“ (hausgemachte süsse Reiskuchen oder rundes Fladenbrot) in den Schnellimbissbuden. In einem Plastikkessel werden Reismehl, Zucker und Hefe mit Wasser vermischt, mit einer Schöpfkelle giesst der Koch kleine Portionen bei mittlerer Hitze in ein spezielles Blech mit runden Vertiefungen aus Aluminium, das direkt auf dem Kochfeuer liegt. Die Reiskuchen werden gewendet, wenn sie goldbraun gebacken sind. Jede Region hat natürlich ihre Spezialität, um ihr Fladenbrot schmackhafter zu machen, so werden sie an der Nordostküste mit Kokosmilch oder Milch verfeinert und werden dann “Mokary“ genannt.

Das typische madagassische Frühstück
Die Kunden können überall zusehen, wie die Köchin hantiert und die kleinen Köstlichkeiten zubereitet. “Mofo baolina“ sind kinderfaustgrosse Teigballen aus Mehl, Milch und Zucker, die in heissem Öl goldbraun gebraten werden. Ein sehr beliebtes Frühstück besonders für die Kinder oder als Zwischenverpflegung ist auch das “Mofo Makasaoka“. Hartes Brot wird klein geschnitten und mit gesüsstem Reismehl vermischt und auch wieder in heissem Öl frittiert. “Mofo ravina“ oder “Koba ravina“ ist eher eine Spezialität aus der tropischen Ostküste, wo die Bananenstauden prächtig gedeihen. Die süssen reifen Bananen werden zuerst mit einem Löffel zu Brei zerdrückt, dazu kommt etwas Weiss- oder Reismehl und dieser Bananenbrei wird zusammengerührt und eventuell Backpulver dazugeben. Diese Mischung wird später auf ein gewaschenes Bananenblatt gestrichen, nach Belieben kann man dem Teig gehackte Erdnüsse beigeben und diese Mischung dann ins Bananenblatt einwickeln, so dass eine faustgrosse Portion entsteht. Das ganze Päckchen wird in einen Kochtopf mit kochendem Wasser gelegt und etwa 45 Minuten gegart. Diese lokalen und frischen Leckereien werden auch auf der Zugfahrt zwischen Fianarantsoa und Manakara angeboten. Eine Portion “Koba ravina“ und der Magen ist satt.

Die Kochstellen der Garküchen stehen günstig am Strassenrand oder an Gehwegen, wo viele Fussgänger vorbeikommen. Hier werden natürlich auch heisse Getränke wie Kaffee, Milch, Kakao oder Tee angeboten. Die Preise sind erschwinglich und das Geschirr meist auch sauber. Die Frauen machen dann jeden Morgen ein gutes Geschäft und die Kunden und Kundinnen sparen Zeit auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule. Die Kochstellen der Verkäuferinnen stehen meistens mehrere nebeneinander, sind aber keine Konkurrenten, eher Freundinnen und sie helfen sich auch aus.

Das typische madagassische Frühstück
In der Stadt essen viele Madagassen auch gern Obst zum Frühstück. Bananen von der Ostküste oder verschiedene Früchte aus dem fruchtbaren Antsirabe und aus den verschiedenen Regionen werden regelmässig ins Hochland geliefert. Auf den Märkten oder am Strassenrand wird Obst auf Häufchen geschichtet angeboten. Die Auswahl ist je nach Saison grösser oder kleiner: saftige Ananas und Orangen, leckere Mangos und Avocados und süsse Papayas und Litschis…

Juni 2021; geschrieben von: Fanasina PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker www.madagaskarhaus.ch


siehe auch unsere Beiträge:

Kulinarik in Madagaskar

Das typisch madagassische Frühstück

Speisekarten in Madagaskar

Essen in Madagaskar

Streetfood Madagaskar

ebenso wie unseren Blog  Madagaskar: Gastronomie und Restaurants mit zahlreichen Speisekarten von Restaurants unterschiedlichen Stils und Qualität.


Yamswurzel in Madagaskar

Yamswurzel Madagaskar

Die Knollenfrucht Yams wächst wild in Waldgebieten Madagaskars. Sie wird generell als «ovi ala» bezeichnet, obwohl es mehrere Dutzend Sorten gibt. Man findet sie nur selten auf Märkten. Die Yamswurzel in Madagaskar, weil saftig, ist eine gern gegessene Alternative zu Maniok, hat aber nirgendwo in Madagaskar den hohen Stellenwert von Reis.

Der Yamswurzelanbau spielt im Zusammenhang mit der Ernährungssicherheit in Madagaskar eine wichtige Rolle. Yamswurzeln sind eine Nahrungsergänzung vor allem für die arme Bevölkerung während schwierigen Zeiten, abwechselnd mit Maniok und Süsskartoffeln, aber sie nehmen auch einen wichtigen Platz in der Kultur und in der traditionellen Medizin ein.  Ihr Verkauf sichert der Bevölkerung ein nicht zu vernachlässigendes Einkommen. In der Vergangenheit bauten die ersten Bewohner der Insel Yamswurzeln an, aber der Anbau wurde zugunsten anderer Knollen oder zugunsten bestimmter wilder Yamswurzelarten aufgegeben. Das übermässige Sammeln dieser Knolle in freier Wildbahn scheint jedoch die Umwelt zu gefährden und bedroht andere Pflanzenarten in den Wäldern Madagaskars.

Der Name Yam oder Iname auf Spanisch, nyami auf Afrikanisch oder in den portugiesischen Kolonien inhame genannt, kommt vom Volk der Mandingues (Elfenbeinküste, Guinea-Bissau, Senegal) und wurde dort Niam genannt, in Amerika dann in Yam umgewandelt wurde. Die Yamswurzeln wurden von Christoph Kolumbus entdeckt und verbreiteten sich schliesslich in ganz Afrika.

Die Yamswurzel wurde von den ersten Bewohnern Madagaskars zu Beginn des 2. Jahrtausends zur gleichen Zeit wie die Banane (ovy aus dem indonesischen „ubi“ oder „uwi“) nach Madagaskar eingeführt. Damals wurden diese Knollen auf richtigen Feldern angebaut und stellten sogar die Grundnahrung der Bevölkerung dar.  Im Westen des Landes wurde die Yamswurzel dann als „Pflanze der Vorfahren“ bezeichnet. Der Yamswurzelanbau wurde später zugunsten von Reis oder anderen Feldfrüchten wie Maniok oder Süsskartoffeln aufgegeben und man beschränkte sich auf das Sammeln von wilden Yamswurzeln im Wald.

Die Yamswurzel, deren lateinischer Name Dioscorea lautet, ist eine kletternde und üppige Pflanze, einkeimblättrig und zweihäusig. Sie hat unterirdische Knollen, die reich an Stärke sind.  Diese Yamswurzelknollen haben je nach Art verschiedene Formen, und in Madagaskar zählt man mehr als 40 Yamswurzelarten, darunter 32 Wildarten und 27 endemische Arten, die als „Mascaro-dioscorea“ bezeichnet werden.  Im südlichen Teil von Madagaskar wurden die meisten Arten aufgelistet (24), darunter 20 endemische Arten. Im einzigen Überrest eines dichten Trockenwaldes im Westen, Ankarafantsika, findet man 6 dieser endemischen Arten, während an der Ostküste nur einige wenige Arten vorkommen. Im zentralen Hochland, insbesondere in der Betsileo-Region, wurden 7 endemische Arten gezählt, von denen zwei noch nicht beschrieben sind. Jede Art hat ihre jeweils ihre beste Erntezeit und günstiges Anbaugebiet.

Wilde Yamswurzeln sind in Madagaskar unter dem generischen Begriff „ovi ala“ (wörtlich: Kartoffel des Waldes) bekannt, unabhängig von ihrer Art oder geografischen Verbreitung.

An der Ostküste Madagaskars sind Yamswurzeln das bevorzugte Grundnahrungsmittel in der madagassischen Landschaft rund um die Wälder und stellen eine Alternative zum Reis dar, wenn dieser knapp ist. Die Yamswurzeln gehören der Allgemeinheit, und jeder darf sie auf Gemeindeland ernten, aber der Brauch verlangt vom Yamswurzelsammler, den Kopf der Knolle an der Stelle wieder einzupflanzen, an der er sie ausgegraben hat, und so ist die Yamswurzel zu einer halbwilden Pflanze geworden. Aber im Laufe der Jahre haben die Menschen, um das Nahrungsmittelproblem zu lindern, die Ernte dieser Yamswurzeln intensiviert, um ihr Nahrungsmitteldefizit auszugleichen. Und der Zustrom von Migranten in die Region hat den Druck weiter erhöht und zu einem starken Rückgang der Menge halbwilder Yamswurzeln in der Region geführt. Ab dem Jahr 2000 entwickelte sich der Yamshandel entlang der Nationalstrasse, und die Bauern begannen, Yamswurzeln auf ihrem Land wieder anzubauen.

So wurde die Yamswurzel zu einem Privateigentum entlang der Nationalstrasse, sie gehört dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem sie wächst, und sie auf fremdem Land zu ernten, wird als Diebstahl bezeichnet. In den entlegensten Dörfern behält die Yamswurzel jedoch ihren Gemeinschaftsstatus.

In den westlichen und östlichen Teilen Madagaskars, von Antsiranana im Norden bis Amboasary im Süden, ist die Yamswurzel stark verbreitet. Yams sind besonders reichlich am Rande von dichten Trockenwäldern oder auf den Schwemmböden (Baiboho) entlang der Flüsse vorhanden. So sind die Knollen das ganze Jahr über verfügbar. Einige Yamswurzeln scheinen die Abholzung zu überleben, und Buschbrände sollen sogar ihre Vermehrung fördern. Ursprünglich waren es die Sakalava-Ethnien, die Yamswurzeln sammelten, aber später taten es alle an den Wald angrenzenden Ethnien. Für die ländliche Bevölkerung sind die wilden Yamswurzeln „ein Geschenk Gottes, das niemand kultivieren kann“. Keine Yamswurzelart wurde domestiziert, einige Arten und ihr Anbau auf dem Feld werden von mehreren Volksgruppen, wie z.B. der ethnischen Gruppe der Bara, als tabu angesehen. Für letztere ist das Ausgraben von Yamswurzelknollen armen Familien vorbehalten, die in der Nähe der Wälder leben, da es sich um eine Tätigkeit handelt, die nicht als edel, sondern eher als unehrenhaft gilt. Für die Bara ist es entwürdigend, die Yams das ganze Jahr über zu ernten, ausser im Falle einer schweren Hungersnot.

Für die Betsileo-Bevölkerung im südlichen Hochland von Madagaskar sind Yamswurzeln nur Produkte, die als Ergänzungs- oder Extra-Nahrung verwendet werden. In den Städten werden die Yamswurzeln nur selten gegessen oder sogar ignoriert, weil ihre Vermarktung auf die Nischenmärkte in ruralen Gebieten beschränkt ist.

Für die Bewohner, die in der Nähe der Wälder, wie die Bara oder die Masikoro, sind wilde Yamswurzeln ein Geschenk Gottes, deshalb ist es nicht notwendig, sie zu kultivieren. Ausserdem bedeutet die Verwendung von Yams als Nahrungsmittel für einige Bevölkerungsgruppen, sich in einem Zustand der Hungersnot zu befinden und wilde Yamswurzeln zu züchten würde eine Hungersnot oder eine andere Krise provozieren. Doch der Geldwert durch den Verkauf von wilden Yamswurzeln lassen diese kulturellen Barrieren zusehends fallen.

Für die ethnische Gruppe der Bara werden bestimmte Yamswurzelarten in traditionellen Urteilen im Zusammenhang mit Zebu-Diebstählen verwendet. Fasern aus den Rückständen der alten Knollen von D. fandra werden zu Pulver gemahlen und mit weissem Ton vermischt, um das Ergebnis eines Urteils vorherzusagen. Die Diebe benutzen D. Fandra, um „die Strafen zu mildern, indem sie die Richter blenden“, und D. Antaly wird von den Bauern benutzt, um die Strafen der Diebe zu erhöhen und sie in Ketten zu legen.

Das Sammeln wilder Yamswurzeln und deren Verkauf in der Stadt sind lukrative Aktivitäten für alle Gemeinden. Das Sammeln von wilden Yamswurzeln ist jedoch keine leichte Aufgabe, da man dutzende Kilometer zurücklegen muss, um welche zu finden, und manche Knollen sind schwer auszugraben. Yamswurzeln kosten mehr als andere Knollen auf dem Markt.  Die ethnischen Gruppen der Mahafaly und Masikoro vermarkten während der mageren Zeiten hauptsächlich zwei Arten: Dioscorea maciba und D. bemandry, was ihnen ein beträchtliches Einkommen verschafft. Die auf den südwestlichen Märkten gefundenen Yamswurzeln sind in der Reihenfolge ihrer Bedeutung: D. maciba, D. soso, D. bemandry (Babo), D. alatipes – Balo und D. ovinala. D. maciba werden den Verbrauchern auch gekocht oder geröstet angeboten.

Nur die Bevölkerung der Südwest-Region verarbeitet getrocknete Yamswurzeln. Vor der Regenzeit sammeln sie viele der Wildknollen und zerschneiden sie je nach Grösse der Länge nach ein oder zweimal, um das Trocknen zu erleichtern, was länger als eine Woche dauert.

Da es sich um die giftigen Yamswurzeln handelt, werden sie normalerweise getrocknet, um daraus dann Mehl herzustellen. D. Antaly oder D. Sansibarensis eignen sich für diesen Zweck am besten. D. Antaly ergibt dabei die grösste Trockenmasse.

Andere Möglichkeiten, Yamswurzeln zu konservieren, bestehen darin, die gesunden, sauberen Knollen in einem Loch einzugraben und sie ein bis zwei Wochen lang mit Erde zu bedecken, um sie so zu schützen, oder man legt sie auf Holzgestelle.

In den letzten zwei Jahrzehnten haben mehrere Entwicklungsorganisationen die Domestizierung der Yamswurzel in Madagaskar in Angriff genommen. Ziel ist es, die Hungersnöte zu bekämpfen und allgemein die madagassische Nahrungsmittelbasis zu verbessern und zu erweitern. Im Jahr 2005 zeigten Studien, dass Yamswurzeln 3% der Wurzeln und Knollen, die in Madagaskar verzehrt werden, ausmachten.

Yamswurzel in Madagaskar, Bodoa mena
Bodoa mena (mena=rot)

Die am meisten kultivierte Art, „D. alata“, kommt in allen Regionen Madagaskars vor.  Ihr Name ist ebenso zahlreich wie ihre Form, und sie ist sehr weit verbreitet. Zum Beispiel ist die D. alata in mehreren Regionen der Insel, im Osten wie im Westen, unter dem Namen „Ovy“ bekannt, manchmal folgt auf den Namen ein Zusatz nach der Farbe ihres Fleisches „ovy mena“ (rot) – „ovy ble“ (blau) oder ihrer Herkunft „ovy vazaha“, ihrer Form „ovy lava“ (lang) oder der Anzahl ihrer Knollen „ovy toko“ (in Haufen).  Im Norden des Landes wird sie auch als „Mâjola“ (grosses Blatt), im Südosten als „Bodoa“ (Knolle, die viel Stuhlgang verursacht) und im Südwesten als „Bemako“ bezeichnet.  Die grosse „Ovibe“-Knolle ist in fast allen Regionen zu finden. Es ist die am meisten kultivierte Yamswurzel und die grösste, aber wegen ihres Geschmacks die am wenigsten geschätzte.  Im Osten bauen die Bauern die Sorte D. esculenta an. Sie ist an der gesamten Ostküste unter zwei Namen bekannt ist: „Mavondro“, die an der Ostküste am weitesten verbreitet ist, und „Oviampasika oder Ovi-Pasy“, die sandige Yamswurzel im Südosten Madagaskars.

Der Geschmack der Yamswurzelknollen variiert natürlich von einer Art zur anderen, und die Vorlieben hängen von der Kultur jedes Stammes und seinen Lebensbedingungen ab. Zum Beispiel ist die Knolle D. ovinala im Hochland süss, während sie im Menabe bitter ist. Bauern klassifizieren Yamswurzeln nach ihrem Standort, aber auch nach ihren morpho-physiologischen, ökologischen und geschmacklichen Eigenschaften. Die Bewohner der östlichen Gebiete bevorzugen Mavondro (D. esculenta), wegen ihres leicht süsslichen Geschmacks. Die D. seriflora gilt in der Betsileo-Region als prestigeträchtiges Nahrungsmittel, da sie zu besonderen Anlässen gegessen wird. D. maciba und ‚bako‘ sind an der Westküste sehr beliebt. Die kultivierten Yamswurzeln, die D. alata mit violettem oder rötlichem Fleisch (ovy lalaina, ovy ble, ovy mena) und die Yamswurzeln mit weissem Fleisch und dünner Haut (ovy lava, ovy fotsy) werden von den Bauern besonders geschätzt.

Einige Arten der Yamswurzeln können roh verzehrt werden, da Yamswurzeln einen hohen Wassergehalt haben. Die Knollen von D. soso und D. bemandry sind so wassergesättigt, dass sie roh als Durstlöscher verzehrt werden. Ihr Saft wird sogar zum Kochen anderer Lebensmittel verwendet.

Im nördlichen Teil von Sakaraha, in den Bara-Ländern, ist die Yamswurzel eine Nahrungsergänzung zu Maniok in Zeiten des Mangels.

Die Knollen werden entweder so zwischendurch oder anstelle von Reis gegessen.

Die Menschen finden, dass Yamswurzeln besser schmecken als Maniok und sättigender sind als diese. Darum essen die Bara bevor sie aufs Feld zur Arbeit gehen noch etwas Yams, um Kraft zu sammeln.

Im Allgemeinen aber werden Yamswurzeln gekocht oder gebraten gegessen. Die Yamswurzeln müssen vor dem Verzehr von Verunreinigungen und dem weissen Saft befreit werden. D. maciba wird nicht roh verzehrt, sondern muss gekocht werden und wird zusammen mit Zucker oder Honig gegessen. Die kultivierten Yamswurzeln müssen zunächst geschält und dann in mehr oder weniger grosse Stücke geschnitten werden (die „kadaka“ 2-3 cm, die „batabata“ sogar noch grösser), bevor sie in Wasser gekocht werden. So können sie dann allein oder mit Beilagen wie Fisch, Fleisch, Honig, Kokosnusssaft oder Zucker gegessen werden.

Die kleinen Zwiebeln in den Blattachseln, die in Ankarafantsika sehr wenig Verwendung finden, werden auf die gleiche Weise wie die Knollen zubereitet. Ebenso können die jungen Blätter der Ovibe, die purpurrot oder braun gefärbt sind, wie Gemüse gegessen werden, aber das Fehlen der Blätter an den Pflanzen beeinträchtigt die Entwicklung der Knollen.

In Zeiten von Nahrungsmittelknappheit werden sogar die bitteren (D. antaly, D. ovinala) oder giftigen (D. sansibarensis und D. bulbifera) Yamswurzeln verzehrt. Die Bevölkerung kennt Techniken zur Eliminierung toxischer Substanzen aus diesen Pflanzen. Nach einem langdauernden Prozess des Einweichens, Waschens und Trocknens ist das erhaltene Produkt süss und von angenehmem Geschmack und kann ohne jede Gefahr verzehrt werden. Diese Knollen werden zu Mehl für verschiedene kulinarische Zubereitungen verarbeitet: lokaler Kuchen, Brei.

Studien zufolge haben sich Yamswurzeln als wirksame Heilmittel erwiesen. In den Regionen Ambositra/Ambohimahasoa und Brickaville heilen rohe Knollen Magenschmerzen, Verbrennungen, Furunkel usw… In anderen Gebieten würde D. sansibarensis oder der Saft von D. seriflora oder D. sosa Magenschmerzen heilen. Die Blätter und der Stängel der letzteren werden in Wasser gekocht und zur Behandlung von Geschlechtskrankheiten beim Mann verwendet. Die jungen Blätter von D. Alata werden zerrieben und auf der Haut ausgebreitet, um Verbrennungen zu behandeln. Auch zur Behandlung von Furunkeln werden die gleichen zerstossenen Blätter verwendet. Die trockenen Blätter, die auf natürliche Weise von der Basis der Pflanze abfallen, werden als Sud zur Behandlung von Fieber und Malaria verwendet. Im Südosten Madagaskars wird der aus den Blättern gewonnene Saft zur Behandlung einer Geflügelkrankheit (Barika) verwendet. Die Knolle von D. antaly wird bei Husten eingesetzt und die von D. seriflora soll Würmer eliminieren.  Bei den Sakalava wird die Knolle von D. Sansibarensis auch zur Vergiftung von Nagetieren verwendet.

Die Ernte von wilden Yamswurzeln belastet die Umwelt stark. Einerseits laufen die beliebtesten Yamswurzelarten Gefahr, für immer zu verschwinden. Andererseits können die riesigen Löcher, die nach der Ernte zurückbleiben, Erosion verursachen und die Flora und Fauna der Umgebung stören.

Yamswurzel in Madagaskar
Wochenmarkt

Als Reisende findet man Yamswurzel in Madagaskar nie auf die Speisekarte in den Restaurants, da die meisten denken, dass die Gäste dies nicht essen möchten. Aber wenn Sie diese Köstlichkeit gleichwohl probieren möchten und wenn Sie ein paar Tage in einem kleineren Hotel wohnen, danach zu fragen. Die Angestellten werden vielleicht erst staunen und nachfragen, warum Sie etwas so einfaches essen möchten? Wenn Sie dann erklären, dass dies für Sie etwas sehr Exotisches ist, sind sie meistens bereit, diese Yamsköstlichkeit für Sie zuzubereiten. Wenn Sie gerne Süsses mögen, lohnt sich die Variante mit Kokosmilch auszuwählen!

Wenn Sie Madagaskar mit PRIORI Reisen entdecken möchten, bringen wir sie sehr gerne an Orte, wo Sie auch das traditionelle Essen ausprobieren können. Und wenn Sie gerne mitkochen möchten, können Sie an einem von unserer Kochkurse teilnehmen und lernen, wie in Yams in Madagaskar zubereitet wird.

Gut essen in Madagaskar

Zebu Rind Madagaskar
Madagassisches Zebu-Rind

Madagaskar kulinarisch zu erleben gehört zu jeder Madagaskar-Reise dazu und es lohnt sich immer, verschiedene madagassische Gerichte zu probieren. Denn neben einzigartiger Natur und faszinierenden Landschaften hat auch Madagaskars Küche viel zu bieten: sie ist vielseitig, wird in den allermeisten Fällen frisch zubereitet und wird von ganz verschiedenen Einflüssen geprägt. Exotische Gerichte spiegeln die kulturelle Vielfalt der lokalen Bevölkerung wider. Chinesische, indonesische und afrikanische Einflüsse vermischen sich mit französischen und europäischen zu einer spannenden Melange im Indischen Ozean.

In den verschiedenen Teilen Madagaskars variieren die Gerichte zum Teil. Die Küche ist saisonal und regional an die vor Ort angebauten Frucht- und Gemüsesorten angepasst, ebenso wie an die Haltung bestimmter Tiere oder den Fischfang an der Küste. Die Grundlagen Reis und Maniok sowie die Gewürze Ingwer, Vanille, Knoblauch, Pfeffer etc. finden sich aber gleichermassen auf der ganzen Insel. Fleisch wird von Madagassen selbst nicht täglich gegessen. Zebu und Poulet sind die meistgefundenen Fleischsorten. An der Küste finden sich zahlreiche Fischsorten, Meeresfrüchte und Muscheln im Angebot. Generell gilt: Was auf dem Markt angeboten wird, wird frisch und bis heute meist auf dem Feuer zu leckeren Gerichten verarbeitet.

Madagaskar Küche FeuerstelleMadagaskars Hauptstadt Antananarivo liegt in der Mitte der Insel. An den Strassenbuden oder in den Restaurants finden Reisende typische, ursprüngliche madagassische Gerichte. Die Köche der Stadt verbinden Tradition, Kultur und Wissen. Das Fleisch des madagassischen Zebu-Rinds ist einer der Hauptbestandteile von madagassischen Spezialitäten in Antananarivo. Beilagen sind meist Reis – die Basis der madagassischen Ernährung. Oft wird Reis mit Kokosraspeln serviert. Auch „Ravitoto“ (pürierte bzw. gestampfte Maniokblätter) zählen zum traditionellen Essen, vor allem im Hochland; dieses Gericht findet man jedoch äusserst selten in Restaurants – es gilt als das Essen der armen Leute. In Antananarivo kann man die traditionelle, lokale Küche sehr gut ausprobieren.

Languste Hummer MadagaskarToamasina oder Tamatave ist die größte Stadt im Osten und die bedeutendste Hafenstadt von Madagaskar. Auch wirtschaftlich und touristisch ist Tamatave gut aufgestellt. Die Küche dieser Küstenstadt ist vielseitig und mit seinem Fischreichtum ist Tamatave und die Ostküste Madagaskars bekannt für die besten Rezepte für Meeresfrüchte. Gegrilltes Seafood, Suppe aus Meeresfrüchten, gebratener Fisch, Krabben-Curry, Calamari und Hummer … hier findet man frische Spezialitäten aus dem Meer auf den Menüs in den Karten. Dazu wie immer Reis, oft mit Kokos, Ingwer oder Safran gewürzt.

Stöbern Sie durch Speisekarten einiger Restaurants in Madagaskar oder schauen Sie auf unseren PRIORI-Gastronomie-Blog, der sich mit Essen in Madagaskar beschäftigt.

Eine ganze Reise rund ums Essen und das Thema Kulinarik in Madagaskar bieten wir von PRIORI im März 2016 an. Zwei Wochen lang steht das kulinarische Madagaskar im Fokus, wenn wir durch das Hochland fahren, mit viel Zeit und Appetit im Gepäck, und uns durchkosten durch Strassenstände, Hotelys (kleine Strassenrestaurants), noble Restaurants und Marktstände. Wir schauen Frauen in die Kochtöpfe und lernen viel über die Alltags-Küche, wir besuchen einen Weinbauern und einen Käsebetrieb und erfahren Neues über die Lebensmittelproduktion in Madagaskar. Auch die Brauerei des madagassischen Biers THB können wir besichtigen. Und neben kosten, probieren und zusehen machen wir zum Ende auch selbst einen Kochkurs und bereiten ein schmackhaftes madagassisches Menü vor, nachdem wir die Zutaten gemeinsam auf dem Markt gekauft haben.

Dieser Kochkurs in Antananarivo mit dem madagassischen Koch Lalaina ist übrigens auf jeder Reise eine spannende und schmackhafte Aktivität, die über uns gebucht werden kann. Essensvorlieben, Allergien etc. werden selbstverständlich berücksichtigt.Kochkurs_Zubereitung-Poulet a coco.Collage

Und wer zuhause schon einmal in die Madagassische Küche eintauchen möchte, für den gibt es hier noch ein einfaches, aber leckeres, Rezept für den madagassischen Bananenkuchen Koba Ravina.