Antananarivo – Andasibe

1200 – Antananarivo – Andasibe

Andasibe ist das am meisten besuchte Naturreservat, denn es liegt nur ca. drei Autostunden von der Hauptstadt entfernt.

 

Aber auch unterwegs gibt es einiges zu sehen. So z.B. den privaten Park “Madagascar Exotic“ oder die quirlige Stadt Moramanga.

Heute nehmen wir Abschied von der Hauptstadt mit den geschäftigen Strassen, mit ihren “fliegenden Händlern“, den lärmenden Werkstätten, den bunten Märkten, dem nostalgischen Charme der Kolonialbauten und nehmen die Nationalstrasse Nr. 2, die Hauptverkehrsader der Insel, die zu der wichtigsten Hafenstadt an der Ostküste führt.

Nach dem umtriebigen Stadtleben ist nun die einzigartige Natur Madagaskars an der Reihe. Unaufhaltsam wechseln sich die malerischen Dörfer mit den ockerfarbenen Häusern mit den saftig grünen Reisfeldern am Rand der glattgeschliffenen Granitfelsen oder die bewachsenen Hügel mit Gemüsefeldern ab.

Wir durchfahren eine hügelige Landschaft, die von Eukalyptuswäldern und von verschiedenen Äckern geprägt ist. Auf diesem Streckenabschnitt wird das ganze Jahr Bienenhonig von guter Qualität und je nach Saisonwerden verschiedene Früchte angeboten und am Strassenrand sehen wir abwechselnd die Einheimischen, die Waren auf dem Kopf tragen oder spielende Kinder, die Bananen, Zuckerrohr oder Gemüse verkaufen.

Durch schattige Eukalyptuswälder schlängelt sich die Strasse kurvenreich bis wir das grosse Dorf Manjakandriana (wo die Adeligen herrschen) erreichen. Diese kleine Stadt liegt etwa 48 km von der Hauptstadt entfernt und man spürt sofort das kühle erfrischende Klima, denn hier ist eigentlich die Grenze zwischen dem östlichen Regenwald und der für das Hochland typischen Vegetation mit Eukalyptus- und Pinienwäldern.

Antananarivo – Andasibe
Wir können je nach Lust und Laune ein Zwischenstop im Mandraka Freizeitpark einlegen, einem schönen Ort am Mangoro Fluss. In der Nähe des rauschenden Wasserfalls gibt es eine Rastgelegenheit und die Reisenden können dort in Ruhe ihr Picknick-Mittagessen einnehmen. Nach ein paar weiteren Minuten Autofahrt erreichen wir Marozevo. Am Eingang des Dorfs liegt die private Naturanlage “Madagascar Exotic“, gegründet vom französischen Biologen Andres Peyrieras. Ursprünglich als Schmetterlingspark angelegt, bietet der Park den Besuchern heute eine gute Gelegenheit, die Vielfalt der madagassischen Reptilien-, Amphibien- und Insektenwelt kennen zu lernen. Der auffälligste Falter ist der gelbe “Kometenfalter“, einer der grössten Schmetterlinge auf der Welt mit einem wunderschönen silbernen Kokon.

Hier beobachten wir auch die faszinierenden Tarnkünstler, die verschiedenen Chamäleons, von den winzigen bis zu den grössten. Es gibt ungefähr 60 Chamäleonarten auf der ganzen Insel. Sie sind besonders bekannt wegen ihrer Tarnungskünste, auch die Länge der Zunge ist bemerkenswert, sie übertrifft die Länge des Körpers und kann blitzschnell hervorschiessen, um Heuschrecken oder andere Insekten zu fangen.

Das Chamäleon ist in der madagassischen Kultur bekannt als Begriff für diejenigen, die sich jeder Situation gut anzupassen. Die Augen können sich unabhängig voneinander bewegen und in alle Richtungen sehen, ohne den Kopf zu drehen. Daraus kommt der bekannte madagassische Spruch: “Handle wie die Chamäleons: blicke mit einem Auge in die Vergangenheit und mit dem anderen in die Zukunft“.

Die Plattschwanzgeckos sind berühmt für ihre perfekte Anpassung an den Untergrund, auf dem sie leben, wie Rinden oder Flechten. Dagegen sind die Taggeckos auffallend gefärbt: auf grellem grünem Grund bilden rote Flecken und gelbe oder weisse Längstreifen deutliche Kontraste, daher wirken sie immer sehr fotogen.

In den Gehegen und begehbaren Volieren entdecken wir auch die endemischen Madagaskar Boas und die roten Goldfrösche, eine interessante Entdeckung für Biologen, aber auch für alle an der Natur interessierten Reisenden. Auf einem Hügel unweit von diesem privaten Park tummeln sich im Freien einige gezähmte Lemurenarten wie Sifakas und braune Lemuren.

Nach diesem erlebnisreichen Besuch setzen wir die Reise fort und stellen fest, dass schon bald die alte Eisenbahnlinie beinahe parallel zu diesem Abschnitt der Nationalstrasse Richtung Osten verläuft.

Leider rostet diese technische Meisterleistung vor sich und sehr selten rumpeln noch Güterzüge über die Gleise Richtung Hauptstadt oder Hafenstadt. Bemerkenswert ist die Schmalspurbahn für die damalige Zeit der Entstehung: Es war eine abenteuerliche Zugfahrt durch das Hochland und die steilen Serpentinen hinab bis zur Ostküste.

Diese Strecke war die erste Eisenbahnlinie in Madagaskar und ca. 370 km lang. Der Bau begann im Jahr 1901 und innerhalb der folgenden 13 Jahre haben viele chinesische Fremdarbeiter, aber auch zahlreiche jungen Madagassen am Bau teilgenommen, die damit ihre Arbeitssteuer während der Kolonialzeit entrichteten.

Antananarivo – Andasibe
Nach paar Kilometer erreichen wir die nächste grosse Stadt Moramanga. Der Name bedeutet so viel wie “Ortschaft mit billigen Mangos“. Aber die Reisenden finden hier für ihre Weiterreise Banken und Geldautomaten sowie zahlreiche Restaurantsund viele Einkaufsmöglichkeiten, denn Moramanga ist Ausgangspunkt für vielen Ziele: Lac Alaotra, Anosy Be An’ala, die Kaskade Niagarakely (kleiner Niagarafall) und das spektakuläre Naturschauspiel den „Chute de la Mort“ (Wasserfall des Todes).

Zwei Sehenswürdigkeiten dürfen wir uns in der Stadt Moramanga nicht entgehen lassen. Am Bahnhof steht das Denkmal für die Gefallenen des grössten Aufstandes der Madagassen gegen die französischen Kolonialherren am 29. März 1947, er nahm in dieser Ortschaft Ihren Anfang. Aufschlussreich ist auch der Besuch des Museums der Gendarmerie und je nach Interesse können wir einen Blick über die alten Fahrzeuge, die Gewehre und Kanonen werfen. Die Aufnahmen dokumentieren schön und detailliert die wichtigen Ereignisse der Insel und wie stark sich das Leben und die Geschichte der Madagassen in den vergangenen Jahrzehnten, vor und nach der Kolonialzeit verändert hat.

Wir durchfahren ab Moramanga weitere 26 km durch immer grüner werdende Berge mit Gebirgsvegetation. Endlich erreichen wir Andasibe, unser heutiges Ziel und gleichzeitig auch der Höhepunkt auf dieser Ostroute.

Die Geschichte von Andasibe beginnt im Jahre 1907 mit dem Bau der Eisenbahnlinie und des Bahnhofs für den Transport der zwei wichtigen Exportprodukte nach Frankreich: Edelholz und Grafit. Andasibe heisst wörtlich “das grosse Lager“ und gilt als das am einfachsten zu erreichende Naturreservat mit artenreicher Fauna und Flora, nur ca. 145 km von der Hauptstadt entfernt. Hier haben wir beste Gelegenheiten, die verschiedenen Regenwaldreservate und Parks ausgiebig zu erkunden.

Juli 2021, geschrieben von Koloina, PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker PRIORI Madagaskarhaus Basel

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