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Antsirabe – Ranomafana

2610 – Von Antsirabe nach Ranomafana

Unser heutiges Ziel ist der Nationalpark Ranomafana, der im Südosten Madagaskars liegt und zum riesigen Regenwald von Antsinanana gehört.


Von Antsirabe aus fahren wir auf der RN7 durch das Hochland Richtung Süden bis nach Ambohimahasoa. In Alakamisy-Ambohimaha biegen wir nach Osten ab und nehmen die Nationalstrasse RN45. Die Fahrt auf der immer geteerten Strasse dauert etwa 5 Stunden. Im Dorf Ranomafana erwarten uns herrliche Wanderungen durch den Nationalpark mit seiner vielfältigen Flora und Fauna.

Wir verlassen Antsirabe, die Stadt der Kunsthandwerker und der Edelsteine und fahren bald entlang des Manja-Flusses. Über die welligen Hügel des Hochlandes gibt es viel zu sehen. Wir tauchen ein ins Land des Betsileo-Volksstamms.

Meist ist die Landschaft baumlos und in den Senken finden wir Reisfelder. Je weiter wir nach Süden kommen desto mehr steigen die Reisfelder auch an den Hängen in die Höhe, so wie wir sie aus Südostasien kennen.

Die alten Häuser haben oft Balkone aus Palisander. Früher gab es hier noch ausgedehnte Wälder mit verschiedenen Edelhölzern. Heute wird aus dem Holz meist Holzkohle hergestellt und in die Städte geliefert. Der Wald hat sich zu schütteren Landschaften gewandelt.

Antsirabe – Ranomafana
Auf der weiteren Fahrt nach Süden lohnt sich einen Zwischenstopp in Ambositra (“Stadt der Eunuchen“ oder “wo es viele Rinder gibt“), einer wichtigen Stadt des Volksstammes der Betsileo. Hier finden sich vor allem geschickte Handwerker mit ihrer Holzschnitzerei und den filigranen Einlegearbeiten. Die Holzkünstler sind über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Die Kunstfertigkeit der Einheimischen ist in etlichen Ateliers der „Zafimaniry-Kunst“ bestaunen. Ab Ambositra kann man verschiedene Wanderungen oder Trekkings ins Zafimaniry-Gebiet unternehmen. Hier können wir je nach Interesse einige Tage in den Dörfern verbringen. Das Dorf Antoetra ist Ausgangspunkt für Wanderungen zu den Zafimaniry-Dörfern wie Ankidodo, Faliarivo, Fempina oder Tetezandrotra. Der lokale Führer wird uns die Architektur der Zafimaniry-Häuser erklären. An Fenstern und Türen finden wir verschiedene geschnitzte Motive. Während dieses Trekkings müssen wir im Zelt übernachten, denn hier gibt es keine touristische Infrastruktur.


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Wir setzen unsere Reise fort und unterwegs bemerken wir, dass viele Leute – vor allem in den Dörfern – barfuss gehen. Die Madagassen mögen das Barfuss-Gehen, denn es ist praktisch und normal für ihre Arbeit – die meisten Madagassen sind Bauern. Barfuss-Gehen ist kein Zeichen der Armut. Viele Leute gehen barfuss zur Arbeit, auf den Strassen und aufs Feld. Nur sonntags tragen die Leute Schuhe. Es gibt verschiedene madagassische Schuhe wie Kapa (importierte Flip-Flops) und Plastiksandalen (kapa kyranil). Diese Letzte sind die Meistbenutzten auf dem Land. Traditionell ist es an manchen Orten verboten (fady), Schuhe zu tragen, weil die Orte heilig sind, z.B. die Königspaläste (Rovas).

Von Ambositra aus fahren wir wiederum durch Hügellandschaften, die Strecke ist jetzt kurvenreich und schmal. Unterwegs stossen wir immer wieder auf Zebu-Hirten mit ihren Herden aus dem Süden. Die Landschaft verändert sich, die Wälder bestehen aus Eukalyptus, Kiefern und anderen Bäumen, nur die angelegten Reisterrassen bleiben noch zu bewundern. Verschiedene Früchte wie Tapia, Physalis oder Mangos werden unterwegs von Frauen und Kindern angeboten.

Antsirabe – Ranomafana
80 km ab Ambositra erreichen wir das Städtchen Ambohimahasoa. Die meisten Reisenden machen hier einen Zwischenstopp, um das Mittagessen einzunehmen. Entlang der asphaltierten Strasse setzten wir unsere Reise bis Alakamisy-Ambohimaha fort. Hier verlassen wir die RN7 und fahren auf der Nationalstrasse RN45 bis zum Nationalpark und dem gleichnamigen Dorf Ranomafana.

Der Nationalpark von Ranomafana gilt als einer der Höhepunkte auf einer Madagaskar-Reise, nicht nur wegen seines Reichtums an endemische Pflanzen und Tieren, sondern auch wegen der Thermalquelle und der wunderschönen Landschaft. Dieser Park beherbergt einen der letzten Bergnebelwälder der Erde.

Januar 2021, geschrieben von Koloina, PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker www.madagaskarhaus.ch

Nationalpark von Ranomafana

2620 – Nationalpark von Ranomafana

Der Nationalpark von Ranomafana liegt am Namorona Fluss und ist ein weltweiter Anziehungspunkt von Naturfreunden.

Im Kerngebiet dieses Nationalparks ist der Primärwald noch mehr oder weniger intakt. Der Park gehört wegen seiner guten Erreichbarkeit zu den meist besuchten Nationalparks Madagaskars.

Über ganz Madagaskar verstreut gibt es viele Orte mit dem Namen Ranomafana, auf Deutsch bedeutet dies “heisses Wasser“ bzw. “Thermalquelle“. Dieser Name taucht überall auf, wo eine heisse Naturquelle gefunden wurde.

Das hübsche und malerische Dorf Ranomafana nordöstlich der Verwaltungsstadt Fianarantsoa liegt idyllisch im Tal des langen, rauschenden Namorona-Flusses. Das Dorf war ursprünglich bekannt für sein Thermalbad. Im Jahr 1880 wurden die Thermalquellen entdeckt und so wurde Ranomafana mit seinem Heilwasser ab dem Ende des 19. Jahrhunderts zu einem beliebten Ausflugs- und Kurort für die Europäer. Die Franzosen bauten das Kurhaus und das Thermalbad mit Schwimmbad nicht weit von der Brücke über den Namorona Fluss. Viele Einheimische und Europäer, die an verschiedenen Krankheiten, wie Rheumatismus, Asthma, Gicht, Diabetes und Fettleibigkeit litten, liessen sich hier behandeln. Auch verschiedene Massagen konnten in Anspruch genommen werden.

Der Bergnebelwald erlangte Berühmtheit, als im Jahre 1986 der Biologe und deutsche Forscher Bernhard Meier mit seinen Fachleuten bei ihrer Expedition in den Regenwald zufällig auf den Goldenen Bambuslemur (Hapalemur Aureus) stiessen. Die Wissenschaftler hatten befürchtet, dass diese Lemurenart längst ausgestorben sei. Seit dieser sensationellen Entdeckung steht diese unberührte Bergregion unter Naturschutz und wurde am 27. Mai 1991 mit Hilfe internationaler Naturschutzverbände und Forschungsinstitute zum Nationalpark deklariert. Seit 2010 ist die Zone Teil der Naturschutzgebiete der Regenwälder von Antsinanana oder der Ostküstengebiete Madagaskars.

Nationalpark von Ranomafana
Dieser Nebelregenwald umfasst 40’000 Hektar und liegt auf einer Höhe zwischen 600 und 1400 m über dem Meeresspiegel. Insgesamt entspringen hier rund 30 Flüsse und der jährliche Regenniederschlag von ca. 3000 mm ist beachtlich.

Neben den neuentdeckten Goldenen Bambuslemuren, die sich von den anderen Lemuren wegen ihrer auffälligen Fellfarbe unterscheiden, beherbergt der interessante Park weitere Bambuslemurenarten, wie der Grossbambuslemur (Hapalemur simus) oder der kleine graue Bambusmaki (Hapalemur Griseus). Diese tagaktiven Lemuren leben in Gruppen und ernähren sich fast ausschliesslich von verschiedenen Bambusarten. Während sich der graue Bambuslemur von jungen Blättern und Sprossen des Bambus und von Gräsern ernährt, kann der Grosse Bambuslemur auch genannt “Breitschnauz Halbmaki“ dank des starken Gebisses die ganz dicken und harten Bambusröhren problemlos zerbeissen. Der Goldene Bambuslemur bevorzugt die eiweissreichen Schösslinge der Bambusse. So leben alle drei Lemurenarten in demselben Bambuswald von Ranomafana und machen sich kaum Konkurrenz.


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Viele Säugetiere, unter anderem der Diadem Sifaka, der Rotbauchlemur, die Rotstirnlemuren, und viele Vogelarten, Reptilien und Amphibien leben in diesem grossen tropischen Regenwald. Die nachtaktive Schleichkatze Fossa Fossana „Cryptoprocta ferox“ gilt als ein gefährliches Raubtier und ist der Feind aller Lemuren.

Dieser Park ist ebenfalls Lebensraum der seltenen Giraffenhalskäfer und anderer Insekten und Schmetterlinge, wie zum Beispiel der faszinierende und im Regenwald gut angepasste Kometenfalter. Welke Blätter imitierend und voll auf seine Tarnung vertrauend leben die „Brookesia“, die Erdchamäleons mit nur rund 10 mm Körperlänge auf dem Boden des Waldes. Mit etwas Glück kann man sie am Boden und im Unterholz des feuchten Regenwaldes finden. An den Stämmen der grossen Bäume fallen die giftgrünen Taggeckos der Gattung Phelsuma auf.

Die kompetenten Führer mit guten Fachkenntnissen haben ungewöhnlich gute Augen und Ohren und können auch bei einer Abendwanderung am Rand des Waldes die nachtaktiven Mausmakis oder ein paar schlafende Chamäleons entdecken. Gegend Abend ist die Luft erfüllt vom Konzert der quakenden Frösche.

Nationalpark von Ranomafana
Verschiedene Wanderwege beginnen am Parkeingang und führen zunächst auf die andere Seite des Flusses. Die obligatorischen, lokalen Führer empfehlen den Besuchern die Pfade je nach ihrer Kondition und ihrem Interesse. Wer baden will, kann den Pfad zum Sakoroa-Wasserfall wählen. Er liegt ca. 3 km von Vohiparara entfernt. Von hier hat man einen grandiosen Rundblick über den Park. Soweit das Auge reicht, blickt man über den grossen und faszinierenden Regenwald.

Auf den Rundwegen erhalten die Besucher Einblicke in die üppige Pflanzenwelt des Regenwaldes. Das gesamte Schutzgebiet ist mit verschiedenen Pflanzen und Palmenarten, zahlreichen Orchideen, Farnen im Überfluss und endemischen Heilpflanzen bedeckt. Baumfarne finden sich allerorts in grosser Zahl. Man stösst auch auf ausgedehnte Haine des Riesenbambus, das beliebte Habitat der drei Bambuslemuren. In der Nähe der Gebüsche mit wilden Guaven tummeln sich die meisten Lemuren, denn diese Primaten fressen sehr gerne diese kleinen und saftigen, roten Früchte zwischen März und Juni.

Der Ranomafana Nationalpark liegt an der Grenze der Siedlungsgebiete der Betsileo- und Tanala-Ethnien. Der Tanala-Volkstamm, wörtlich übersetzt “die aus dem Regenwald“, leben hauptsächlich vom Wald. Sie sind Holzfäller und sammeln wilden Honig, kurzum sie “verdienen ihr Brot“ mit dem, was der Wald ihnen an natürlichen Produkten bietet. Natürlich leben sie auch vom Kaffee- und Reisanbau. Sie gelten auch als Medizinmänner und Naturheilkundler und kennen sich sehr gut mit den Heilpflanzen und der Herstellung von Naturmedizin aus.

Die grösste Gefahr besteht darin, dass die hier lebenden Tanala-Volkstämme ihren traditionell nomadischen Wanderfeldbau und die Brandrodung auch an der Grenze des Nationalparks, also an der „Zone périphérique“ praktizieren. Dank eines Aktionsplans der amerikanischen Entwicklungshilfe (USAID) werden die Dorfbewohner über die verschiedenen Gründe der Schutzbemühungen aufgeklärt und sie erhalten 50% der Eintrittsgelder, um wichtige Sozialprojekte wie Reisbewässerung, Schulhausbau oder Projekte der Gesundheitsversorgung in den Dörfern zu finanzieren.

Nationalpark von Ranomafana
Nicht weit vom Parkeingang liegt das amerikanische Forschungs- und Ausbildungszentrum. Die moderne Infrastruktur mit eigenem Laboratorium ist bestimmt für wissenschaftliche Forschung der Ornithologen und Biologen aus der ganzen Welt. Dieses Zentrum Valbio wurde im Jahr 2003 von der Forscherin Patricia Wright, eine der Weltspezialisten für Lemuren und Primaten in Madagaskar, gegründet. Auch die sachkundigen Naturführer im Ranomafana Park werden hier von den Zoologen und Biologen ausgebildet.

Der Besuch des privaten Arboretums mit rund 2 ha Fläche liegt nur etwa drei Kilometer von Ranomafana entfernt an der Nationalstrasse Richtung Manakara und ist für Botaniker und Pflanzenliebhaber empfehlenswert. Das Arboretum existiert seit 2007 und beherbergt ca.150 endemische Baum- und Pflanzenarten.

Die Wanderwege durch den Nationalpark sind durch mehrere gekennzeichnete Wege gut erschlossen und die Besucher können die überwältigende Fülle der Natur ohne grosse Mühe beobachten. Die Vogelbeobachter dürfen natürlich ihr Fernglas nicht vergessen. Die verschiedenartigen Geräusche des Waldes, der rauschende Wasserfall, das Spiel der Sonne mit den Grüntönen des Regenwaldes verleiht diesem Park etwas Heiliges.

Dezember 2020; geschrieben von Kolonia PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker www.madagaskarhaus.ch