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Nationalpark von Montagne d‘Ambre

1850 – Nationalpark von Montagne d‘Ambre

Der Nationalpark Montagne d’Ambre gehört zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Region Diana im Norden von Madagaskar.


Dieses Nebelwaldreservat befindet sich 65 km südlich der Hafenstadt Diego Suarez und gilt als das meistbesuchte und am leichtesten zugängliche Naturschutzgebiet im Norden.

Der Nationalpark von Montagne d’Ambre ist ein Höhepunkt auf einer Entdeckungsreise an die Nordspitze der Insel. Die Anfahrt vom Stadtzentrum Diego Suarez dauert rund zwei Stunden. Zuerst geht es über eine asphaltierte Strasse durch eine hügelige und trockene Landschaft, die bis zum grossen Dorf Joffreville (Ambohitra auf madagassisch) führt. Je nach Jahreszeit werden regelmässig leckere und frisch geerntete Früchte am Strassenrand angeboten: dazu gehören die süssen Papayas, die saftigen Litschis, die schmackhaften Bananen oder die leckeren Mangos. Die gelb roten Mangos aus Diego Suarez gehören zu den besten Mangos von ganz Madagaskar. Sie stammen nämlich aus der regenreichen und fruchtbaren Gegend an der Nordküste der Insel und sind besonders saftig und vor allem ohne Fasern. Diese wohlschmeckenden Früchte werden in den Monaten August bis Dezember hier im Norden der Insel geerntet.

Der Erholungsort Joffreville war am Anfang der Kolonialzeit ein Stützpunkt der französischen Fremdlegionäre vor allem wegen der angenehmen kühlen Luft und des Wasserreichtums. Der berühmte General Joffre war auf Befehl des Generalgouverneurs von Madagaskar Joseph Gallieni für die Befestigung der Hafenstadt Diego verantwortlich. Dazu standen ihm rund 2500 Soldaten zur Verfügung. Für seine 2500 Soldaten errichtete Joffre in der nahen Bergregion einen Erholungsort. Mit der kühlen Bergluft eignete sich diese Station als Wochenenderholungsort für die erschöpften Soldaten. Daraus entstand in den 1950er Jahren der Name des hübschen Ferienortes: Joffreville.

Dieses Kleinstädtchen liegt zwischen der trockenen Hitze der Grossstadt Diego Suarez und dem kühlen und feuchten Klima des Regenwaldreservates von Montagne d’Ambre. Hier siedelten sich auch Bauern von der Insel La Réunion an, liessen es sich in diesem schönen und erholsamen Ort mit kühler Bergluft sehr gut gehen und pflanzten in dieser fruchtbaren und regenreichen Region verschiedene Gemüse- und Obstsorten an.

Nachdem die Fremdenlegionäre, die französischen Herrschaften und die Gemüsebauern abgezogen waren, wirkte das Dorf mit kreolischen Holzhäusern und mit Hütten in allen möglichen Stilen seit Mitte der 1990er Jahre verlassen und ungepflegt. Heutzutage sieht man nur Reste dieser einstigen prachtvollen Blumengärten und Gemüseplantagen, die die Franzosen jahrelange gepflegt hatten. Einige der zerfallenen Kolonialhäuser wurden von den Einheimischen renoviert. In Joffreville ist jüngst aus einem umgebauten Kolonialhaus ein schönes Gasthaus mit viel Charme und schönen Zimmern geworden, mit atemberaubendem Blick auf den nahen Wald. Es gibt in Joffreville auch ein paar einfachere Gästezimmer für weniger anspruchsvolle Reisegäste.

Nationalpark von Montagne d‘Ambre
Rund fünf Kilometer nach Joffreville erreicht man das Büro des Madagaskar Nationalparks, dort erhält man einen Überblick über die verschiedenen Wanderwege zu den beeindruckenden landschaftlichen Schönheiten des Parks wie zu den faszinierenden Wasserfällen, den wunderschönen Kraterseen oder dem artenreichen Lehrpfad “Botanischer Weg“.

“Montagne d’Ambre“ bedeutet wörtlich übersetzt Bernsteingebirge. Es geht hier um die Namen der Blüten bestimmter Bäume, die gut in diesen Bergregionen gedeihen und von Weitem bernsteinfarben leuchten. Dank des vulkanischen Ursprungs ist die Gegend des Bernsteingebirges besonders fruchtbar und so beherbergt der Park einige der schönsten Bergnebelwälder Madagaskars. Es wurden lange Pisten durch den grossen Park für Fahrzeuge bis zur “Waldstation von Roussettes“ gebaut, wo sich auch Campingmöglichkeiten und ein Rastplatz befindet.

Der Park wurde im Jahr 1958 eingerichtet und umfasst die Bergregionen eines vulkanischen Gebirges von 800 bis 1’475 m Höhe über dem Meeresspiegel. Der ganze Naturpark erstreckt sich auf etwa 230 km², davon gehören 48 km² zum “Reserve Special de la Forêt d’Ambre“. Der Nationalpark Montagne d’Ambre erstreckt sich über eine Fläche von 182 km² und ist einer der ältesten offiziellen Nationalparks an der Nordspitze der grossen Insel.


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Infolge des vulkanischen Ursprungs liegen in diesem Naturschutzgebiet insgesamt sechs Kraterseen. Der Park selbst ist sehr bekannt für seinen Wasserreichtum, über 30 Quellen der umliegenden Region entspringen hier. Der schöne Park liefert Trinkwasser für die Bewohner des Umlands. Wasserfälle und kleine Kaskaden zählen zu den Naturschönheiten des Parks. Einige davon gelten für die Einheimischen als Tabus und sollten nicht von Touristen betreten werden.

Nationalpark von Montagne d‘Ambre
Die meisten Tageswanderungen starten von der “Waldstation von Rousettes“ aus und führen zur Petite Cascade oder “heilige Kaskade“. Vogelliebhaber sollten unbedingt diese kurze Strecke zu Fuss bewältigen, denn unterwegs besteht die Möglichkeit, Vogelarten wie Paradiesfliegenschnäpper, Gabelschwanzdrongos und weitere endemischen Vöge zu entdecken. An dieser “heiligen Kaskade“ gibt es einen kleinen Opferplatz mit einer spirituellen Bedeutung für die “Antakarana-Volksgruppe“, deswegen ist Baden hier streng verboten. Der kleine Wasserfall mündet in ein Bassin mit einer idyllischen farngesäumten Grotte. Hier ist der beste Ort, die schönen farbigen Malachit-Eisvögel (Kingfisher oder „Corythornis vintsioides“) bei der Jagd auf kleine Fische zu beobachten.

Der Lehrpfad “Sentier Botanique“ ist für die botanisch Interessierten sehr empfehlenswert. Die enorme Vielfalt und Dimensionen der Bäume, sowie die Fülle der Heilpflanzen, machen die Wanderung so faszinierend. Der Nationalpark beherbergt eine enorm artenreiche Vegetation. Im Park werden ca. 1000 fremde und endemische Baumarten registriert. Unmengen Schraubenpalmen, seltene Orchideenarten, zahlreiche Schlingpflanzen und beeindruckenden Farnbäume säumen die Wanderwege in diesem dichten Waldgebiet. Vorbei an der kleinen ruhigen “Kaskade Antakarana“ werden die Besucher auf einer Tageswanderung vom fröhlichen Chor der Vogelstimmen und der Rufe der Lemuren begleitet. Der kompetente, lokale Reiseführer gibt unterwegs detaillierte Auskünfte über die wichtigen Heilpflanzen, den wilden Pfeffer, die saftig grünen Moose und Flechten, die schönen Lianen und Schlingpflanzen und die endemischen Baumarten und wertvollen Edelhölzer wie Palisander.

Besonders beliebt ist die Wanderung zum “Lac Vert oder Petit Lac“, denn im Vergleich zu den anderen Wanderwegen ist er leicht zu erreichen. Dieser flaschengrüne See liegt einsam im Wald nicht weit von der Petite Cascade entfernt. Der grüne See spielt eine wichtige Rolle für das Leben der Stadtbewohner von Diego Suarez, denn er dient als Wasserreservoir für die ganze Stadt. Nach dem langen Marsch kann man sich an diesem hübschen Ort das Picknick-Mittagessen gönnen.

Der Nationalpark von Montagne d’Ambre ist ein wahres Paradies für Tierfreunde. Entlang des Lehrpfades zeigt der Lokalguide die winzigen Erdchamäleons wie die Brookesia tuberculata, die auf einem Daumennagel Platz nehmen könnten, die grossen und endemischen „Calumma ambreense“, die bizarren Blattschwanzgeckos (Uroplatus), von denen einige Arten nur in diesem Park vorkommen. Andere farbenfrohe Arten von Chamäleons sind hier sehr gut zu fotografieren, dazu gehören die furcifer petteri, furcifer timoni und die brookesia antakarana.

Nationalpark von Montagne d‘Ambre
Zweifellos gehört “La grande Cascade“ oder die “Grosse Kaskade“ beim Sommet d’Ambre (1475 m) zur beliebtesten Attraktion im Bernsteingebirge. Die Wanderwege hierher verlangen eine gute körperliche Konstitution, denn wegen der ständigen Regenfälle ist der steile Pfad besonders rutschig. Belohnt wird man mit einem bezaubernden Blick vom Aussichtspunkt aus: das Wasser stürzt fast 80 m in die Tiefe. Öfter trifft man einige Schlangen wie die riesigen Madagaskar-Hakennasennatter (Liotherodon madagascariensis) oder auf madagassisch “menarana“ (die sich tagsüber auf den Wegen sonnen). Diese grossen Schlangen erreichen eine Länge von bis zu 1,80 m und haben dann die Dicke eines menschlichen Unterarms. Sie ernähren sich von Reptilien z.B. kleine Frösche oder von den Baby-Lemuren, besonders die igelartigen Tenreks zählen zu ihrer häufigsten Beute. Obwohl diese Schlangen ungiftig sind, sind sie bei den Einheimischen unbeliebt, denn neben dem Unterholz und den Höhlen in den Regenwäldern gehören die Gärten und selbst die Hüttendörfer der Einheimischen zu ihrem Lebensraum. Insgesamt sind die Amphibien und die Reptilien überaus artenreich und sehr häufig durch endemische Formen vertreten.

Vom höchsten Punkt des Nationalparks hat man einen wunderbaren Ausblick auf die Naturschönheit dieser dichten Wälder mit ihren zahlreichen kleinen Kaskaden und natürlich auf die Umgebung der nahegelegenen Stadt Diego Suarez oder Antsiranana.

Der Park beherbergt noch andere Lemuren, darunter die tagaktiven Braunen Sandford-Makis und die Kronenmakis. Die Männchen des Braunen Sanford Makis haben auffallend weiss-beige Ohrbüschel und einen Backenbart gleicher Farbe, der ihre schwarzen Gesichter umrahmt. Die Weibchen haben keinen Backenbart aber ein graues Gesicht.
Die gekrönten Lemuren (Eulemur Coronatus) erhielten diese Bezeichnung nach dem schwarzen Dreieck auf der Stirn (wie eine kleine Krone). Die Männchen haben ein rötlichbraunes Fell mit einem weissen Bauch, dagegen haben die Weibchen graue Rücken und graue Schwänze und eine kleine rote Tiara auf der Stirn. Diese tagaktiven Lemuren ernährten sich zwischen August und Dezember von den süssen Früchten wie Mangos und Litschis am Rand des Parks.

Nationalpark von Montagne d‘Ambre
Natürlich sind die kleinsten Lemuren Madagaskars, die niedlichen Mausmakis, hier gut zu beobachten. Sie gehören zu den kleinsten Primaten der Welt und mit etwa 50 Gramm haben sie ein Federgewicht. Man kann sie mit Bananenstückchen füttern, die man auf kleine Stöckchen aufspiesst. Sie sind vergleichsweise leicht zu finden, wenn man nachts mit einer Taschenlampe die Waldränder nach ihren gelborangen Augen absucht, die wie Rückstrahler leuchten.

Der nachtaktive Aye-Aye, der unter anderem von Insektenlarven im Holz lebt, ist in diesem Park ebenfalls beheimatet. Das Fingertier, wie es auf Deutsch heisst, hat einen gedrungenen Leib, kurze Beine, ein struppiges Fell und fledermausartige Ohren. Hinzu kommen starke Nagezähne und ein extrem langer Mittelfinger, mit dem er Insekten und Larven aus Gängen im Holz der Bäume kratzt. Dieses Fingertier gilt als eines der seltsamsten Tiere auf unserem Planeten. Über 100 Jahre gab es auch den Wissenschaftlern Rätsel auf, welcher Tierfamilie dieses harmlose Ungeheuer zuzurechnen sei.

Nach einer anstrengenden Autofahrt durch den Norden Madagaskars kann man sich hier am Montagne d’Ambre einen erfrischenden und erholsamen Aufenthalt gönnen. Das Klima im Park ist im Gegensatz zu Diego Suarez kühl und angenehm, daher ist er ein geeigneter und schöner Ort, um Energie zu tanken!

November 2020, geschrieben von Fanasina, PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker www.madagaskarhaus.ch

Ambanja – Diego Suarez

1830 – Ambanja – Diego Suarez

Schweren Herzens verlassen wir das Kleinstädtchen Ambanja und fahren auf der Nationalstrasse 6 bis zur Hafenstadt Antsiranana (Diego Suarez) an der Nordspitze Madagaskars.


Diese Reiseroute ist besonders abwechslungsreich, denn die Insel zeigt viele ihrer Gesichter auf engem Raum: dazu zählen das Sonderreservat von Ankarana mit seinen spektakulären, grauen Karstformationen, die rotgefärbten Tsingy Rouge und der grüne Bergnebelwald von Montagne d’Ambre mit seinen Kaskaden und Kraterseen.

Wegen seiner schönen Lage in einem fruchtbaren Agrargebiet mit vielen Ausflugsmöglichkeiten und wegen seines milden Klimas an der Nordwestküste ist das interessante Kleinstädtchen Ambanja (wörtlich bedeutet dies “die Stadt mit Kanonenpulver“) ein paar Tage Aufenthalt wert. Heute verlassen wir dieses Zentrum des Kakaoanbaus und fahren auf der Nationalstrasse bis zur Nordspitze der Insel weiter. Wer seinen Badeurlaub auf der berühmten Parfüminsel Nosy Be verbringen will, fährt 25 km westlich von Ambanja bis Ankify weiter. Dieses grosse Dorf ist der Ausgangspunkt der Bootsfahrt zu den beliebten Urlaubsorten auf Nosy Be. Die Abfahrtszeit des Motorbootes oder der Fähre in diesem kleinen Hafen hängt hauptsächlich von den Gezeiten ab.

Nach ca. 100 km ab Ambanja Richtung Norden erreichen wir die nächste geschäftige Stadt in dieser Nordwestregion. Durch die intensive Bewässerung am Delta des Mahavavy Flusses gehört Ambilobe zu einem fruchtbaren Anbaugebiet mit riesigen Plantagen: die Parfümpflanze Ylang Ylang, verschiedene Obst- und viele Gemüsesorten gedeihen hier sehr gut, ausserdem stammt der Grossteil der Zuckerproduktion Madagaskars aus dieser Region. Die madagassische Zuckerfirma SIRAMA war lange Zeit der wichtigste Arbeitgeber.

Die Stadt Ambilobe bedeutet wortwörtlich “wo man häufig den „Bilo“ tanzt“. Bilo ist ein typischer Freudentanz der Antakarana-Volksgruppe, die an die Wiedergeburt und die Reinkarnationen der Ahnen in Form verschiedener Lebewesen glaubt, egal ob Pflanzen oder Tiere, wie Krokodile oder Lemuren. Hier siedelt eine grosse muslimische Gemeinde, Nachfahren von arabischen Einwanderern. Deswegen gilt dieses hübsche Städtchen als das kulturelle Zentrum der Ethnie der Antakarana und gleichzeitig der Sitz der Nachfahren der Antakarana-Könige. Der 2017 verstorbene ehemalige Staatspräsident Dr. Zafy Albert stammte aus einer angesehenen Antakarana-Familie aus der Stadt Ambilobe.

Ambanja – Diego Suarez
Von hier zweigt auch die schlammige Piste RN 5a in Richtung Ostküste bis Vohemar ab und für die Reisenden gilt der Ort als ein wichtiger Zwischenstopp auf der Strecke nach Antsiranana. Ambilobe ist auch Ausgangspunkt für die interessanten Ausflugsziele zum Ankarana-Reservat oder zum Bergregenwald von Montagne d’Ambre.


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Etwa 20 km von Ambilobe entfernt befindet sich der Eingang zum Ankarana Naturreservat am Rand der Nationalstrasse 6. In diesem faszinierenden Trockenwald wächst die seltene und endemische „Euphorbia ankarensis“, ein Wolfsmilchgewächs mit stacheligem Stamm und rosa Blüten. Auch viele Schraubenpalmen, Feigenbäume und viele Sukkulentenpflanzen wie Pachypodien, Baobabs, usw. gedeihen sehr gut in dieser abgelegenen ökologischen Nische zwischen den Tälern, Schluchten und Canyons der Karstformationen. Hier kann man mehrtägigen Wanderungen durch die einmalige Felsenlandschaft mit erodierten Kalknadeln (Tsingy) unternehmen.

Antakarana bedeutet wörtlich das Volk aus dem “Gebiet mit spitzen Kalksteinnadeln“. Ihr Siedlungsgebiet erstreckt sich zwischen Antsiranana und der Region um das Tsaratanana-Gebirge. Sie sind mit Ihren Nachbarn, der Sakalava-Ethnie eng verwandt. Die Antakarana-Küstenbewohner leben als Fischer und jene im Binnenland sind Viehzüchter oder Bauern.

Ambanja – Diego Suarez
Nach einem erlebnisreichen Aufenthalt im Ankarana Schutzgebiet setzen wir die Autofahrt fort und nach einer Stunde erreichen wir das grosse Dorf Anivorano. Es liegt am Fusse des Nationalparks von Montagne d’Ambre und etwa 75 km südlich von Antsiranana. Anivorano bedeutet wörtlich übersetzt „in der Mitte des Gewässers“. Jeden Dienstag findet in diesem Dorf der lebhafte und reichhaltige Wochenmarkt statt.

Etwa 4 km östlich der RN 6 liegt eine besondere Attraktion dieses Dorfes, und zwar der heilige See “Antanavo“, dessen Entstehung in ähnlicher Form auch über andere Seen auf der Insel Sainte Marie oder in Vohemar an der Nordostküste Madagaskars erzählt wird. Mündlich wird eine Geschichte eines durstigen und erschöpften Zauberers überliefert, der vor langer Zeit zum Dorf kam. Da er fremd war und unheimlich wirkte, weigerten sich die Dorfbewohner, ihm Wasser zu geben. Eine alte Frau am Rand des Dorfes hatte jedoch Mitleid mit ihm und gab ihm Trinkwasser. Überrascht von dieser gastfreundlichen Geste, gab er seiner Retterin und ihrer Familie den Rat, das Dorf sofort zu verlassen. Weil es die unhöflichen Leute abgelehnt hatten, ihm einen Schluck Wasser zu geben, würde er ihnen mehr davon geben. Es begann also in der folgenden Nacht heftig zu regnen und wo das Dorf lag, senkte sich die Erde, und das ganze Regenwasser sammelte sich dort. Das ganze Dorf mit allen Bewohnern versank im See und diese verwandelten sich in Krokodile. Die Frau siedelte später mit ihrer Familie nahe am See im heutigen Dorf Anivorano und glaubte, dass die Krokodile die Reinkarnationen ihren Ahnen seien, so opferte sie den Raubtieren von nun an Zebus. Als Beweis für die Blutverwandtschaft zwischen Menschen und Krokodilen gilt, dass die Fischer an diesem heiligen See nie von diesen Tieren angefallen wurden. Gegen eine geringe Gebühr und in Begleitung eines Lokalführers ist es möglich, diesen See Antanavo zu besuchen.

Ambanja – Diego Suarez
Die nächste Sehenswürdigkeit liegt 23 km nördlich von Anivorano. Vom Dorf Sadjoavato zweigt eine schlechte Piste (nur befahrbar in der trockenen Zeit) ab, sie führt zum nächsten Dorf Ankarongana. Hier beginnen die Fusspfade, die z.T. durch Flussläufe führen, bis zum Spezialreservat von Analamerana, deswegen ist dieses Naturschutzgebiet nur sehr schwer zugänglich. Landschaftlich ist es aber sehr interessant, da es in der Übergangszone zwischen der feuchtwarmen Regenwaldlandschaft und der Trockenwaldvegetation an der Küste liegt. Dieses abenteuerliche Ausflugsziel hat aber viel zu bieten: Seen, Höhlen und ein höher liegendes bewaldetes Gebiet, sehr reich an Tier- und Pflanzenarten und mit einem fantastischen Panoramablick auf den Indischen Ozean. Das Reservat ist auch sehr bekannt wegen der hier lebenden und sehr bedrohten Perrieri-Sifakas (Propithecus Perrieri). Daneben haben hier auch andere Lemurenarten und zahlreiche Vögel, sowie Reptilien und Amphibien ein Refugium gefunden.

Ein sehenswertes Highlight auf dieser Nordroute sind auch die „Tsingy Rouge“, die rot gefärbten Gesteinsformationen. Rund 16 km ab der RN 6 führt eine schwierige Piste (nur mit Allradfahrzeug befahrbar) bis zu dieser weiteren geologischen Attraktion in der Nähe des Fischerdorfs Irodo. Anders als die anderen Tsingy unterscheiden sie sich in den Farben der Steinnadeln. Sie bestehen aus feinem Sandstein mit rotgefärbtem Laterit und sind erst spät am Anfang des 20. Jahrhundert entdeckt worden, da diese geologische Formation durch die allgegenwärtige Brandrodung oder “Tavy“ entstanden ist. Sie sind durch die ständige Erosion in dieser Gegend bedroht.

Zurück auf der Nationalstrasse fahren wir Richtung Norden und nehmen die Abzweigung zum Dorf Joffreville (Ambohitra auf madagassisch). Joffreville wurde im Jahr 1902 von den Franzosen errichtet . Das Dorf liegt auf rund 1200 m ü. M. und war ein begehrter Erholungsort für die französischen Militärs und Administratoren im brütend-heissen Diego Suarez. Joffreville wurde bald auch zum Erholungsort der französischen Legionäre. In den herrschaftlichen Villen liessen es sich die Franzosen während der Kolonialzeit gut gehen und eingewanderte Bauern aus der Nachbarinsel La Réunion siedelten hier gern an und pflanzten verschiedene Gemüsesorten und tropisches Obst an.

Ambanja – Diego Suarez
Wenige Kilometer südlich von diesem kleinen Dorf liegt die Grenze des Bergnebelwaldes von Montagne d’Ambre oder “die Bernsteinberge“. Der ca. 18’200 ha grosse Park umfasst das Gebiet eines vulkanisch entstandenen Gebirges in einer Höhe zwischen 800 m bis 1’475 m. Die beeindruckenden Wasserfälle, die kreisrunden Kraterseen, der vielfältige “Botanische Weg“ durch das dichte und artenreiche Waldgebiet zählen zu den faszinierenden landschaftlichen Schönheiten des Naturparks, deshalb gehört es auch zu den am meisten besuchten und beliebtesten Attraktionen in dieser Region.

Nach diesem erlebnisreichen Aufenthalt mit den vielen anderen interessanten Ausflugszielen entlang der Nationalstrasse 6 erreichen wir endlich die Hafenstadt Antsiranana, wörtlich bedeutet dies “der grosse Hafen“. Die Franzosen nannten diese schöne Hafenstadt mit internationalem Flair “Diego Suarez“, zu Ehren des Portugiesen Diego Diaz, der am 10. August 1500 offiziell die Insel Madagaskar an dieser Nordspitze der Insel betrat. Die Stadt wird heutzutage noch immer kurz Diego genannt. Die verschiedenen madagassischen Bevölkerungsgruppen, die Einwanderer aus Europa, aus Indien und den Nachbarinseln tragen zur schönen Atmosphäre in dieser Hafenstadt mit buntem Völkergemisch bei. Dazu tragen auch die Nachkommen der ehemaligen senegalesischen Schützen der Kolonialarmee bei und jene der somalischen Hafenarbeiter.

November 2020, geschrieben von Koloina, PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker www.madagaskarhaus.ch