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Mofo gasy

Mofo gasy, das madagassische Brot

Heute möchte ich Ihnen gern unsere verschiedenen „mofo“ oder Brötchen vorstellen.

Hier in Madagaskar bedeutet das Wort „mofo“ die Brotstange, das Brötchen oder das Gebäck. Beim Frühstück essen wir Madagassen gern neben Reissuppe auch „mofo“. Viele Familien in städtischem Umfeld haben früh am Morgen nicht viel Zeit zur Verfügung. Also kaufen sie schnell ein paar Brötchen in den Schnellimbissen.

In jedem Wohnviertel auf der ganzen Insel gibt es immer diese kleinen Holzbuden, die verschiedene hausgemachte heisse Brötchen und natürlich auch heisse Getränke wie Kaffee, Milch, Kakao oder Tee günstig anbieten.

Darunter sind die „mofo gasy“. Dies sind hausgemachte süsse Reiskuchen aus Reismehl, Zucker und Hefe mit Wasser. Sie sind knapp so gross wie eine Faust. Jede Region hat natürlich ihre Spezialität, um das Fladenbrot schmackhafter zu machen. An der Nordostküste werden die Reisküchlein mit Kokosmilch und Milch verfeinert und „Mokary“ genannt.

In diesen Schnellimbissen kann man auch die „mofo ramanonaka“ oder „mofo sira“ kaufen. Dies sind salzige Brötchen aus Mehl, Hefe und Salz. Wir Madagassen verzehren sie sehr gern zu heissem Tee oder zu Milch. Sehr gut für den Gaumen!

An diesen Strassenständen kann man natürlich auch die süssen „mofo baolina“ ausprobieren! Das sind kinderfaustgrosse Teigballen aus Mehl, Milch und Zucker, die in heissem Öl goldbraun gebraten werden. Zwei oder drei Portionen von „mofo baolina“ und der Magen ist satt.

Bei uns gedeihen verschiedene Arten von Bananenstauden prächtig, besonders an der tropischen Ostküste. So ist auch eine der Spezialitäten auf Madagaskar das „mofo akondro“, übersetzt „Bananenbrot“, also Brötchen aus Banane, Mehl, und Zucker. Eine Banane wird in zwei Hälften geschnitten und mit gesüsstem Mehl vermischt und in heissem Öl frittiert.

Kommen Sie zu uns nach Madagaskar und probieren Sie diese schmackhaften Gebäcke.

Veloma!
September 2021, Fanasina, PRIORI Antananarivo

Musik in Madagaskar

A 700 – Musik und Musikinstrumente

Hinsichtlich der musikalischen Entwicklung war Madagaskar offen für Einflüsse aus vier Weltkulturen. Noch heute werden Instrumente gespielt, die Einwanderer vor Jahrhunderten auf die Insel mitbrachten.


Die Einwanderer aus dem asiatischen Raum haben vor fast 2000 Jahren neben ihren Auslegerbooten und ihrer Sprache auch die Bambuszither (“Valiha“ auf madagassisch) mitgebracht. Die Valiha wird bis heute in Asien und auf Madagaskar gespielt.

 Die Geschichtsforscher berichten, dass die Vorfahren der madagassischen Bevölkerung aus dem südostasiatischen Raum stammen. Die Techniken des Reisanbaus und des Schiffsbaus zum Beispiel sind Zeuge dieser ersten Besiedlung in Madagaskar. Auch die Verwandschaft der madagassischen Sprache mit Indonesien ist unverkennbar. Der nahe afrikanische Kontinent hatte ebenfalls einen Einfluss auf die Kultur der Insel. Die Ethnie der Bantu aus Ostafrika hat zum Beispiel die Kultur der Zebuzucht in Madagaskar eingeführt. Vor ein paar Jahrhunderten blühte auch der Sklavenhandel an den Küsten Madagaskars und die Forscher behaupten, dass zwei Drittel der Madagassen ihre Hautfarbe der afrikanischen Abstammung verdanken. Neben der Einführung der Astrologie haben Araber auch die Heilige Schrift, das “Sorabe“ nach Madagaskar gebracht. Dank dieser Einwanderungswellen existieren in Madagaskar ganz unterschiedliche soziale und kulturelle Bräuche innerhalb der verschiedenen Ethnien. In Antananarivo und im Hochlandgebiet, wo die Merina und Betsileo ihre Stammlande haben, sieht man die Herkunft aus dem malaiisch–polynesischen Raum sehr deutlich. Der Einfluss afrikanischer Vorfahren, sowie die arabischen Sitten und Bräuche, sind in den Küstengebieten Madagaskars unverkennbar.

Laut der Geschichtsforschung haben die Einwanderer aus Südostasien schon vor dem 15. Jahrhundert das Musikinstrument “Valiha“ eingeführt. Dieses melodiöse Instrument aus einem Stück Bambusrohr wurde zuerst als rituelles Objekt eingesetzt. Zu dieser Zeit klang diese einzigartige Bambuszither ganz anders, denn ihre Saiten wurden direkt aus dem Bambusrohr geschnitten, was einen eher dumpfen Klang ergab. Später wurde sie an den Königshöfen in Antananarivo bzw. im “Rova-Palast“ und in verschiedenen Landesgegenden gespielt. Inzwischen werden Bremskabel als preiswerte Stahlsaiten für dieses traditionelle Musikinstrument des Hochlandes genutzt. Das Valiha ist etwa 80 bis 120 cm lang und ca. 5 bis 10 cm dick, sie ist der Länge nach mit Saiten bespannt. Dieses Instrument wird im Sitzen mit beiden Händen gespielt, die Saiten werden von den begabten Spielern zärtlich mit den Fingerspitzen gezupft. Zur klanglichen Unterstützung wird das Instrument auf einen leeren Holzkasten aufgestützt. Die Musiker sind inzwischen sehr kreativ geworden und arbeiten ständig an Verbesserungen ihres Instruments, damit dieses einen aussergewöhnlichen Klang bekommt. Die berühmte Sängerin Mama Sana im Süden Madagaskars steckte zum Beispiel ihre Valiha in einen Metallkasten, der als Resonanzkörper diente.

Die Araber führten im 8. Jahrhundert die Bambusflöte “Sodina“ in Madagaskar ein. Dieses Musikinstrument wird seit langem in vielen Regionen Madagaskars gespielt. Der berühmte madagassische Flötist Rakoto Frah (1923 – 2001) vollzog einen aussergewöhnlichen Wandel, indem er sein Instrument aus den üblichen Wasserrohren fertigte, die er auf dem Lokalmarkt kaufte. Dieser talentierte Musiker verband seine Musik auch mit den modernen Musikstilen wie Jazz oder Soul. Seine Kinder führen seine Tradition als Gruppe “Rakoto Frah Junior“ weiter, sie sind heute renommierte Sänger und Flötisten in der Hauptstadt.

Mit der Ankunft der Sklaven aus Kontinentalafrika gelangte auch die Kürbiszither oder “Jejovoatavo“ auf die Insel. Bei diesem Instrument dient ein getrockneter Kürbis als Resonanzkörper am Ende eines Holzstabs. Dieses Musikinstrument wird besonders von den Vieh- und Zebuhirten der Bara Volkstämme und von den Jugendlichen im südlichen Hochland von Madagaskar gespielt.

Aus dem orientalischen Kulturraum stammt das Saiteninstrument “Kabosy“. Sein Name stammt aus dem türkischen Wort “qapuz“. In Madagaskar sind diese simplen Guitarren als billige Musikinstrumente besonders bei den Kindern und Jugendlichen beliebt. Die 3- bis 5-saitigen Kabosy werden vor allem in den Dörfern auf dem Marktplatz oder am Strassenrand gespielt.

Eines der meistverwendeten Instrumente sowohl auf dem Land, wie auch in der Stadt, ist die “Korintsana“. Es ist eine Rassel, die zur rhythmischen Begleitung von Gesang und Melodieinstrumenten erklingt. Dazu werden leere Konservendosen als Behälter verwendet, die mit getrockneten Feldfrüchten wie Reis- und Maiskörner oder Kaffeebohnen gefüllt sind.

Die „Langoroana“ und die “Ampongabe“ sind zwei unterschiedliche Trommeln, die meist gemeinsam gespielt werden. Beide sind traditionelle Musikinstrumente in Madagaskar, die den Rhythmus in die Musikstücke einbringen. Der zylindrische Rahmen wird mit Zebu-Häuten bespannt und mit einem oder zwei Stöcken geschlagen.

Das traditionelle Strassentheater “Hira Gasy“, wörtlich übersetzt „das madagassische Lied“, stellt auch heute noch ein wichtiges kulturelles Merkmal dar. Sein Ursprung geht auf das 18. Jahrhundert zurück, als der berühmte König mit dem langen Namen Andrianampoinimerina seine Leute aufforderte, die Reisfelder rund um Antananarivo (damals “Analamanga“ genannt) zu erweitern. Dazu lud er viele Tänzer und Musiker aus den verschiedenen Dörfern ein. Daraus entstanden regelmässige und populäre Treffen mit dieser neuen Kunst “Hira Gasy“, die heutzutage von verschiedenen Volkskünstlern geschrieben und gestaltet wird. Oft sind es traditionelle Lieder, die den Leuten Moral predigen und oft auch Sprichwörter verwenden. Sie erzählen Anekdoten, Sketche und andere musikalische Einlagen. Diese Musiktheater werden heute noch unter freiem Himmel am Stadtrand von Antananarivo gespielt. Nach der Reisernte, zum Neujahr, zum Nationalfeiertag oder zum “Tag der Unabhängigkeit“ oder auch während eines Familienfestes wie bei einer Hochzeit oder dem Famadihana-Fest (Leichenwende) werden solche Volksmusiktheater “Hira Gasy“ aufgeführt. Die Sodina zusammen mit den Trommeln (Amponga) sind bis heute die Grundinstrumente für diese Strassentheater auf der ganzen Insel.

Die üblichen Musikinstrumente wie Mandoline, Flöte und Trommel werden oft bei “Famadihana Festen“ gespielt. Doch immer noch soll der sehr beliebte Klang der Valiha die Ahnen besänftigen. Bei diesen Familienfeiern wurde die europäische Geige zum Soloinstrument, aber auch Blasinstrumente wie die Trompete und das fremde Akkordeon werden immer sehr gerne gespielt. Die Trommel oder “Aponga“ gibt bei den Liedern immer das Tempo an.

Die Musik ist ein wesentlicher Bestandteil im sozialen und kulturellen Leben der madagassischen Dorfgemeinschaft zum Beispiel bei Familien- und Gemeinschaftsfeiern wie Hochzeiten, Beschneidung, Einweihungen usw. sowie bei religiösen und traditionellen Zeremonien wie Messen, Exhumierungen oder dem “Tromba“.

Bei der Sakalava-Bevölkerungsgruppe in der Region von Mahajanga ist das Tromba ein wichtiges Ritual bzw. eine grosse Zeremonie anlässlich der Heilung der Kranken, bei dem es gelegentlich zu Trancezuständen unter den Zuschauern kommt. Bei diesem Kult werden die Vorfahren angerufen und dieses Ritual ist immer begleitet von den Melodien eines Akkordeons, während die Zuschauer in die Hände klatschen.

In den abgelegenen Dörfern bei der Vezo-Volksgruppe an der Südwestküste der Insel basteln die Fischer die Musikinstrumente aus Brettern und alten Metallstücken und mit Nylon-Angelschnüren als Saiten. Sie sind dann sehr stolz auf ihre selbstgemachten Guitarren.

Im Südwesten der Insel treffen sich die Dorfbewohner bei Familienfesten und improvisierter Musik mit den lokalen Instrumenten wie der Marovany (madagassisches Xylophon), dem Antranatrana und dem Korintsana (Rassel oder Percussion). Letzteres gibt das Tempo vor und symbolisiert das Leben und den Lauf der Zeit.

Mai 2021, geschrieben von Bodo, PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker www.madagaskarhaus.ch

Chamäleon in Madagaskar

A 500 – Chamäleon in Madagaskar

Wohl kaum eine andere Echsenfamilie dürfte so bekannt und faszinierend sein wie die Chamäleons.


Dies liegt vor allem daran, dass sie mit ihrem Aussehen an “Miniatur-Saurier“ erinnern, aber auch an ihren zahllosen einmaligen Besonderheiten, wie dem sehr bekannten Farbwechsel, der Bewaffnung mit einer Schleuderzunge und den enorm beweglichen Augen. Chamäleons gehören zu den Reptilien, die in Madagaskar am häufigsten zu finden sind, so kann die Insel auch als “das Land der unzähligen Chamäleons“ bezeichnet werden, da mehr als die Hälfte aller bekannten Arten hier leben.

Das Verbreitungsgebiet der Familie der “Chamaeleonidae“ erstreckt sich über das Mittelmeergebiet, Afrika, die arabische Halbinsel, aber vor allem über die Inseln im Indischen Ozean, wie Madagaskar, die Komoren, die Seychellen, Mauritius und La Réunion. Auf der grossen Insel Madagaskar konnten sie aufgrund fehlender Feinde die grösste Artenvielfalt entwickeln. Rund 60% der Chamäleons auf Madagaskar sind endemisch. Auf der Insel leben etwa 60 Arten dieser Echsen, darunter auch die weltweit grössten und die Kleinsten.

Die auf Madagaskar vorkommenden Chamäleon-Arten werden in zwei Unterfamilien eingeteilt: zum einen die “echten Chamäleons“ bzw. die Familie “Chamaeleonindae“ mit der Gattung “Furcifer“ und der Gattung “Calumna“ (diese beiden Arten sind meistens mit bunten Farben vertreten) und zum anderen die Erdchamäleons oder die Stummelschwanzchamäleons, die zu der Familie der “Brookesiinae“ gehören. Diese kleinen Braunen leben versteckt in der Laub- und Krautschicht der Regenwälder.

Im Jahr 2007 entdeckten Wissenschaftler die kleinste Chamäleonart der Welt: Brookesia micra hat eine Körperlänge von nur 16 Millimetern und mit dem Schwanz eingerechnet sind es knapp 3 Zentimeter. Diese Reptilienart lebt in der trockenen Laubstreu der Wälder und ernährt sich von winzigen Insekten und Milben. Im Gegensatz zu den anderen Chamäleons ist der Schwanz der Brookesia kurz und kann nicht aufgerollt werden. Aus Angst vor ihren Feinden verbringen die Tiere den Tag vorwiegend in der Laubstreu auf dem nassen Boden und bei Einbruch der Dunkelheit erklettern sie dünne Zweige zum Schlafen.

Auch die “Brookesia minima“ gehören zu den kleinen Brookesia-Arten. Sie haben eine Gesamtkörperlänge von nur 34 Millimetern. Die Grundfärbung besteht aus verschiedenen Beige-Braun- oder Grüntönen. Sie bewohnen die Laubschicht der Restprimärregenwälder im Lokobe-Reservat auf der Insel Nosy Be, nordwestlich von Madagaskar.

Die “Furcifer oustaleti“ und die “Calumnia parsonii“ gehören mit über 70 cm Länge zu den grössten Chamäleon-Arten in Madagaskar. Sie leben im Geäst von Büschen und Bäumen und nutzen ihren langen Greifschwanz geschickt als Kletterhilfe. Diese beiden Arten sind häufig zu finden, denn sie bewohnen die offenen Savannenlandschaften, aber auch die lichten Wälder der warmen Regionen im Süden, Westen und Norden Madagaskars. Diese Chamäleonarten haben schöne, auffallende Farben, die Männchen verfügen über eine Tarnfärbung aus grauen und braunen Farbtönen, die Weibchen sind etwas farbenfroher mit gelben grünen und roten Farbtönen.

Es könnte kein treffenderer Name für diese Echsenfamilie gefunden werden, denn sie werden auch als “Löwe der Erde“ bezeichnet, “chamai“ bedeutet “auf der Erde“ und “Leon“ heisst “Löwe“. Im Laufe der Zeit haben sie sich an das Leben auf kleinen Gebüschen und Bäumen angepasst, ihre Hinterbeine haben sich zu Greifzangen umgeformt und zwei oder drei Zehen sind in einer Weise miteinander verwachsen, dass diese Reptilien die Äste fest und sicher umgreifen können. Zudem haben sie einen einrollbaren, muskulösen Greifschwanz, der – wie auch die Zunge – oft länger als der eigentliche Körper ist. Die Männchen (seltener die Weibchen) vieler Arten haben auffällige Körperstrukturen wie Nasenfortsätze, Hautlappen am Hinterkopf, “Helme“ auf dem Kopf oder an der Kehle.

Besonders faszinierend und einmalig sind die voneinander unabhängig beweglichen und grossen Augen, die weit aus dem Kopf herausragen. Das Sehfeld jedes Auges beträgt etwa 180° horizontal und 90° vertikal, was den Tieren einen Rundumblick ermöglicht. Die beiden Augen können sich unabhängig voneinander bewegen und auf diese Weise können die Chamäleons ihre gesamte Umgebung und besonders ihre Beute (Heuschrecken, Fliegen Insekten usw.) im Auge behalten, ohne den Kopf zu drehen und ohne durch Kopfbewegungen ihre eigenen Standorte zu verraten. Auf diese Weise behalten sie den Überblick auf ihre Beute. Dieses Verhalten ist sehr wichtig, denn das Leben im Geäst und in den lichten Wäldern ist sehr gefährlich, da die Chamäleons bei vielen Vogelarten, besonders bei den grossen Raubvögeln, auf dem Speisezettel stehen. Neben den Vögeln gehören auch die Schlangen zu den gefährlichen Fressfeinden dieser Reptilien. Tarnung durch Färbung und Verhalten ist für Chamäleons also lebenswichtig.

Die nächste Anpassung an diesen Lebensraum stellt die Schleuderzunge dar. Wenn das Chamäleon sein Beutetier sieht, schleicht er sich unmerklich und im Schneckentempo an und schiesst seine lange und klebrige Zunge gegen die Beute und kann sie so fangen. Die erfolgreiche Jagd spielt sich im Bruchteil einer Sekunde ab, sodass sie für das menschliche Auge kaum zu verfolgen ist.

Alle Chamäleons sind tagaktiv und ernähren sich hauptsächlich von Insekten, wie Heuschrecken und anderen Kleintieren. Auf Beutejagd bewegen sie sich mit pendelnden Bewegungen, die dem Schwanken eines Blattes sehr ähnlich sind und so können sie sich hervorragend vor ihren gefährlichen Feinden wie den Raubvögeln oder Raubtieren schützen. Sie sind sehr scheu und bei Annäherung eines Menschen drehen sie sich auf die andere Seite des Astes, um nicht aufzufallen und sie aktivieren gleichzeitig ihre Tarnfärbung.

Diese “Meister der Tarnung“ verbringen ihren Tag als “Lauerjäger“ auf ihrem Lieblingsast. Trotz auffallender Färbung gehört aber schon etwas Übung und Glück dazu, Chamäleons in der freien Natur auszumachen. Sie können sich schnell ihrer natürlichen Umgebung anpassen, so dass es nur selten oder nur dem geübten Augen gelingt, die Chamäleons im Laub und Geäst und die Brookesia am Boden zwischen den faulenden braunen Blättern auszumachen. Diese hervorragend getarnten Reptilien sieht man meistens nachts im Schein der Taschenlampe. Aber die geübten Augen der Lokalführer in den Reservaten und Parks können sie auch problemlos tagsüber entdecken.

Sieht man die prächtigen Chamäleons, müsste man meinen, dass diese Tiere überall sofort auffallen. Dies ist aber nicht der Fall. Ihre bunte Färbung sorgt für eine perfekte Auflösung der Konturen im Habitat. Der Farbwechsel dient nicht nur der Anpassung an die Umgebung, sondern die Chamäleons drücken auf diese Weise auch ihre Stimmung aus. Je nach Erregungszustand (Wohlbefinden, Krankheit, Angst usw.…) können sie schnell ihre Farben wechseln, bei Stress werden sie meistens dunkel. Diese Färbung hat auch eine weitere wichtige Bedeutung und zwar als “optische Sprache“, denn sie können ihre Färbung innerhalb von Sekunden stark abdunkeln, wenn sie sich ärgern, wenn beispielsweise zwei Einzelgänger sich zufällig begegnen. Die Erdchamäleons bzw. die Brookesia sind nicht zum Farbwechsel befähigt, sie zeigen den ganzen Tag eine dunkle, matte Färbung, meistens dunkelbraun wie die getrockneten Blätter.

Wie oben beschrieben besitzen die Chamäleons die Fähigkeiten, die beiden Augen unabhängig voneinander nach hinten, seitlich und nach vorne zu richten. Diese einmaligen Eigenschaften betrachten die Madagassen als Symbol für die Eigenheit von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. So gibt es ein madagassisches Sprichwort: „Machen Sie es wie das Chamäleon, mit einem Auge in die Vergangenheit blicken und mit dem anderen Auge in die Zukunft schauen“.

Die Chamäleons tarnen sich auch durch die Art ihrer Fortbewegung, sie setzen bedächtig einen Fuss vor den anderen und schaukeln vor und zurück wie die Bewegung der Blätter im Wind, dieses sogenannte Windschaukeln lässt sich besonders gut beobachten, wenn die Tiere eine Strasse oder Piste langsam überqueren. Sprichwörtlich ist das Chamäleon ein Begriff für eine “positive“ Personen geworden, die es versteht, sich in der Gesellschaft immer gut anzupassen.

Auch in der Mythologie und in den Legenden der Madagassen spielen diese Reptilien eine bedeutende Rolle. So gelten sie in einigen Regionen als Glücksbringer und in anderen Gegenden betrachten die Einheimischen sie als Unglücksboten, bei einer Volksgruppe sieht man in ihnen der Sitz der Seelen der Verstorbenen.

Wer Chamäleons oder andere Reptilien in der Natur beobachten möchte, dem sei ein Besuch in einem Regenwaldreservat und Nationalpark wie Andasibe oder Ranomafana empfohlen. Hier sind viele Reptilienarten vertreten, darunter die bizarren Plattschwanzgeckos (Gattung Uroplatus), die hellgrünen Tagesgeckos (Gattung Phelsuma), einige Arten Chamäleons wie der Calumna brevicornis. Die geübten Augen der Lokalführer erkennen diese Chamäleons auch nachts mit einer starken Taschenlampe, wenn sie schlafend auf kleinen Ästen sitzen.

Grosse Chancen, Chamäleons zu finden hat man auch auf der Parfüminsel Nosy Be. Die Pantherchamäleons (Furcifer pardalis) mit den schönen türkisgrünen leuchtenden Farben suchen gerne ihre Beute auf den Ylang Ylang-Bäumen. Die Weibchen dieser Arten sind kleiner und unscheinbarer und zeigen sich oft in grauen oder orangeroten Farbtönen. Trotz grosser Fortschritte in den letzten Jahren ist anzunehmen, dass noch neue Chamäleonarten von den Wissenschaftlern und Biologen in den Urwäldern, Bergen und Savannenlandschaft auf ihre Entdeckung warten.

Juni 2021, geschrieben von Bodo, PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker www.madagaskarhaus.ch

Ampanihy

2420 – Ampanihy

Das Kleinstädtchen Ampanihy liegt knapp 300 Kilometer von der Hafenstadt Tulear entfernt.

 

Der Landweg auf der Nationalstrasse Nr 10 ab der Abzweigung Andranovory bis Ampanihy ist überwiegend eine schlechte Piste mit Schlaglöchern. Belohnt werden die Strapazen aber durch eine ursprüngliche und einzigartige Vegetation im extremen südwestlichen Teil Madagaskars.

 In dieser Zone im Südwesten von Madagaskar leben drei verschiedene Bevölkerungsgruppen. Zuerst die „Mahafaly“-Ethnie oder die „Glücklichen“, dann die „Antanosy“, wörtlich übersetzt „die von der Insel“ und letztendlich die „Antandroy“ (die „Dornenmenschen“).

Diese drei Volksgruppen leiden unter der Trockenheit fast das ganze Jahr durch, besonders während der extremen Dürrezeit zwischen August bis November. Während dieser Periode müssen die Leute oft ihre Siedlungen verlassen, um in anderen Gebieten nach Wasser und Nahrungsmitteln zu suchen.

Die Landschaft besteht aus Dornenbusch mit Euphorbien, Aloen und Opuntien, teilweise ziehen sich weite Grassavannen bis zum Horizont. Nur hier und dort wirken grosse Tamarindenbäume und spektakuläre Baobabs wie Stecknadeln in der Landschaft.

Zwischen dem Verwaltungszentrum Betioky („wo es sehr windig ist“) und dem grossen Dorf Ejeda befinden sich die eindrucksvollen Grabstätten der Mahafaly-Volksgruppe. Diese Ethnie ist für ihre auffallende Grabmalkunst mit den geschnitzten Grabstelen („Aloalo“) und Holzfiguren sehr bekannt. Die „Aloalo“ sind kunstvoll geschnitzte Holzfiguren und Pfähle, die die Gräber der im Süden lebenden Volkstämme schmücken und das Leben der Verstorbenen darstellen.

Bei der Zeremonie einer Beerdigung werden viele Zebus zu Ehren des Verstorbenen geopfert und die Hörner der geschlachteten Tiere werden auf das Steingrab gelegt. Diese Dekoration zeigt den Reichtum, das Ansehen und den Status des Verstorbenen.

Bei der Weiterfahrt auf der RN 10 erreicht man das heutige Etappenziel Ampanihy („wo es viele Fledermäuse gibt“). Während der Autofahrt fällt die karge Buschlandschaft dieser Region auf. Auch hier leiden die meist sehr armen Landbewohner unter Trockenheit und Mangelernährung.

Ampanihy liegt auf 275 m ü. M. inmitten einer flachen, buschbestandenen Landschaft. Die Umgebung lässt etwas Landwirtschaft zu und insbesondere auch Viehhaltung. So war die Zone um Ampanihy immer mehr bevölkert als der Küstenstreifen. Dort, in Androka, erstellten die Kolonialfranzosen 1901 einen Militärposten und gleichzeitig das Zentrum für den Verwaltungskreis Mahafaly. Doch wenige Jahre später wurde die Verwaltung nach Ampanihy verlegt. Das damalige Dorf Androka ist heute verschwunden und das neue Dorf Androka am Trockenfluss Linta ist eine unbedeutende Siedlung, deren Bevölkerung von Fischfang, etwas Landwirtschaft und Viehhaltung nur knapp überlebt.

Ampanihy hingegen entwickelte sich zum Regionalzentrum einer Bevölkerung, die von extensiver Viehzucht lebt und auf kleinen Äckern trockenheitsresistente Pflanzen anbaut. Dazu gehören Maniok, Süsskartoffeln und Mais, zudem Linsen, Niébé (Augenbohnen) und Bambara-Erdnüsse.

Bekannt ist Ampanihy durch die Halbedelsteinminen ausserhalb des Dorfes. Weit berühmter hingegen ist Ampanihy für die Verarbeitung der Mohair-Wolle zu Teppichen. Dieses Handwerk ist Segen und Stolz der hier lebenden Menschen. Aus der schönen, weichen Wolle der hier gezüchteten langhaarigen Ziegen werden sorgfältig sehr begehrte Teppiche gewebt.

Einzelne Exemplare der Ziegenrasse Angora wurden bereits 1897 in Madagaskar eingeführt. Doch erst ein französischer Kolonialveterinär initiierte den 1930er Jahren den erneuten Import von Mohair-Ziegen. Aus der kleinen Herde aus Namibia und Kenya entwickelte sich eine Züchtung, die in den ariden Zonen um Ampanihy überleben konnte. Zu den besten Zeiten weideten um die 200‘000 Mohair-Ziegen in den Regionen von Ampanihy, Edjeda und Betioky. Ampanihy wurde zum Mohair-Zentrum durch die jährlich stattfindende Mohair-Leistungsschau. Die Produktion der Wolle wurde zur Haupteinnahmequelle vieler Antanosy- und Antandroy-Ziegenzüchter. In Ampanihy entwickelte sich eine Familientradition des Teppichknüpfens, die zu Spitzenjahren bis 15 Tonnen Wolle verarbeitete. Mohair-Teppiche wurden zum Luxusprodukt und sicherten Dutzenden Weberinnen ein Einkommen.

Die Wolle wird mit reinen Pflanzenfarben gefärbt, z.B. aus den roten Aloeblüten. Die pflanzliche Farbe stammt von einem lokalen Baum namens „Tanga“, zugemischt werden Pflanzensäfte von Sukkulenten, die endemisch in dieser Region sind. Die Herstellung dieser handgeknüpften Webteppiche dauert Wochen bis Monate, je nach Grösse der Bestellungen.

Heutzutage werden nach wie vor Teppiche in Ampanihy geknüpft. Von Hand und auf vertikalen Webstühlen. Doch die Angora-Ziegenrasse ist kaum mehr rein, es werden zuweilen andere Materialien eingeknüpft und der Trend zum Teppich hat generell abgenommen. Zudem ist die früher treibende Kraft, eine Coopérative namens „maison de Mohair“ seit langer Zeit en panne. Die verbleibenden Produzentinnen versuchen, ihre Teppiche mit modernen Mustern attraktiver zu machen. Andere verbleiben bei den traditionellen „Aloalo“-Stelen, weil sie an eine Kundschaft glauben, die typisch und regionale Kultur schätzt.

Heute erinnert in Ampanihy noch ein Restaurant namens „Angora“ an die grosse Zeit der Ziegenwolle. Es ist das einzige Restaurant am Ort. Das früher weit bekanntere „Relais d’Ampanihy“ ist zerfallen. Im Schatten seiner Ruinen liegen Ziegen.

August, geschrieben von Bodo, PRIORI Antananarivo

Umgebung von Antananarivo

1011 – Umgebung von Antananarivo

Die Hauptstadt Antananarivo, kurz Tana genannt, ist ein guter Ausgangspunkt für viele interessante Tagesausflüge in die Vororte.


Die Stadt ist von 12 Königshügeln des Merina-Volkstammes wie der Rova von Ambohimanga und Ambohidratrimo umgeben. Östlich der Hauptstadt auf der RN 2 ist der Besuch des Mandraka Parks und des Exotik Parks in Marozevo sehr lohnenswert. Auch ein Tagesausflug zum privaten Lemurs Park westlich der Hauptstadt steht oft auf dem Reiseprogramm von Tierliebhabern.

Die Rova von Ambohimanga, die ehemalige Sommerresidenz der Könige, liegt 21 km nordöstlich vom Stadtzentrum und steht inzwischen auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes. Schon allein der dortige Ausblick auf die Ebene von Antananarivo lohnt sich für einen Abstecher. Das Königreich war damals mit dichtem Urwald und üppiger Vegetation bedeckt, darum der Name Ambohimanga oder “der Blaue Hügel“. Blau gilt bei den Madagassen auch als die Farbe der Schönheit.

Markenzeichen der Rova von Ambohimanga ist das Stadttor mit der mannshohen und schweren Steinscheibe, die jeden Abend von vielen kräftigen Wächtern vor das Tor gerollt wurde. Zwei der sieben glatt geschliffenen Steinplatten sind noch erhalten und gehören zu den Sehenswürdigkeiten dieses heiligen Ortes.

Die dicke und hohe Festungsmauer rund um den Palast wurde aus Lehm gebaut. Eingemischte Eier machten den Lehm hart wie Beton. Das Wohnhaus des Königs, das Sommerschloss der Königinnen, der Opferplatz sowie die Badebecken sind gut erhalten und teilweise auch restauriert. Wenn die Besucher über die imposante Treppe emporsteigen, kommen sie an einem majestätischen Feigenbaum vor dem Eingang der Rova vorbei. Dieser Baum ist ein stummer Zeuge der grandiosen Festlichkeiten, die zu royalen Zeiten vor zweihundert Jahren auf dem Versammlungsplatz stattfanden. Vom Aussichtspunkt aus geniesst man eine wunderschöne und grandiose Aussicht auf die umliegende Landschaft mit den Lehmziegelbauten und den typischen braunroten Hochlandhäusern. Es lässt sich leicht nachvollziehen, warum die Könige im 16. Jahrhundert diesen herrlichen Platz als Zentrum ihres Reiches auswählten.

Der Besuch des privaten Lemurenreservates Lemurs‘ Park, 22 km westlich des Stadtzentrums an der Nationalstrasse Nummer 1 Richtung Ampefy, ist ebenfalls einen Besuch wert. Diese private Naturanlage von rund 5 ha Grösse liegt am Katsaoka-Fluss und gehört zu den beliebten Ausflugsorten ausserhalb der Stadt, sowohl für Reisende als auch für Madagassen. Die Lemuren sind die bekanntesten Vertreter der madagassischen Tierwelt. Einige Arten wie die tagaktiven Varis (Varecia), die Bambuslemuren, Larvensifakas, die Kattas und andere Lemurenarten werden hier gezüchtet. Sie tummeln sich im Freien auf dem grossen Gelände. Der Plan ist, den Nachwuchs dieser Lemuren wieder in seine natürliche Umgebung oder in Nationalparks auszuwildern. Auch einige Reptilien wie die schön gezeichneten Strahlschildkröten und endemische (nicht giftige) Würgeschlangen sind hier ebenfalls zu finden.

Der Park nimmt auch an Wiederaufforstungen des Waldes teil und  pflanzt regelmässig endemische Baumarten zur Erhaltung der Natur. Eine Wanderung durch das Gelände dieses privaten Reservats ergibt einen schönen Überblick über die Vielfalt der Pflanzenwelt Madagaskars. Hier wachsen auch vielfältige Sukkulentenpflanzen wie Miniaturausgaben der endemischen Baobabs. Dazu gehören die Pachypodien oder „die Dickfusspflanzen“, die Euphorbien oder Wolfsmilchgewächse, die Kalanchoe oder die Dickblattgewächse und die Aloen.

Lemurs’s Park engagiert sich auch in pädagogischer Hinsicht, denn die lokalen Führer geben den Schülern in öffentlichen und privaten Grund- und Realschulen Naturkundeunterricht. Dabei sensibilisieren sie die Kinder für die Bedeutung des Naturschutzes in Madagaskar.

Ein interessantes Ausflugsziel für naturinteressierte Reisende ist der schöne Naherholungsort und Freizeitpark „Mandraka Park“ an der Grenze zwischen dem Hochland und dem östlichen Regenwald. Dieser private Park, gegründet im Jahre 2000, liegt rund 60 km von der Hauptstadt entfernt am Mangoro-Fluss. Auf rund 100 ha Fläche finden sich abwechslungsreiche Angebote wie Kletterpark, Seilbahnen und natürlich verschiedene Wanderwege durch die hügeligen Regionen. Der ursprüngliche dichte Urwald ist hier einer sekundären Vegetation aus verschiedenen fremden und endemischen Bäumen gewichen. Geboten werden auch Unterkunftsmöglichkeiten mit Restaurant und Campingplatz.

Der Exotic Park in Marozevo, rund 10 km weiter, ist ein wichtiger Zwischenstopp für Biologen und Tierliebhaber. Der französische Forscher und Biologe Andre Peyrieras gründete diesen Park ursprünglich als Schmetterlings- und Nachtfalterpark. Heute bietet dieser private Park den Besuchern eine gute Gelegenheit, die Vielfalt der madagassischen Reptilien wie Geckos, Chamäleons, Eidechsen, Schlangen und Krokodile, aber auch einige Exemplare der endemischen Amphibien- und Insektenwelt kennen zu lernen.

Nordwestlich des Stadtzentrums auf der Nationalstrasse Nummer 4 liegt der heilige Hügel von Ambohidratrimo, wörtlich übersetzt bedeutet dies „der Hügel von Ratrimo“. Dieser war ein berühmter und geschätzter König des Merina-Landes. Ein Ausflug zu diesem Vorort auf rund 1352 m über dem Meeresspiegel ist lohnenswert. Heutige Besucher schätzen die herrliche Aussicht über den Norden der Hauptstadt, über die umgebenden grünen Reisfelder und die weiten Ebenen rund um das Stadtzentrum. Madagassische Besucher kommen eher in Ehrfurcht und um den Ahnen zu opfern. Eine Steinstele gilt als Heilmittel für unfruchtbare Frauen.

Die aus Holz erbauten Häuschen, in denen auch eine Wahrsagerin wohnte, sind vor vielen Jahren zwar Opfer von Brandstiftung geworden. Doch der Lokalführer erzählt gern von den geschichtsträchtigen Grabstätten der Könige im Hochland im 18. und 19. Jahrhundert. Hier auf dem Hügel von Ambohidratrimo lebte die erste Frau des berühmten Merina-Königs Andrianampoinimerina. Sie war auch die zukünftige Mutter seines Sohnes Radama I.

Dieser Ort gilt noch heute als heilig und hat immer noch eine sehr starke spirituelle Bedeutung für die Madagassen. Reste von Tierblut, Honig, Rum und Wachs, die für animistische Opferriten verwendet wurden, sind noch zu sehen und es ist „fady“ (tabu), Schweinfleisch und Zwiebeln mitzubringen.

Ein Tagesausflug nach Talata Volonondry, 20 km nördlich von Antananarivo, geht über eine typische Hochland-Landschaft mit sanften Hügeln und Reisefeldern in den Tälern. Die Kleinstadt Talata Volonondry ist landesweit bekannt für ihre madagassische Kuchenspezialität: „Koba Ravina“: dies ist ein Kuchen aus Reismehl, gefüllt mit gesüssten Erdnüssen. Dieser geschmackintensive und sehr nahrhafte Snack wird mit Bananenblättern umwickelt. Am besten schmeckt dieser Kuchen lauwarm und wird auch auf der Insel als Dessert serviert. Diese Kuchen sehen aus wie lange Brotlaibe und sind von brauner Farbe. Sie werden auf kleinen Verkaufstischen angeboten, wobei der Verkäufer für den Kunden jeweils – wie bei Brot – eine Scheibe abschneidet und auf einem Stück Zeitungspapier serviert.

Der Markttag findet hier jeden Dienstag statt (talata bedeutet auf madagassisch dienstags), daraus ist der Name Talata Volonondry entstanden. Dieses grosse Dorf ist auch sehr bekannt für die Herstellung der selbstgemachten Würste aus Schweinefleisch gemischt mit Kartoffeln. Die Ausflügler aus Antananarivo fahren sehr gern hierher, um die frischen landwirtschaftlichen Produkte des Landes einzukaufen.

Die Stadt Antananarivo liegt im Zentrum eines royalen Netzes, das aus ehemaligen Merina-Fürstentümern (oder Königstümern) besteht. Jedes dieser früheren Machtzentren wurde vor etwas über 200 Jahren vom dominanten König Andrianampoinimerina aufgesogen und in sein expandierendes Reich integriert. Seit er sich auf dem Hügel Analamanga (heutiges Antananarivo) niedergelassen hatte, wurde dieser Hügel zum dominanten Punkt, quasi zum Zentrum der Merina-Welt. Und das ist Antananarivo ja heute noch.

Die zwölf heiligen Hügel in und rund um Antananarivo sind heute noch von historischer und kultureller Bedeutung für die Hochlandbewohner der Merina.

  1. Der Hügel von Analamanga (oder der blaue Wald). Er wird gekrönt vom Königspalast von Antananarivo, der auf dem höchsten Hügel der Stadt thront (ca.1‘430 m ü. M.). Dieser steinerne Bau mit seinen vier Türmen wurde vom französischen Architekt Jean Laborde im Jahre 1838/39 im Auftrag der Königin Ranavalona I errichtet.
  2. Der Hügel von Ambohimanga (oder der blaue Hügel). Diese Sommerresidenz der ehemaligen Könige und Königinnen wurde nördlich von Analamanga (Antananarivo) eirichtet. Das originale Eingangstor gebaut mit einem riesigen rundlichen Stein steht immer noch am Fuss des Hügels. Heute steht der Königspalst unter dem Schutz der UNESCO und wurde 2001 zum Weltkulturerbe erklärt. Hier befand sich das ursprüngliche Machtzentrum von Andrianampoinimeria, einem Zeitgenossen von Napoleon.
  3. Der Hügel von Ilafy oder Ambohitrakanga (der Hügel mit Perlhühnern) ist die einstige Residenz von König Radama II. In dem kleinen Museum stehen noch ein paar Exemplare der Gegenstände des alltäglichen Lebens während der Königszeit. Hier stand damals auch die erste madagassische Waffenfabrik für die Adligen.
  4. Der Hügel von Ambohidratrimo (Hügel vom König Ratrimo) liegt an der Abzweigung der Nationalstrasse 4 Richtung Mahajanga. Auf diesem Hügel stehen immer noch ein paar Königsgräber. Allein der atemberaubende Panoramablick rund um die Hauptstadt lohnt einen Abstecher.
  5. Der Hügel von Antsahadinta liegt 17 km südwestlich der Hauptstadt. Hier befinden sich auch ein paar Königsgräber und ein kleines Museum. Die Täler rund um diesen Hügel waren damals mit dichtem Wald bewachsen, auch mit vielen Blutegeln. Daraus entstand der Name „im Tal der Blutegel“.
  6. Der Hügel von Alasora (der Wald mit Igel) liegt im Südosten von Analamanga und gilt als das älteste Dorf im Merina-Königreich. Die schönen Verteidigungsgräben rund um die Stadt sowie das grosse Tor mit den Steinscheiben gehören zu den historischen Sehenswürdigkeiten. Hier fanden während der Königszeit das erste Zebuopfer und das damit verbundene traditionelle Gemeinschaftsessen statt.
  7. Der Hügel von Ambohitrabiby (der Hügel von Rabiby) liegt rund 20 km nördlich von Antananarivo auf der Nationalstrasse Nr 3 Richtung Anjozorobe. Rabiby war ein berühmter Schamane und Astrologe in diesem Dorf. In diesem Imerina-Königreich herrschte gegen 1600 der König Ralambo, dieser erlaubte in seinem Königreich den Verzehr von Rindfleisch erstmals als „legal‘.
  8. Der Hügel von Antongona liegt auf die Nationalstrasse Nr 1 Richtung Ampefy. Eine kurze Wanderung über die Felsen und ein spiralförmiger Pfad führen zu den gut erhaltenen Befestigungsanlagen. Oben stehen die beiden eindrucksvollen Zwillingsfelsen und die beiden Wohnhäuser (auch als kleines Museum), die heute die „Rova“ darstellen. Sie wurden in der Nähe der Königsgräber errichtet.
  9. Der Hügel von Kaloy ist der Geburtsort der beiden legendären Könige Andrianampoinimerina und Ralambo. Eine Schotterpiste führt vom grossen Dorf Talata Volonondry rund 18 km zum Dorf Ambohimanga. Der Hügel erhebt sich auf etwa 1‘600 Meter über dem Meeresspiegel.
  10. Der Hügel von Ambohimanambola (wörtlich übersetzt das Dorf mit Schätzen). In diesem Dorf hat der König Andrianampoinimerina seine von Zauberern und Schamanen hergestellten Hilfsmittel und Reliquien der Königsfamilie (genannt Kelimalaza) aufbewahrt. Diese wurden in einer Schachtel zusammen mit seinen wertvollen Juwelen und Geldmünzen gut versteckt.
  11. Der Hügel von Ampandrana. Bei der Merina-Bevölkerungsgruppe gab damals drei Kastensysteme mit den Andriana oder den Adligen (Nachfahren der Könige), den Hova oder Bürgerlichen bzw. den freien Männern und den Andevo (Sklaven). In dieser Region von Ampandrana durften damals die ersten Hova-Könige herrschen.
  12. Der Hügel von Ambohimalaza wurde ebenfalls vom berühmten König Ralambo genutzt. Hier fand damals jedes Jahr das königliche Bad oder „fandroana“ statt. In diesem Dorf wurde auch das erste Viehopfer dargebracht.

August 2021, geschrieben von Bodo, PRIORI Antananarivo

Faux Cap und Lavanono

2410 – Faux Cap und Lavanono

An einem sandigen Küstenabschnitt 30 km südlich der Stadt Tsihombe liegt das Fischerdorf „Faux Cap“ oder Betanty auf madagassisch.


Vor rund 500 Jahren täuschten sich die portugiesischen Seefahrer in ihren Berechnungen, als sie diese Region als Madagaskars
südlichsten Punkt deklarierten. Tatsächlich stellte sich heraus, dass das wenig westlich davon gelegene Cap Sainte Marie die Südspitze der grossen Insel darstellt. Daher entstand für Betanty die französische Bezeichnung „Faux Cap“ („das falsche Kap“). Die hohe Steilküste, die dauernden starken Winde und die faszinierende Landschaft mit der verkrüppelten Vegetation, sowie der einsame Leuchtturm von Cap Sainte Marie bringen Besucher immer wieder zum Staunen.

Das Kleinstädtchen Tsihombe liegt an der Grenze des Dornenlandes der Leute der Antandroy. Die Sandpiste zwischen Tsihombe und Faux Cap ist während der Trockenzeit gut befahrbar. Sie wird von grünen Sisalgewächsen und imposanten Baobabs gesäumt. Auffallend sind natürlich auch die Antandroy-Gräber in dieser einzigartigen Landschaft am Rand der Piste. Die bescheidenen Unterkünfte in den wenigen Siedlungen der Antandroy sind mit den einfachsten Baumaterialen der Umgebung gebaut. Wasser oder eher, der Mangel an Wasser ist das grosse Thema der Region.

Das abgelegene Fischerdorf Faux Cap ist glücklicherweise noch immer vom Massentourismus bewahrt. Dieses Dorf besteht aus nicht viel mehr als ein paar kleinen Strohhütten. Das Dorf liegt an einer abgeschirmten Bucht mit feinem und menschenleerem Sandstrand. In dem Sandablagerungen finden sich auch heute noch Eierschalen des wohl erst vor 500 Jahren ausgestorbenen Vogel Rocks (auch Elefantenvogel oder Aepyornis maximus genannt). Bei der Wanderung über die menschenleeren Dünen sind immer mal wieder Stücke dieser dicken Eierschalen zu finden. Gleich am Strand kämpfen die gewaltigen Wogen des Meeres gegen die Felsen des Landes.

In diesem abgelegenen Ort haben Besucher auch Gelegenheit, die traditionelle Lebensweise der Fischer kennen zu lernen. Ebenso sind die riesigen Buckelwale aus der Antarktis zu beobachten, die während des Südwinters zwischen Juli und September an dieser Küste vorbeiziehen. Es ist ein unvergessliches und eindrucksvolles Naturschauspiel, wenn diese Meeresriesen einen kräftigen Strahl ausblasen und ihre lauten Rufe erinnern an die Laute von muhenden Kühen. Zuweilen tanzen auch graublau schimmernde Delphine in leichtem Spiel über die Wellen.

Die nahe gelegene Südspitze Madagaskars, das Cap Sainte-Marie (Tanjona Vohimena), liegt zwei Dutzend Kilometer westlich von Faux Cap. Der Besuch ist lohnend, denn die Zone rund um Cap Sainte Marie ist ein Naturreservat, rauh und karg zwar, aber von seltenen Pflanzen bestanden. Eindrucksvoll auch die herrliche Landschaft, aber auch das stetig tosende Meer. Hier wehen die Winde das ganze Jahr über und ohne Unterlass. So sehr, dass die niederen Bäume ihre Stämme wie krumme Rücken vom Wind wegdrehen. In sonderbarer Weise erinnert diese Mikrolandschaft an Tundra und Lappland.

Die Südspitze Madagaskars wird von einem 18 Meter hohen Leuchtturm bewacht. Unter dem auf einer dramatischen Klippe erbauten Leuchtturm teilt sich das Meer: im Osten der Indische Ozean, im Westen der Kanal von Mozambique. Der 1971 gebaute Backstein-Beton-Turm ist bemannt und erfüllt bis heute eine wichtige Funktion. Alle zehn Sekunden sendet er einen Lichtblitz hinaus in die stürmische See. Trotzdem zerschellt alle paar Jahre ein verirrtes Schiff an diesen Klippen. Die stillen Katastrophen – oft begleitet von Ölverschmutzungen – werden von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Die windige Welt von Cap Sainte Marie liegt 800 km Luftlinie von der Hauptstadt Antananarivo entfernt und auf dem Strassenweg ist es fast doppelt so weit.

Interessant, dass genau dieser Leuchtturm es 2010 als Sujet auf eine Briefmarke der Komoren schaffte. Das Thema der Serie war „Leuchttürme und Vögel“.

Der Leuchtturm liegt im Naturschutzgebiet Cap Sainte Marie. Hier gedeiht an der hohen, zerklüfteten Steilküste eine verkrüppelte Dornenvegetationen, deren Wuchshöhe – infolge der steten Südwinde – einen Meter kaum überschreitet. Das Naturreservat Cap Sainte Marie erstreckt sich über eine Fläche von rund 1750 ha und wurde im Jahr 1962 als Sonderreservat klassifiziert.

Dieses Schutzgebiet liegt zwischen 100 bis 200 m über dem Meeresspiegel und hier gedeihen auch endemische Sukkulenten wie die Dickblattpflanzen, die Malvengewächse und die seltenen „Euphorbia cap-saintemariensis“, die nur gerade hier an diesem südlichen Ende von Madagaskar zu finden ist. Diese Euphorbienart wurde vom berühmten deutschen Pflanzenforscher Professor Werner Rauh entdeckt und erstmals beschrieben. Überhaupt wirkt dieses Naturgebiet wie ein wunderschöner Steingarten voller seltsam aussehender Pflanzen. Viele einzigartige Pflanzen in diesem regenarmen Gebiet sind noch nicht klassifiziert und verdienen deswegen einen besonderen Schutz.

Dieses Reservat und ist auch für seine unzähligen Strahlenschildkröten „Astrochelys radiata“ und „Geochelone radiata“ bekannt. Diese endemischen Tiere gehören zu der grössten Attraktion in der Region des südlichsten Punktes von Madagaskar. Im Reservat weg von den Menschensiedlungen konnten diese Reptilien bislang ungestört leben und sich vermehren. Doch leider machen nun auch hier skrupellose Reptiliensammler Jagd auf junge Schildkröten, um sie illegal zu exportieren.

Die schwierige Autofahrt in diese entlegene Gegend wird durch die Schönheit der faszinierenden Gartenwelt entschädigt. Botaniker, Naturfreunde und Fotografen kommen wirklich auf Ihre Kosten.

Bei der Weiterfahrt Richtung Westen erstreckt sich eine völlige flache Landschaft mit Kakteen, Schildkröten am Rand der Sandpiste, ab und zu staunende Kinder, die immer freundlich zuwinken. Nicht weit von der Südspitze Madagaskars entfernt liegt an einer langgezogenen Bucht das idyllische Fischerdorf Lavanono. Auch dies ein kleines Naturparadies.

Lavanono bedeutet wörtlich übersetzt „lange Brust“, wegen seiner rund 100 Meter hohen und weitläufigen Felsenklippe in seinem Rücken. Dieses Felsenband bildete im 17. Jahrhundert ein wichtiger Orientierungspunkt für die portugiesischen und französischen Seefahrer.

Dieses authentische Fischerdorf, etwa dreissig Kilometer von Cap Sainte Marie entfernt, gehört ebenfalls zur Region Androy, „dem Land der Dornen“. Das kleine Dorf liegt an einer kilometerlangen Lagune, deren feinsandiger, vom Massentourismus verschonter Strand zum Entspannen und Müssiggang einlädt.

Jedoch kommen junge Leute aus aller Welt hierher, denn Lavanono gehört zu den schönsten Surfspots in Madagaskar, ja der ganzen Welt. Die grossen und gewaltigen Wellen üben eine magische Anziehungskraft auf die Surfer-Gemeinde aus. Es gibt vor Ort zwar keine richtige Infrastruktur für die Ausübung dieses Sports, das hält aber die Sportbegeisterten nicht davon ab, mit der erforderlichen Ausrüstung über beschwerliche Sandpisten aus Tulear oder Fort Dauphin anzureisen.

Das Hinterland besteht aus einem Sedimentgestein, das im Laufe der geologischen Geschichte eine Hochebene gebildet hat, die mit einer Klippe endet, an deren Fuss sich das Dorf Lavanono befindet. Der Kontrast des Hinterlandes mit dem Sedimentgestein sowie die Küste mit der erstaunlichen landschaftlichen Vielfalt mit dem feinen Sandstrand sind besonders bei Sonnenuntergang faszinierend.

August 2021, geschrieben von Bodo, PRIORI Antananarivo

Famadihana in Madagaskar

Madagaskar ist ein Land reich an Sitten und Gebräuchen. Dazu gehört auch das berühmte „Totenumbettungsfest“, übersetzt „Famadihana“.

Famadihana heisst wörtlich „Wendung der Toten“. Es handelt sich um ein wichtiges Familienfest, besonders bei den Merina und den Betsileo, die hauptsächlich hier im Hochland wohnen.

Die Vorfahren nehmen in Madagaskar eine bedeutende Stellung ein. Bei uns herrscht die Vorstellung, dass man nach dem Tod mit den eigenen Ahnen, die wir Razana nennen, vereint werden und dann gemeinsam über die Lebenden wachen. Die Famadihana verbindet also die Welt der Toten mit jener der Lebenden.

Dieses Fest findet alle 5 bis 7 Jahre statt und zwar in der Winterzeit, also in den Monaten Juli bis September. Dabei werden die Leichname eines oder mehrerer Verstorbenen aus dem Familiengrab geholt und in neue, weisse Leinen- oder Seidentücher (übersetzt „Lambamena“) eingewickelt. Dann werden sie feierlich begleitet von Musikanten und ihren Nachfahren und Verwandten durch das ganze Dorf getragen und den neu geborenen Kindern und der Familie vorgestellt.

Dieses Totenfest dauert 2 bis 3 Tage, je nach dem Vermögen der Familie. An diesem Fest trifft sich die ganze, grosse Familie. Und Freunde und Kollegen werden ebenfalls dazu eingeladen. An diesem Familienfest wird ein richtiges Festmahl offeriert: Jeder Eingeladene bekommt einen grossen Teller Reis serviert mit fettem Zebufleisch, auf madagassisch heisst dieses spezielle Essen “vary be menaka“. Die Männer trinken bei diesem rauschenden Fest gern ausgiebig den selbstgebrannten Rum aus Zuckerrohr oder den “Toaka gasy“.

Sie können während Ihrer Madagaskarreise auch ein Totenfest „live“ besuchen? Wir hier in PRIORI-Madagaskar und unsere Kollegen im Madagaskarhaus in Basel organisieren das gerne.

Herzliche Grüsse aus Madagaskar!

Kapoaka = Masseinheit in Madagaskar

Salama aus Antananarivo,

Wir hier in Madagaskar haben eine Masseinheit, die überall angewendet wird. Sie heisst „Kapoaka“‚ausgesprochen „kapok“.

Mit „Kapoaka“ bezeichnen wir eine leere Dose gesüsster Kondensmilch mit einem Fassungsvermögen von rund 390 Gramm.

Wir Madagassen verwenden diese leeren Kondensmilchdosen sehr gern auf dem Markt, um Lebensmittel zu messen. Also Reis, Linsen, Kaperbsen, Mais, Salz, Zucker, sogar getrocknete Fische und Garnelen. Denn diese Produkte werden auf dem Markt offen verkauft und zwar nach Volumen und nicht nach Gewicht. Daher sind diese Konservendosen als Masseinheiten aus dem Leben nicht mehr wegzudenken.

Reis ist unser Grundnahrungsmittel und unser Pro Kopf Verbrauch liegt bei rund 130 kg pro Jahr. Der „Kapoaka“ ist also das unentbehrliche Werkzeug zum Abmessen von Reis. Ein halber „Kapoaka“ stellt im Allgemeinen die Reisration einer Person für eine Mahlzeit dar.

Viele Familien in Madagaskar, die von der Hand in den Mund leben, können sich leider kein Kilo Reis leisten, sondern nur gerade ein oder zwei „Kapoaka“ pro Tag. Die Faustregel ist, dass ein Kilo Reis dreieinhalb „Kapoaka“ entspricht.

Die Verwendung eines „Kapoaka“ geht auf die Kolonisation zurück. Es waren die Franzosen, die Konserven nach Madagaskar importierten und schnell nutzten die Madagassen die leeren Dosen als immer gleich grosse Masseinheit.

Mit „Kapoaka“ aus Bier- oder Getränkedosen basteln geschickte Handwerker auch schöne Spielzeuge, Automodelle und Fahrräder. Wenn sie diese schönen Produkte aus Recyclingmaterialien entdecken wollen, helfen wir Ihnen gern bei der Planung Ihrer Traumreise in Madagaskar.

Veloma und bis bald auf der Insel !

Trekkingtour durch den Masoala Park

1690 – Trekkingtour durch den Masoala Park

Der Masoala Nationalpark liegt im Nordosten von Madagaskar und ist mit seinen 2100 km² Fläche das grösste Schutzgebiet der Insel. Er ist eine der seltenen Regionen Madagaskars, wo der Wald bis zum Meer reicht.


Die beste Möglichkeit den Nationalpark von Masoala zu erreichen, ist per Flug ab der Hauptstadt Antananarivo. Eine direkte und abenteuerliche Strassenverbindung existiert ab Ambilobe als Ausgangspunkt (ca. 131 km südlich von Diego Suarez oder Antsiranana). Diese Verbindung ist meist eine Piste und führt zu den SAVA Städten (Sambava, Andapa, Vohemar und Antalaha) nördlich der Masoala Halbinsel. Eine zweite Möglichkeit führt über die RN5 ab Tamatave bis Soanierana Ivongo und weiter nach Mananara Avaratra, von dort kommt man nur schwer weiter, so dass die Besucher die letzte Strecke bis Maroantsetra mit dem Motorboot weiterfahren müssen.

Die Halbinsel MASOALA heisst wörtlich übersetzt “Das Auge des Waldes“ und ist ein treffender Name für das faszinierende Juwel der Artenvielfalt an diesem östlichen Punkt Madagaskars. Hier befindet sich einer der unberührtesten Urwälder des Landes, in den man nur mit einem lokalen Reiseführer eindringen darf. Für die Masoala Trekkingtour empfiehlt es sich, einen oder mehrere Träger mitzunehmen. Bei trockenem Wetter (zwischen September und Dezember) und mit sehr guter Kondition sind die Tagesetappen gut zu bewältigen. Bei regnerischem Wetter kann sich der Zeitaufwand verdoppeln.

Der interessante Park auf einer Höhe von 0-800 Meter über dem Meer bietet den Besuchern unterschiedliche Wanderwege für Trekkingtouren an, um den Reichtum von Fauna und Flora zu entdecken. Die Route zur Vanillestadt Antalaha mag die anstrengendste Variante sein, ist aber die abwechslungsreichste und reizvollste. Auf den Tagesetappen muss man je nach Kondition zwischen 6 und 8 Stunden Marschzeit rechnen. Dabei erwartet die Besucher auf dem Marsch durch den Dschungel ständig Nässe, Blutegel und rutschige, schmierige Passagen durch Bäche und Flüsse.

Trekkingtour durch den Masoala Park
Grundsätzlich gibt es die ‘direkte’ Durchquerung zwischen Maroantsetra und Antalaha. Sie führt aber durch bewohnte und erodierte Zonen durch. Die interessantere, aber anstrengendere Route geht von Maroantsetra nach Osten ans Cap Est und dann der Küste entlang nach Antalaha.

In diesem dichten und feuchten Küstenwald von Masoala mit 50% der Biodiversität von ganz Madagaskar kann man verschiedene endemische Tiere dieser ganz besonderen Naturlandschaft in freier Wildbahn beobachten. Hier ist eines der letzten Rückzugsgebiete des Fingertiers (Aye Aye), des Roten Varis (Vareciarubra) oder des Masoala-Gabelstreifenmakis. Seltene Vögel, wie der Madagaskar-Schlangenhabicht (Eutriorchisastur) oder der Helmvanga (Eurycerosprevostii) finden hier noch ihren ansonsten weitgehend zerstörten Lebensraum. Wer genau hinschaut, entdeckt auch die wundersamen Tenreks, Chamäleons verschiedenster Grösse, Frösche, Fische, seltene Schmetterlinge und andere Wirbellose. Die Flora des Masoala-Parks wartet auf mit endemischen Bäumen, wie den Balsambaumgewächsen (Canarium), Rosenholz und Palisander (Dalbergia). In einem Gebiet um Cap Est sind die fleischfressenden Pflanzen (Nepenthes masoalensis) zu finden.

Trekkingtour ab Maroantsetra bis Antalaha
Das Trekking ab dem Kleinstädtchen Maroantsetra nach Antalaha dauert etwa sechs Tage. Von Maroantsetra führt die Trekkingtour erst in einem grossen Einbaum durch ein Gewirr an Flussarmen und Inseln bis zum Ausgangspunkt der mehrtägigen Wanderung. Die ersten zwei Tage führen noch durch Kulturland mit Kaffeeplantagen, Reisfelder oder Vanille-Anpflanzungen. Die erste Übernachtung in Fizoana ist in einer einfachen Hütte einer Familie, die uns auch das Abendessen serviert.

Während der zweiten Etappe durchquert man bereits einige Ausläufer des Regenwaldes und man muss immer wieder kleinere und grössere Wasserläufe durchqueren. Auch die zweite Übernachtung ist in einem einfachen “Hotel“ in Ampokafo.

Nach einem kurzen Aufstieg taucht man jetzt ein in den unendlich scheinenden Urwald. Der Pfad ist schmal, man überklettert umgestürzte Bäume und schlägt sich durchs Dickicht. Blutegel sind die grösste Plage, immer wieder werden kurze Pausen eingelegt, um die Biester von den Hosenstössen oder den Beinen zu entfernen.

Doch – je nach Glück – sind unterschiedliche Tierarten wie Lemuren, Chamäleons, Schlangen, Frösche zu sehen, auch verschiedene Vogelarten wie der endemische Blau-Seidenkuckuck (Coua caerulea), die blaue Taube (Alectroenas madagascariensis), der prächtige Madagaskar Pygmy kingfisher (Ispidina madagascariensis) oder der kleine und flinke Paradiesschnäpper (Terpsiphone mutata).

Trekkingtour durch den Masoala Park
Die Übernachtung erfolgt jetzt im Zelt inmitten des ruhigen Waldes und die Führer und der Koch sind in der Lage, ein schmackhaftes Abendessen mit den verschiedenen frischen Gewürzen der Insel auf offenem Feuer zuzubereiten, was jedes Pfadfinder-Herz erfreuen wird.

Unterwegs sind die Kaskaden des Wasserfalls Bevontsira zu bewundern.

Die Flussüberquerungen werden immer anspruchsvoller, denn die Flüsse werden immer breiter und führen entsprechend mehr Wasser. Bis hüfthoch watet man dann durch den Fluss.

Für die letzte Etappe besteigen wir wiederum einen Einbaum und erreichen in ihm nach einigen Stunden den Küstenort Ambohitralanana. Ab hier führt dann eine Piste nach Antalaha, der “Hauptstadt der Vanille“.

Die interessante Stadt Antalaha mit Markt, Kirche, Strand, dem Hafen, der Vanilleverarbeitung (je nach Saison) und dem privaten Naturhügel «MaColline» sind einen Besuch wert. Ausserdem ist man froh, nach der anstrengenden Wanderung einige Tage ausspannen zu können.
Man kann die Trekkingtour natürlich auch in umgekehrter Richtung machen.

Trekkingtour Maroantsetra – Ambanizana – Ambodiforaha
Diese interessante Trekkingtour mit der Hafenstadt Maroantsetra als Ausgangspunkt führt parallel zur Bucht von Antongil. Nach einer kurzen Boots- oder Pirogenfahrt gelangt man dann zum Privatpark von Farankaraina. Es ist die beste Gelegenheit, um das Fingertier Aye Aye im Privatreservat von Farankaraina zu sehen. Während des Trekkings öffnen sich herrliche Blicke auf den Indischen Ozean. Unterwegs kann man kleine Fischerdörfer besuchen, um die lokale madagassische Lebensweise kennenzulernen. Der Weg ist etwas schwierig und steil; es müssen auch mehrere schlammige Flüsse durchquert werden.

Dabei zeigt der Lokalguide gern die verschiedenen Heilpflanzen in dieser “Regenwald-Apotheke“ der Einheimischen.

Während des Trekkings durch die Dörfer und die Kulturlandschaft ergibt sich auch die Gelegenheit, Nelken-, Kaffee- und Vanillefelder zu besuchen. Das Trekking führt schliesslich am Rand des Masoala-Waldes und des Meeresufers entlang bis zu den Dörfern Ambanizana und Ambodiforaha,

In den Küstengewässern der Masoala-Halbinsel lässt sich beim Tauchen oder Schnorcheln die Meeresflora und -fauna erkunden. In der Regel ist es von Mitte Juni bis Anfang September möglich, in der Bucht von Antongil Buckelwale zu beobachten, die sich dort paaren oder ihre Kälber gebären.

Juli 2021, geschrieben von Michaël, PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker www.madagaskarhaus.ch

Antananarivo

1000 – Antananarivo

Zentrum und Hauptstadt Madagaskars ist Antananarivo. Nach wie vor.


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enivohitra wird die Stadt auch genannt, Bauch der Mutter. Tatsächlich ist Antananarivo eine Stadt, (früher) eine Provinz und kurzum das Zentrum Madagaskars.

Historisch waren die drei Hügel unbedeutend. Doch der junge Lokalfürst Andrianampoinimerina, der auf dem 20 km entfernten Hügel Ambohimanga sass, strebte nach Macht, Einfluss und territorialer Ausdehnung. Das gelang ihm durch Diplomatie, Krieg und Polygamie: er heiratete die Töchter anderer Fürsten. Schliesslich wechselte er seinen Wohnsitz zu den drei blauen Hügeln namens Analamanga. Seither ist Antananarivo das Zentrum der madagassischen Welt.

Auch die Franzosen konnten daran nichts ändern. Der Namensänderung in Tananarive genügte nicht. Kaum war der nationalistische Diktator Ratsiraka an der Macht, änderte er koloniale Ortsnamen und aus Tananarive wurde Antananarivo. Die Bevölkerung nennt den Ort einfach Tana.

Vor hundertfünfzig Jahren bestand die Siedlung und mithin die Hauptstadt des Merina-Reiches aus ein paar Dörfern rings um die Hügelkuppe, auf deren Spitze der Palast stand. Aus den Dörfern wurden heutige Quartiere. Die Stadt ufert mehr denn je aus und frisst sich hinein in die ehemaligen Sümpfe und Reisfelder.

Heute hat Antananarivo drei Millionen Einwohner und zählt man die Agglomeration dazu, sind es eher fünf Millionen. Kolonialfrankreich wollte keine Dezentralisation und den madagassischen Präsidenten gelang es nicht, die zentrale Funktion von Antananarivo zu brechen.

Heutzutage gibt es 23 Regionen statt 6 Provinzen. Es gibt sechs internationale Flughäfen und mehr Universitäten als Finanzierungen. Doch in Antananarivo wird nach wie vor die Geige gespielt.