Archiv der Kategorie: Reiserouten Madagaskar

Interessante Reiserouten durch Madagaskar mit Hintergrundinformationen zu Orten und Landschaften. Geschrieben von unseren PRIORI-MitarbeiterInnen in Antananarivo und redigiert von Peter Elliker

Spezialreservat von Ambohitantely

1710 – Das Spezialreservat von Ambohitantely

Das Spezialreservat von Ambohitantely, rund 140 km nordwestlich der Hauptstadt, ist unser heutiges Reiseziel.

Man sollte sehr früh am Morgen aufbrechen, erstens um dem Verkehrs-Chaos zu entgehen und zweitens um die brütende Hitze auf den schönen Wandertouren durch den Park zu meiden. Eine interessante Entdeckungsreise fernab üblicher Routen!

Zügig geht die Autofahrt von Antananarivo auf der RN4 Richtung Nordwesten. Nach etwa 100 km (ca. 2 Stunden Autofahrtzeit) ab der Hauptstadt gelangt man in die Bezirkshauptstadt Ankazobe, dies bedeutet wörtlich “wo grosse Bäume wachsen“. Dieses Örtchen hat seinen Namen aus jener Zeit, als hier noch ein riesiger Trockenwald das Hochlandes des Westens beherrschte. Von Ankazobe geht die Fahrt 30 km weiter durch den dünn besiedelten Westteil der Insel mit weiten Grasflächen, dann biegt man nach rechts ab bis zur Forststation “Manankazo“. Ein Grossteil der Freiflächen wurde mit Pinien, Eukalyptus, Zypressen und anderen fremden Baumarten aufgeforstet. In vielen Regionen von Madagaskar werden verschiedene Bäume regelmässig auf Eigeninitiative von Gemeinden, von verschiedenen ökologischen Hilfsprojekten und von Madagaskar National Parks während der Regenzeit (zwischen Dezember und März) gepflanzt.

Es ist heiss und ziemlich trocken geworden und neben dem spürbar veränderten Klima fällt auch die sich verändernde Landwirtschaft auf: trockene Weidelandschaften mit weiten und sanft gewellten Grasflächen werden bis zum Reservat von Ambohitantely durchquert. Das Reservat von Ambohitantely bedeutet “der Ort mit Honig“, denn in den Trockenwäldern dieses Spezialreservates wurde früher wilder Honig gesammelt.

Spezialreservat von Ambohitantely
Das etwa 5’600 ha grosse Spezialreservat liegt zwischen 1300 m und 1650 m über dem Meeresspiegel. Eingebettet in die Hügellandschaft des Hochlandes finden wir Steppen und Savannen. Ein Rest von Urwald von etwa 1’800 ha steht unter striktem Naturschutz, denn in diesem ursprünglichen Teil des Trockenwaldes wachsen seltene Orchideen und wertvolle Edelhölzer wie Palisander und Ebenholz und in den tiefer gelegenen Teilen des Reservates gedeihen die endemischen, winterharten Madagaskar Königspalmen “Dypsis decipiens“, typisch in dieser Region. Das Spezialreservat wirkt daher wie eine dunkelgrüne Oase, wo sich die tagaktiven Braunen Lemuren, die nachtaktiven Wollmakis, die scheuen Mausmakis und zahlreiche Vogelarten tummeln.

Tierliebhaber kommen hier im Reservat auf ihre Kosten, denn die ortskundigen Guides führen die Reisenden durch das unerschlossene Gelände und freuen sich, den Besuchern die zahlreichen Reptilien z.B. die gut getarnten Chamäleons zu zeigen.
Insgesamt gibt es über 50 bekannte Chamäleonarten auf Madagaskar, das Wort Chamäleon ist ein griechisches Wort, wörtlich heisst dies “Erd-Löwe“. Die Einheimischen nennen diese Kriechtiere “Tanalahy“ im Hochland oder “Tarondro“ im Norden. Die verschiedenen Arten kommen auch ganz verschieden daher: mal mit kantigem Kopf, mit Helm, mit Nasenlappen oder mit Hörnern auf der Nase.

Von den vielen Reptilien auf der ganzen Insel sind die Chamäleons wohl die beliebtesten, nicht nur wegen der bunten Farben, sondern auch, weil man sie in der Natur leicht beobachten und in die Hand nehmen kann. Diese “Meister der Tarnung“ sind tagaktiv und ernähren sich von Insekten wie Heuschrecken, Fliegen und anderen Kleintieren. Sobald ein Beutetier entdeckt ist, wird es mit beiden Augen angepeilt, dann öffnet sich langsam das Maul und plötzlich schnellt die lange Schleuderzunge hervor. Ein faszinierendes Spektakel, das sich im Bruchteil einer Sekunde abspielt, so dass das menschliche Auge diesem Vorgang nicht folgen kann, es ist auch ziemlich schwierig zu fotografieren.
Die Augen können unabhängig voneinander bewegt werden, so kann beispielweise das linke Auge nach hinten schauen, während das rechte nach vorne starrt. Auf diese Weise behalten die Tiere den Überblick über die Umgebung, auch ohne den Kopf auffällig bewegen zu müssen. Dieses Verhalten ist sehr wichtig, denn das Leben im Geäst ist für sie sehr gefährlich.
Die Einheimischen fürchten diese Tiere und weigern sich, sie anzufassen (ausser der Lokalguide natürlich). Trotzdem sind die Leute von diesen sich unabhängig voneinander bewegenden Augen nach vorne und nach hinten oder nach links und nach rechts fasziniert und haben daraus einen bekannten Spruch gemacht: “Handle wie ein Chamäleon, blicke mit einem Auge in die Vergangenheit und mit dem anderen in die Zukunft“.

Neben der Färbung, die sie sehr gut an ihre Umgebung anpassen können, tarnen sie sich auch durch die Art ihrer Fortbewegung. Meistens setzen sie im Schneckentempo einen Fuss vor den anderen und schaukeln merkwürdig vor und zurück. Dieses Verhalten ist der Bewegung von Ästen und Blätter im Wind sehr ähnlich und erschwert es den Feinden, die Chamäleons zu entdecken. Dieses typische Verhalten der Chamäleons entspricht auch der madagassischen Lebensweise: “Mach es wie das Chamäleon, zwei Schritte vorwärts und einen Schritt zurück“.

Dieses Reptil, das die Eigenschaft hat, ständig die Farben zu wechseln, ist auch ein charakteristisches Merkmal für Leute, die ihr Verhalten, die Laune oder auch die Meinung schnell und häufig wechseln. Deshalb wird dieser einzigartige Charakter der Chamäleons in den madagassischen Sprichwörtern und Reden häufig benutzt.
Die Chamäleons sind meist standorttreu, ein Glück für die lokalen Führer, denn so können sie leicht gefunden werden, meistens in kleinen Gebüschen am Waldrand oder auch in der Nähe von Dorfsiedlungen, wo sie häufig ihr Futter finden können.
Viele fleischfressende Raubvögel gehören leider zu ihren grossen Feinden und neben den Vögeln werden sie oft auch von der Boa, einer Würgeschlange, gefressen.

Das winzige Brookesia wird auch als Stummelschwanzchamäleon oder als Zwergchamäleon bezeichnet. Diese Arten haben keine grosse Farbwechselmöglichkeit, denn sie haben unscheinbare braune Farben. Da sie auf dem Boden unter welkenden Blättern und trockenem Laub leben, sind sie sehr gut getarnt und werden deshalb auch als Erdchamäleons bezeichnet.

Spezialreservat von Ambohitantely
Auch die verschiedenen Geckos gehören zu den attraktiven Tieren in diesem Reservat. Die speziellen Haftzellen an den Fingern und Zehen ermöglicht es ihnen, sich unter Blättern oder an der Zimmerdecke festzuhalten, wo sie stundenlang auf Ihre Beute wie Mücken oder andere kleine Insekten lauern. Der farbenprächtige und tagaktive Phelsuma Madagascariensis hat eine leuchtend grüne Farbe mit blutroten Flecken auf Kopf und Rücken. Sie liegen auf den grossen Blättern oder den Baumstämmen, um sich zu sonnen und lecken den Pflanzensaft verschiedener Baumarten.

Auf einer Abendwanderung durch dieses Naturschutzgebiet kann man viele nachtaktive Tiere entdecken. Berühmt wegen ihrer Seltenheit und ihres Aussehens mit den überdimensionalen Köpfen und den flachen Schwänzen sind die Plattschwanzgeckos (Uroplatus), auch als Flachkopfgecko bekannt. Tatsächlich können sie sich mit ihrem flachen Körper, ihrer Kopfform und mit ihrem blattartigen Schwanz ganz perfekt an die Farben der Baumstämme anpassen. Die graugrünen Blattschwanzgeckos, aber auch die nachtaktiven Lemuren können dank ihren grossen glänzenden Augen mit einer guten Taschenlampe leicht entdeckt werden.


mehr zu PRIORI Reiserouten in unserem Katalog 2021


Die Braunen Lemuren Eulemur Fulvus Rufus streifen in grossen Gruppen von ca. 5 bis 15 Tieren im Wald umher und fressen Blätter, Blüten sowie Früchte des Trockenwaldes.
Sie sind früh am Morgen leicht zu finden, wenn sie von Baum zu Baum springen und auf Futtersuche sind.

Der nachtaktive “Avahi Laniger“ oder Wollmaki ist ein blattfressender Lemur. Im Gegensatz zu den anderen Nachtlemuren schlafen sie als Familiengruppen in Astgabeln. Sie haben einen auffälligen weissen Streifen an der Innenseite der Oberschenkel. Mit einer guten Taschenlampe finden die Lokalguides ihre roten Augen, wenn diese in der Dunkelheit leuchten.

Der braune Mausmaki (Micocebus Rufus) gehört zu den kleinsten Primaten auf der ganzen Welt. Er wiegt maximal 50 gr und misst ca.15 cm einschliesslich des verhältnismässig langen Schwanzes. Die  grossen Augen weisen auf die nächtliche Lebensweise hin und als Nachttiere leben die Mausmaki in Nestern und Baumhöhlen. Sie fressen sowohl Früchte als auch Insekten, mit Vorliebe die wilden Früchte oder die süssen Beeren im Wald. Leider werden ihre Lebensräume mehr und mehr durch menschliche Eingriffe wie Abholzung und Brandrodung zerstört.

Spezialreservat von Ambohitantely
Ambohitantely wurde seit 1996 von Madagaskar Nationalpark als Spezialreservat ausgewiesen und eigentlich ist dieses Reservat mehr für Wissenschaftler und Spezialisten geeignet, aber in Betracht der überschaubaren Grösse und des landschaftlichen Reizes ist es auch für Touristen einen Besuch wert. Dieses Naturschutzgebiet dient auch als Schulungsstätte für Forscher und für Biologie-Studenten.

Jedes der über 50 zugänglichen Naturschutzgebiete Madagaskars hat mehrere Wanderwege und Touren mit unterschiedlicher Dauer und Schwierigkeitsgraden. Sie können gegen Bezahlung einer Eintrittsgebühr besucht werden. Ein lokaler Parkführer muss obligatorisch angeheuert werden, er kennt das Gebiet, die Tiere, die endemische Flora sowie die Medizinpflanzen. Je nach Interesse und Kondition der Reisenden schlägt der Führer den Besuchern verschiedene Rundwege durch das Reservat vor.
Leider verfügt dieses Spezialreservat von Ambohitantely über keinerlei touristische Infrastruktur. Es finden sich lediglich Campingmöglichkeiten, aber die Ausrüstung sowie Proviant und Trinkwasser müssen selbst mitgebracht werden.

Nach dem erlebnisreichen Aufenthalt in diesem Spezialreservat kann man die Reise Richtung Nordwesten zum Nationalpark von Ankarafantsika fortsetzen: Innerhalb dieses dichten Trockenwaldes mit vielen langen Lianen gibt es eine ganze Reihe von gekennzeichneten Wanderwegen, deren Länge und Schwierigkeitsgrade unterschiedlich sind, es ist aber auch ein schönes Naturschutzgebiet – zum Staunen!

Oktober 2020; geschrieben von: Bodo, PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker www.madagaskarhaus.ch

Sainte Marie Tropeninsel

1410 – Sainte Marie (Nosy Boraha)

Eine Reise an die Ostküste (Andasibe, Tamatave) oder an die Nordostküste (Masoala Regenwald) lässt man am besten mit einigen idyllischen und erholsamen Tagen auf dem Inselparadies Sainte Marie ausklingen.

 

Sainte Marie ist per Boot oder Flug erreichbar. Nach einem ca. einstündigen Flug ab der Hauptstadt Antananarivo oder ab der Ostküste per Boot heisst uns die tropische Insel Sainte Marie willkommen. Sie liegt wie ein Ausrufezeichen in Sichtweite vor der mittleren Ostküste Madagaskars.

Das Naturparadies an der Ostküste Madagaskars heisst auf Französisch Sainte Marie oder Nosy Boraha auf Madagassisch und dieser Name ist heute der offizielle madagassische Name. Der Name Boraha ist mit verschiedenen Legenden und mit der Geschichte der Insel verbunden.

Boraha soll vom Namen Ibrahim oder Abraham abstammen, ein arabischer oder jüdischer Seefahrer, der sich gegen Ende des 16. Jahrhunderts mit weiteren Leuten aus seiner Heimat auf der Insel niederliess. Die mündliche Überlieferung erzählt auch von einem Mann namens Boraha, der einst von einem Wal aufs offene Meer getrieben wurde, schliesslich auf der Insel strandete und hier siedelte.

Im lokalen Dialekt wird diese Tropeninsel auch Nosy Mbavy oder “Insel der Frauen“ genannt.

Die Insel bedeckt eine Fläche von ca. 210 km², ist etwa 58 km lang und zwischen einem und knapp 6 km breit. Am Südende der „Hauptinsel“ Sainte Marie schlisst sich die klitzekleine Insel „IIe aux Nattes“ an: auf einer Landkarte wirken beide wie ein Ausrufezeichen.

Landschaftlich hat die Insel einiges zu bieten, ein grünes, tropisches Fleckchen mit üppiger Vegetation und exotischen Früchten, schattenspendenden Kokospalmen, rauschenden Wasserfällen, türkisfarbenen Lagunen, weissen Sandbuchten, endlosen warmen Sandstränden, einem blaugrünen Meer – und nicht zu vergessen: die gastfreundlichen Insulaner! Diese Eigenschaften faszinieren bis heute die Madagaskar-Besucher!

Man braucht nur Augen und Ohren offen zu halten und jeder Reisende kann diese Schatzinsel in vollen Zügen geniessen. Inselfeeling pur.

Seine Pflanzenpracht verdankt Sainte Marie dem Ostenküstenklima mit seinen reichlichen Niederschlägen. Der fruchtbare Boden lässt auch edle Gewürze wie Vanille, Zimt, Gewürznelken und Pfeffer, sowie duftende Orchideen und zahlreiche andere Blüten im Überfluss wachsen. Die wichtigste Einkommensquellen der Inselbewohner sind der Anbau und der Verkauf der Gewürznelken. Wenn man Glück hat, entdeckt man auf einem Sparziergang am Waldweg die seltene Orchideenart Stern von Madagaskar (Angraecum sesquipedale).

Gute Eindrücke vom Inselleben erhält man bei Rundgängen auf schmalen Pfaden über flache Hügel, entlang kleiner Wasserläufe und vorbei an tropischer Pflanzenpracht. Im Inselinneren trifft man die Einheimischen in ihren Palmhütten, auf Reisfeldern oder in Pflanzgärten. Das Motto für den Badeurlaub auf der Insel heisst auf madagassisch “Moramora“, dies bedeutet soviel wie “immer mit der Ruhe“ oder “nimm dir Zeit“ und einfach “geniessen“. Ungeduld ist unhöflich und dies trifft sehr gut den Alltag der Inselbewohner, denn sie haben Zeit im Überfluss. Das Leben läuft entsprechend geruhsam ab. Hier reparieren die Männer die Dächer der blattbedeckten Pfahlhütten, in der Nähe stampfen die Frauen Reis oder Mais, die Grosseltern tauschen auf Strohmatten sitzend Neuigkeiten mit ihren Nachbarn aus und die Kinder spielen miteinander und passen auf ihre kleinen Geschwister auf. Nur bei Sonnenuntergang herrscht ein fast geschäftiges Treiben. Die Fischer machen sich mit Speeren und Netzen auf, um das Abendessen zu fangen und abends vor dem Schlafen gehen, sitzen alle Familienglieder bei Kerzenschein oder am Feuer zusammen.

Das Leben ist recht beschaulich auf dieser Insel. Wenn die Reisenden auf der teilweise geteerten Strasse mit dem Tuk Tuk oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, lässt sich die Insel Stück für Stück erkunden. Die verschiedenen Ausflugziele sind relativ einfach vom Hauptort Ambodifotatra zu erreichen.

Der Hauptort der Insel heisst Ambodifotatra (wörtlich heisst das “in der Nähe des Baumes Fotatra“. Dieser Riesenbaum mit wissenschaftlichem Namen Barringtonia butonica wächst häufig auf dieser Tropeninsel und ist eine immergrüne, schattenspendende Baumart, deren Blüten nachts einen intensiven Duft verströmen. Ambodifotatra liegt ca. 12 km nördlich des Flughafens an der Westküste und ist ein idealer Ausgangspunkt für Ausflüge. Hier befinden sich auch der kleine Hafen für die Ein- und Ausreise zum Festland, verschiedene Banken, die Post, auch Internetcafés und viele Läden. Ein Spaziergang durch das verträumte Nest, das bunte Markttreiben mit vielen Gemüsesorten oder ein Bummel durch die Kunsthandwerksläden vermitteln viele Eindrücke über das Leben der Leute von Sainte Marie.


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Die einzige Piste vom Süden nach Norden führt zum “Naturpool“. Man fährt etwa 40 km auf einer holprigen Piste, über mehrere Hügelketten, vorbei an malerischen Dörfern und an kleinen Gewürzfeldern. Hier locken auch ein Wasserfall und ein klarer Teich, nicht umsonst zählt diese Strecke zu den beliebtesten Ausflugszielen der ganzen Insel.

Das “Piscine Naturelle“ (natürliches Schwimmbad) mit wunderbaren Rast- und Bademöglichkeiten liegt ganz am nördlichen Ende der Insel und nicht weit vom grossen Leuchtturm Phare Albrand entfernt. Die kurze Wandertour zu diesem “heiligen Wasserbecken“ sollte man wegen der Tabus unbedingt in Begleitung eines einheimischen Führers machen, denn an diesem Ort mit mehreren Felslöchern wohnen – so heisst es . die Vorfahren der Leute von Sainte Marie. An diesem idyllischen und erholsamen Sandstrand, weit weg vom grossen Rummel, ist natürlich baden möglich und wer kein Picknick-Mittagessen mitgenommen hat, kann im kleinen lokalen Gasthaus mit offener Terrasse eine madagassische Spezialität bestellen.

In den Monaten Juli bis September bietet sich ein ganz besonderes Erlebnis auf der Insel: Die Buckelwale aus der Antarktis kommen wegen des planktonreichen Gewässers hierher und tummeln sich an der Westküste der Insel. Also zwischen Sainte Marie und der Hauptinsel Madagaskar. Alljährlich um diese Zeit ziehen viele dieser beeindruckenden Meeresriesen der Küste Madagaskars entlang, um sich zu paaren oder zu kalben. Ein eindrucksvolles Schauspiel, das lange in Erinnerung bleibt! Motorboote ermöglichen einzigartige Walbeobachtungen: die durchziehenden Riesentiere mit ihren Kälbern zu sehen gehört zu einer der Hauptattraktionen auf der Insel.

Eine weitere beliebte Exkursion auf Sainte Marie ist der Besuch des sagenumwobenen Piratenfriedhofs am Südende der Baie des Forbans oder auf Deutsch die “Seeräuberbucht“. Der Zugang befindet sich am Südende der Bucht und ist etwa eine halbe Stunde zu Fuss bei Ebbe zu erreichen.

Dieser Friedhof erinnert in vielen Aspekten an die ehemalige Inselgeschichte. Oben auf den Hügeln öffnet sich der Blick nicht nur auf die Bucht der Insel, sondern auch auf die Ruhestätten zahlreicher Piraten, die hier zwischen dem 17. und dem 19. Jahrhundert bestattet wurden. Viele Gräber sind mit Totenschädeln und mit zwei gekreuzten Knochen geschmückt und die Gravuren auf den vermoosten Grabsteinen lassen die Phantasie schweifen. Der lokale Führer erzählt gerne die spannende Geschichte dieser Freibeuter, die sich damals in die madagassische Gesellschaft integrierten.

Man kann sich sehr gut vorstellen, warum einst die Seeräuber diese verträumten und versteckten Buchten als ihren bevorzugten Rückzugsort oder Schlupfwinkel ausgewählt hatten. Die Lage und die Bedingungen waren ideal für einen Piratenstützpunkt: fruchtbarer Boden mit tropischem Klima, genügend Lebensmittel, frisches Wasser und vor allem die Handelsrouten im nördlichen Indischen Ozean, um die vorbeisegelnden Handelsschiffe auf ihrem Weg zwischen Arabien und Asien zu überfallen.

Tatsächlich war Madagaskar zwischen 1680 und 1720 ein berüchtigter Piratenhort, wo Seeräuber ihre Segelschiffe reparierten, ihr Diebesgut verhökerten und sie es sich einfach gut gehen liessen. Das erste und einzige Piratenmuseum in Antananarivo beschreibt und beleuchtet ausführlich die Hintergründe und die Aktivitäten der damaligen Freibeuter in Madagaskar und berichtet auch über das Ende der Piraterie im Indischen Ozean. (Zu sagen ist, dass wir den der PRIORI dieses Piratenmuseum erstellt haben und es unterhalten.)

Noch immer führt die Inselbevölkerung auf Sainte Marie ein recht ursprüngliches Dasein, denn als Unterkünfte dienen meist einfache palmengedeckte Hütten, gebaut aus der stolzen Ravinala-Palme, die das wichtigste Baumaterial liefert.

Die verschiedenen Spaziergänge durch die malerischen Fischerdörfer mit den duftenden Nelkenfeldern, die gemächlichen Pirogenfahrten entlang der Küste, die vielen Badebuchten oder die Velofahrten durch die duftenden Gewürzfelder mit Vanille, Zimt und Nelken lassen allen Besuchern Raum, um die Insel zu erkunden.

Die schönen Korallenriffe und interessanten Wracks rund um die Insel sind fast das ganze Jahr über eine Herausforderung für Taucher und Schnorchler.

Mit dem Tuk Tuk oder dem Taxi geht es zum kleinen Meereskanal, der die grosse Insel Ste. Marie vom schönen Naturparadies, der kleinen Insel Ile aux Nattes oder Nosy Nato, trennt. Man erreicht die paradiesische, romantische Insel mit einer Piroge (Einbaum). Ruhesuchende finden hier ein Eiland ohne Strassen, denn die Insel ist autofrei!

Die traumhaften Strände, das beschauliche Inselleben, die hervorragende Küche, die freundlichen Insulaner machen die Insel zu einem märchenhaften Ort.

Die Insel ist weitaus ursprünglicher als auf der Hauptinsel Sainte Marie, das Leben geht seinen ruhigen Gang. Hier tummeln sich die Fische in allen Farben und Formen. Das wissen auch die Fischer, die aus ihren kunstvoll aus einem Stamm gehauenen Pirogen ihre Netze auswerfen. Hier gibt es nur einige schmale Fusspfade über den sandigen Boden, die sich zwischen Palmen, tropischen Gewächsen, kleinen Bungalows und Hütten hindurchschlängeln.

Durch Reisfelder, Dörfer und Weiler gelangt man bis zum Leuchtturm, von dem aus man einen weiten Rundblick über das Meer und die Insel hat.

Gäste sind in hübschen Bungalows untergebracht, die sehr geschmackvoll eingerichtet sind und über Bad und Terrasse verfügen. Auf der Speisekarte stehen die Spezialitäten des Hauses: frisch gefangene Garnelen mit grüner Pfeffer Sauce oder gegrillter Fisch nach madagassischer Art.

Ein paar Schritte über den feinen weissen Sandstrand und das warme Wasser des Indischen Ozeans umspült die Füsse. Oder man geht bis zum Korallenriff, wo man bereits nach wenigen Metern viele bunte Fische und Meerestiere beobachten kann.

Natürlich bleibt Zeit und Musse, unter den schönen Palmen am Strand “die Seele baumeln zu lassen“ und bei einem erfrischenden Getränk und mit einem guten Buch im Liegestuhl den Abend und später den Sonnentergang zu geniessen.

Die beiden Inseln Sainte Marie und Ile aux Nattes sind kleine Paradiese für Reisende, die mehr Natürlichkeit und persönlichen Kontakt suchen.

Man kann die Madagaskarreise hier starten bzw. sich hier in aller Ruhe akklimatisieren und sich für die bevorstehenden Entdeckungstouren vorbereiten oder sich am Ende einer Madagaskarreise auf diesen Tropenparadiesen entspannen und die vielen Reiseeindrücke verarbeiten.

Wer einmal hier war, den packt irgendwann wieder das Fieber der Sehnsucht, nach all dem, was unentdeckt blieb, denn die Vielfalt der Inseln und die Gastfreundlichkeit der Insulaner wecken in einem die Lust, die verschiedenen Highlights dieser Naturparadiese in Madagaskar noch einmal zu erleben.

August 2020; geschrieben von: Bodo, PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker PRIORI Madagaskarhaus Basel

Tamatave-Sainte Marie

1400 – Tamatave – Sainte Marie

Heute verabschieden wir uns von Tamatave, der „Stadt der Rikschas“ und fahren über die Nationalstrasse RN5 Richtung Norden, um dann mit einem Boot zu unserem nächsten Urlaubsziel an der Nordostküste, auf die tropische Pirateninsel Sainte Marie überzusetzen.


Wenn man nicht so viel Zeit zur Verfügung hat, ist es auch möglich, den Flug ab der Hafenstadt Tamatave direkt zur Tropeninsel Sainte Marie zu nehmen.

In Tamatave, der grössten Hafenstadt von Madagaskar, schlendern wir noch einmal durch den Gewürzmarkt und schnuppern die Düfte Madagaskars: die verschiedenen gut riechenden Pfeffersorten, die duftende Vanille, aromatischen Zimt und Nelken, die alle als Exportprodukte gelten, sind nur einige der hier verkauften Schätze.

Wir sind im Land, wo der Pfeffer wächst und Madagaskar ist für sein pfeffriges Gewürz weltbekannt. Der Pfeffer aus Madagaskar sticht heraus, weil er eine körnige Schärfe mit mildem Abgang verbindet. In der Nähe der Dörfer klettert diese Pflanze an Stützbäumen hoch. Der grüne Pfeffer wird kurz vor der Vollreife gepflückt und dann getrocknet, so kann man ihn lange Zeit als schwarzen Pfeffer aufbewahren. Zur Gewinnung von grünem Pfeffer werden die ausgewachsenen grünen Beeren in Salzlauge eingelegt, um das Braunwerden zu verhindern. In fast jedem madagassischen Rezept wird dieses Gewürz verwendet: Rindfleisch, Fisch, Krabbe oder Ente mit grüner Pfeffer-Sosse stehen meistens auf der Speisekarte!

Auch der wild wachsende Urwaldpfeffer, auf madagassisch “Voantsiperifery“, wächst ausschliesslich auf der Insel, der rosa Pfeffer oder “Baie Rose“ gehört auch zu den wichtigen Exportprodukten nach Europa und in alle Welt.

Tamatave-Sainte Marie
Wir brechen früh am Morgen mit dem Kollektivtaxi oder mit unserem individuellen Mietwagen auf, um einen Teil des Küstenabschnitts entlang der nördlichen Ostküste zu durchfahren. Die Nationalstrasse Nr. 5 ist schon seit ein paar Jahren nach den vielen Wirbelstürmen nicht mehr in gutem Zustand. Zum Glück wird jedes Jahr ein Stück dieses Streckenabschnitts erneuert. Je nach der Länge der Fotopausen, die wir unterwegs einlegen, müssen wir rund drei Stunden Autofahrt rechnen, bis wir das Dorf Mahambo erreichen.

Unterwegs entlang der Küste fahren wir durch zahlreiche Dörfer der Betsimisaraka Volkstämme. Grün ist die dominante Farbe dieser Landschaft – und natürlich das Silberblau des Indischen Ozeans.

Am Rand der Strasse wachsen die grünen Bananenstauden, die exotischen Früchte wie die Litschi-, die Jackfrucht und die Brotfruchtbäume. Der Boden ist wirklich fruchtbar!

Diese Ethnie ist die wichtigste Volksgruppe an der Ostküste. Ihre luftigen Palmhütten sind mit den Palmfasern der Ravinala oder aus dicken Rohren des Bambus gebaut.

Der Ravinala oder “Baum der Reisenden“ gedeiht häufig in dieser regenreichen Region und die fächerartige Anordnung der Blätter ist ausgesprochen dekorativ.

Der Bambus ist weit verbreitet und wächst rasch in der Nähe von bewohnten Orten oder als Sekundärvegetation in den Waldlichtungen oder am Rand der gerodeten Waldflächen.

Diese Pflanze ist sehr nützlich auf der ganzen Insel, denn sie liefert Material für die Häuser und für Baugerüste. Auf dem Feld wird der Bambus von den Bauern als Wasserleitung benutzt, die Einheimischen bauen damit Flösse für den Transport von Lebensmitteln auf den Flüssen und Kanälen und sie stellen daraus Gegenstände des alltäglichen Lebens wie Möbel, Körbe, Matten, Fallen, Fischreusen und sogar Musikinstrumente wie „Valiha“ (eine Art Bambuszither) oder Flöten her. Nicht zuletzt sind die jungen Schösslinge des Bambus eine schmackhafte Nahrung der Bambuslemuren im Regenwald.

Auf den Höfen spielen unzählige Kinder und schauen neugierig den vorbeifahrenden Autos zu. Die Frauen waschen die Wäsche am Flussufer, die Männer arbeiten auf dem Feld oder hüten das Vieh. Typisch und fotogen sind auch die an der Sonne ausgelegten Bastmatten, auf denen Pfeffer oder Gewürznelken getrocknet werden.

Tamatave-Sainte Marie
Nach etwa 60 km erreichen wir Foulpointe. Die Autofahrt über die Asphaltstrasse dauert etwa 1,5 bis 2 Stunden. Dieses Städtchen ist ein beliebter Ausflugsort der Stadtbewohner aus Tamatave und natürlich auch ein idyllischer Badeort und eine wichtige Durchgangstation für die Reisenden, die ihren Badeurlaub auf der Insel Sainte Marie verbringen wollen. Grund dafür ist sicherlich der weisse kilometerlange Sandstrand. Das vorgelagerte Korallenriff schützt vor den gefährlichen Haien und vor der gewaltigen Brandung. Das Riff lädt ein zum Tauchen und Schnorcheln.

Etwa drei Kilometer nordwestlich des Städtchens liegt etwas erhöht das Fort Manda. Ein Besuch dieser Befestigungsanlage lohnt sich, hier kann man die Geschichte ab dem 17. Jahrhundert mitverfolgen. Manda bedeutet auf madagassisch Festung.

Seeräuber waren nämlich hier im Indischen Ozean zwischen dem 17. und dem 19. Jahrhundert aktiv, als die Handelsschiffe auf der damaligen “Gewürzroute“ hier an der Ostküste Madagaskars vorbeisegelten. Zu den berüchtigsten Piratennestern und Schlupfwinkel im Indischen Ozean gehörten die Städte Tamatave, Foulpointe und vor allem die Insel Sainte Marie mit ihren versteckten Buchten. (Dazu vernehmen Sie mehr beim Besuch in unserem Piratenmuseum in Antananarivo.)

Als Gegenwehr zu den Piraten errichteten die Engländer mit Hilfe der Einheimischen das Fort in Foulpointe anfangs des 17. Jahrhunderts.

Im Jahre 1817 wurde die Festung zum Hauptquartier des Merina Königs RADAMA I vom Hochland. Er liess die dicken Mauern mit einer Mischung aus Korallensand, Eiern und Steinen weiter befestigen, als er die Ostküste für sein Königreich eroberte und sich gegen die Betsimisaraka-Truppen behaupten musste.

Die Piraten hatten damals das Dorf “Hopeful Point“ getauft, aus diesen beiden Wörtern wurde der Name Foulpointe oder Mahavelona auf madagassisch. Auf einer geführten Wanderung durch die Mauerruinen werden wir noch mehr über die Geschichte dieses eindrucksvollen Forts Manda mit seinen zahlreichen Geheimgängen erfahren.


Besuchen Sie unser Piratenmuseum in Antananarivo


Von dem höchsten Punkte der Ruine aus haben wir einen wunderschönen Panoramablick über die Küste des Indischen Ozeans und die umliegenden Dörfer.

Tamatave-Sainte Marie
Wir fahren auf der Nationalstrasse RN5 Richtung Norden weiter. Nach etwa 35 km taucht das nächste grosses Dorf Mahambo auf. Unterwegs sehen wir von weitem die Fischer mit ihren Auslegerbooten. Viele Betsimisaraka entlang der Meeresküste ernähren sich von Fischen, die sie in der Lagune zwischen Korallenriff und Strand fangen. Jeden Tag riskieren sie ihr Leben, wenn sie mit ihren kleinen Einbäumen die tosende Brandung durchqueren. Garnelen, Sardinen, Makrelen oder Thunfische werden am Strand oder auf Dorfmärkten angeboten. Die grossen Fische werden aufgeschnitten, gesalzen und am Dorfrand auf Holzgestellen getrocknet oder geräuchert, um den Fisch lange aufbewahren zu können.

Von Mahambo verkehrt das derzeit grösste Fährschiff nach Sainte Marie. Ein Katamaran, der um die 100 Passagiere fasst und flugzeugähnlichen Komfort bietet.

Er pendelt täglich je nach den Wetterbedingungen zwischen dem Festland und der Tropeninsel hin und her. Zwischen den Monaten Juli bis September besteht die Möglichkeit, dass man auf der Bootsfahrt Buckelwalen oder Delphinen begegnet. Ein unvergessliches Naturschauspiel, wenn man diese Ozeanriesen aus der Nähe bewundern kann. Sie ziehen bis zur Ostküste von Sainte Marie, um sich dort zu paaren.

Nach rund drei Stunden Bootsfahrt gelangen wir zum Inselparadies. Die Silhouette von Pirogen mit Fischern verschmilzt mit dem Blaugrün von Himmel und Ozean. Die schöne Tropeninsel Sainte Marie begrüsst uns mit seiner Ruhe und der Ursprünglichkeit der Natur.

Oktober 2020, geschrieben von Fanasina, PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker www.madagaskarhaus.ch

Tamatave-Toamasina

1330 – Stadt Tamatave und Umgebung

Tamatave ist die grösste Stadt an der Ostküste und der wichtigste Hafen von ganz Madagaskar.


Tamatave ist Ausgangspunkt für viele Exkursionen oder Zwischenstopp auf einer Reise entlang der Ostküste. Es lohnt sich, hier einen oder zwei Tage zu verweilen.

Toamasina auf madagassisch oder Tamatave auf französisch ist die zweitgrösste Stadt Madagaskars nach Antananarivo und hat den einzigen grossen Hafen an der Ostküste Madagaskars. Grund dafür ist vor allem die ideale Hafenlage, geschützt hinter einem Korallenriff, die vielen Handelsschiffe, die im Indischen Ozean vorbeifahren und zuletzt die Nähe zu Antananarivo, der Hauptstadt der grossen Insel.

Tamatave-Toamasina
Es gibt zwei Versionen für die Herkunft des Namens Toamasina.

Die erste Version ist mit dem berühmten Merina-König Radama I verbunden, als er und seine Truppen nach seinen Eroberungszügen durch das Hochland und hinab an die Ostküste im Jahr 1822 die Stadt Toamasina erreichte. Zum ersten Mal kam er an die Meeresküste und war sofort vom rauschenden Indischen Ozean beeindruckt. Als er ein bisschen vom Meereswasser probierte, stellte er fest, dass es salzig war. Das Wort Salz bedeutet im Betsimisaraka Dialekt (die Volksgruppe in dieser Region) “masina“, daraus stammt der Stadtname “Toamasina“ und bedeutet wörtlich „das ist aber salzig“.

Zweite Version: Im 17. Jahrhundert hatten die Seeräuber und die Seefahrer die Stadt Toamasina wegen ihrer günstigen Lage als Handels- und Piratenstützpunkt auserwählt. Der Gewürz- und Sklavenhandel an der östlichen Küste blühte um diese Zeit richtig auf. Die Portugiesen nannten die Stadt zu dieser Zeit “San Thomas“ und so haben die Einheimischen die Stadt später in Toamasina umbenannt.

Tamatave-Toamasina
Die Region an der Nordostküste gehört seit der Kolonialzeit zu den bedeutendsten Gewürzanbaugebieten Madagaskars. Es produziert eine grosse Menge an wertvollen Gewürzen wie Vanille, Gewürznelken, Zimt, Pfeffer und andere Kolonialwaren wie Kaffee oder Früchte. Deswegen wurde die Stadt zum Exporthafen für die Produkte des Landes, denn ein Grossteil der Güter (auch Holz usw.) wurden von hier nach Frankreich oder in alle Welt verschifft.

Die leckeren Litschis werden zum Beispiel zwischen November und Januar in den feucht warmen Regionen des östlichen Madagaskars geerntet. Diese leuchtend rote Frucht kommt aus China und fand zu Kolonialzeiten in Madagaskar ein gutes Klima und einen guten Boden. Ab November beginnt die Haupternte und die Früchte werden in Tamatave direkt eingeliefert, so dass ein geschäftiges Treiben in der Hafenstadt herrscht, eine gute Einnahmequelle für die Einheimischen sowie für die Exportfirmen. Madagaskar zählt zu den Hauptlieferanten dieser saftigen Frucht mit dem feinen Aroma. Etwa ein Fünftel der gesamten Litschi-Produktion wird normalerweise exportiert, der Grossteil wird aber lokal konsumiert. An allen Verkaufsständen am Rand der Strasse oder auf den Märkten wird dieses Frischobst vor der Weihnachtszeit auf Haufen oder in langgestielten Büscheln verkauft. Ein Genuss für jeden Gaumen!

Tamatave-Toamasina
Hier in Tamatave kommen die meisten Erdölprodukte wie Roh- und Heizöl, Diesel und Benzin ins Land, die später mit dem Zug Richtung Hauptstadt oder auf der Strasse aufs Hochland transportiert werden. In der Nähe des Pangalanes Kanals bei Tamatave liegt auch die einzige Raffinerie, die die ganze Insel mit Treibstoff versorgt.

Die Stadt ist seit Anfang des 20. Jahrhunderts die Endstation der Bahnlinie aus dem Hochland und auch Startpunkt bzw. Endstation der Bootstouren für Fracht oder Passagiere auf dem 700 km langen Pangalanes-Kanal der parallel zur Küste nach Süden bis zur Stadt Farafangana führt.

In der Nähe des breiten Boulevard Joffre finden sich die meisten Geschäfte und Einkaufsmöglichkeiten und die Hauptstrasse Avenue de l’Independance erstreckt sich vom alten Bahnhof bis zum Meer.

Auf einer kurzen Stadtrundfahrt mit der Fahrradrikscha oder mit dem Tuk Tuk (Kabinen-Vespa) gewinnt man einen Überblick über die zwei wichtigen Marktplätze in der Stadt: Bazary Be und Bazary kely, auf denen sich ein reichhaltiges Angebot an aromatischen Gewürzen, exotischen Früchten und schönen Handarbeiten wie bunte Korbwaren, Taschen, Hütte, schöne Souvenirs finden lassen.

Die Bewohner an der Ostküste haben leider mit den wiederkehrenden Wirbelstürmen zwischen November und April zu kämpfen. Alle paar Jahre werden die Stadt Tamatave und viele Regionen an der Ostküste von schweren Zyklonen heimgesucht, die dann lange im Gedächtnis der Leute bleiben. Hafenanlagen, Schiffe, Strassen, Brücken und Häuser werden zerstört und die zerbrechlichen Palmhütten weggefegt.

Tamatave-Toamasina
Wer etwas in der Stadt verweilt, hat die Möglichkeit das Hafenmuseum “Musée du Port“ zu besuchen. Hier kann man tiefer in die lange und interessante Geschichte der Hafenstadt eintauchen und auch viel über die Kultur der ansässigen Ethnie der Betsimisaraka erfahren. Viele Sammlungen und alte Fotografien der ehemaligen grossen Persönlichkeiten der Stadt sind hier zu finden.

Auch die riesigen und uralten Banyan-Bäume nicht weit vom Stadtzentrum gehören zur Attraktion der Stadt. Die merkwürdigen langen Äste und Lianen und die miteinander verschlungenen Luftwurzeln verleihen diesen heiligen Riesenbäumen, eingeführt aus Indien, einen mystischen Eindruck.

Zum beliebtesten Ausflugziel rund 12 km nördlich von Tamatave gehört der Park Ivoloina. In einem grossen Gehege werden einige Lemurenarten, aber auch endemischen Schlangen und Chamäleons gezüchtet. Mit Hilfe des WWF werden hier Zuchtprogramme ausgearbeitet; verletzte oder geschmuggelte Tiere werden hier aufgenommen und richtig gepflegt. Wenn sie selbständig auf Nahrungssuche gehen können, werden sie wieder im Wald oder in freier Wildbahn ausgesetzt.

Die Einrichtung umfasst auch ein interessantes Bildungs- und Infozentrum für Besucher und Schulklassen. Schon wegen dem erholsamen und idyllischen Platz, eingebettet in eine Windung des Flusses (mit dem gleichen Namen Ivoloina), weit weg von der lärmenden Stadt, ist dieser Halbtagsausflug lohnenswert.

Tamatave-Toamasina
Die Reisegäste nutzen Tamatave natürlich als Sprungbrett, um zur Nachbarinsel Sainte Marie oder Nosy Boraha zu gelangen. Ein Binnenflug verbindet die Hafenstadt unregelmässig mit dieser Tropeninsel. Normalerweise um die 2 oder 3-mal in der Woche, je nach dem Binnenflugplan. Wer den Flug nicht nehmen kann, für den besteht die Möglichkeit, die Boote ab Mahambo oder ab Soanierana Ivongo hinüber zur Tropeninsel zu nehmen. Die Überfahrten hängen natürlich von den Wetterbedingungen ab. Also ab auf die grüne Insel mit allen Möglichkeiten: schwimmen, relaxen, schnorcheln steht natürlich auf dem Programm.

Oktober 2020, geschrieben von Koloina, PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker www.madagaskarhaus.ch

Andasibe – Pangalanes

1320 – Andasibe – Kanal von Pangalanes – Akanin’ny Nofy – Tamatave

Unsere heutige Etappe führt uns in Madagaskar vom Nationalpark Andasibe an die Ostküste und den Pangalanes-Kanal, der etwas im Landesinneren parallel dazu verläuft.


Es bestehen zwei Möglichkeiten, die Reise zur Hafenstadt durchzuführen. Entweder fährt man über die gut ausgebaute RN2 direkt bis Tamatave oder man nimmt den holprigen Abstecher nach Manambato, dem Ausgangspunkt einer erlebnisreichen Bootsfahrt auf dem Pangalanes-Kanal. Diese zweite Option kann man jedem Reisenden empfehlen.

Andasibe – Pangalanes
Unterwegs auf der kurvenreiche Nationalstrasse RN2 erlebt man die grüne und bewaldete Landschaft der Ostküste Madagaskars. Seit Andasibe haben sich Strasse und Bahnlinie getrennt und kreuzen sich noch einmal im Kleinstädtchen Brickaville, nicht weit vor der Abzweigung nach Manambato.

Es wird merklich wärmer und die Luft feuchter auf der Fahrt Richtung Ostküste. Die hiesige Gebirgskette beschert fast das ganze Jahr üppigen Regen, so dass alle erdenklichen tropischen Früchte wie die Jackfrucht-, Litschi-, Mangobäume und viele Bananenstauden im feuchtwarmen Klima gut gedeihen.

Selbstverständlich kann man auch eine kurze Fotopause in einem der schönen Obstdörfer am Rand der Nationalstrasse einschalten. Die Dorfbewohner leben hier hauptsächlich vom Obstverkauf. Entlang der Strasse erstreckt sich somit ein bunter Markt mit allen verschiedenen exotischen Früchten wie Wassermelonen, Stachelannonen (Korossol), Zimtapfel, Rambutan (chinesische Litschis), … die in Hülle und Fülle angeboten werden.

Andasibe – Pangalanes
Auf den nächsten Kilometern treffen wir immer häufiger auf ausgedehnte Zuckerrohr-, Kaffee-, und Orangenfelder. Die letzten sieben Kilometer bis zu See Rasoabe ist dann eine holprige Piste. Manambato ist ein idealer Rückzugsort mit feinem, weissem Sandstrand, um ein paar Tage fernab der Welt zu entspannen. Diese Ortschaft ist auch der Ausgangspunkt für eine Bootsfahrt auf dem Kanal von Pangalanes, ein wunderbares Erlebnis und eine einmalige Gelegenheit, die Ostküste Madagaskars und die gastfreundlichen Betsimisaraka Volkstämme mit ihren Sitten und Gebräuchen besser kennen zu lernen.

 Der Pangalanes-Kanal eignet sich für unvergessliche Bootstouren, ein abwechslungsreiches Erlebnis entlang schmaler Kanäle und zahlreicher Seen und abseits der Touristenströme. Die Schönheit der Natur der östlichen Küstenregion lässt sich am einfachsten auf dieser Wasserstrasse erleben, die oft nur durch eine Sanddüne vom Indischen Ozean getrennt ist.

Sie führt oft durch natürliche Seen und Nebenarme der Flüsse und verläuft auf einer Länge von ca. 600 km von Foulpointe im Norden bis Farafangana im Süden entlang der Küste des Indischen Ozeans. Er gehört somit zu den längsten Wasserstrassen der Welt. Während der Kolonialzeit veranlasste Generalgouverneur Joseph Gallieni zwischen 1896 und 1904, diese natürlich entstandenen Lagunen und Flussläufe entlang der Ostküste zu einem Kanal zu verbinden. Dieser schiffbare Kanal diente dann während der restlichen Kolonialzeit als Transportweg für die landwirtschaftlichen Exportprodukte wie Pfeffer, Vanille, Kaffee bis zum Seehafen Tamatave.

Andasibe – Pangalanes
Nach wie vor spielt der Kanal heutzutage als Lebensader der Einheimischen eine kaum zu unterschätzende Rolle und zwar um ihre Erzeugnisse auf den nächsten Markt zu bringen. Besonders die Bauern und die Fischer transportieren Lebensmittel sowie Marktgüter wie Holzkohle, Bambus, Baumaterial auf ihren Einbäumen zu den nächsten Dörfern oder sogar bis zur weiten Grossstadt.

Ab der RN2 erreicht man das heutige Ziel mit dem bemerkenswerten und berechtigten Namen Akanin’ny Nofy (das Nest der Träume) nach rund einer halben Stunde. Dort befinden sich mehrere Hotels: herzlich willkommen oder “Tonga Soa“ auf madagassisch! Den Besuchern begegnen die Leute mit gewinnender Herzlichkeit und laden ein, ihr traditionelles dörfliche Leben kennen zu lernen.

Die Hotels von Akanin’ny Nofy liegen in Sichtweite am Westufer des bekannten Sees Farihy Ampitabe. Die Bungalows gebaut mit lokalem Baumaterial und mit schönem Blick über den ruhigen See sind wirklich einladend. Sie passen sehr gut zum feuchtwarmen Klima des Landes.

Andasibe – Pangalanes
Ein einzigartig privat angelegtes Naturparadies verbirgt sich auf einer bewaldeten paradiesisch kleinen Halbinsel. Hier findet man endemische Tiere und Pflanzen, Palmen, Orchideen, Sukkulenten, sowie die verschiedenen, für diese Region typischen Gewürze, wie die Vanille, Pfeffer, Gewürznelken oder Zimt.

Der Besuch dieses privaten Reservates zählt zu den grössten Attraktionen in der Gegend. Auf einer geführten Rundwanderung durch den Sekundärwald trifft man die geschützten Lemuren wie die Larvensifakas, die Varis (Varecia) und die braunen Rotstirmakis, die sich auf diesem ca. 50 ha grossen Gebiet im Freien tummeln. Sie sind nicht mehr menschenscheu, so kann man sie problemlos von sehr nahe fotografieren.

Neben Lemuren kann man hier auch zahlreiche Insekten, Chamäleons und andere Reptilien und Frösche finden. Sehenswert sind auch der Sukkulentengarten, die artenreichen und endemischen Palmen, seltene Pflanzen in den Küstenwäldern und typisch für diese feuchtwarme Region.

Am Abend besteht die Möglichkeit, mit dem Boot zur Lemureninsel Aye Aye zu fahren. Hier bekommt man das einzigartige und seltene nachtaktive Fingertier zu Gesicht. Ein schwarzer Geist in tiefschwarzer Nacht…

Besonders bei der Fütterungszeit bietet sich eine gute Möglichkeit zum Fotografieren. Dieser merkwürdige Lemur verdeutlicht noch einmal die Einzigartigkeit der madagassischen Fauna: den extrem langen und dünnen Mittelfinger benutzt er, um Larven aus Bäumen zu holen oder das Fleisch der Kokosnüsse heraus zu kratzen.

Den Halbtagsausflug zu den kleinen Gewässern im Hinterland darf man auch nicht versäumen. Die Ufer der kleinen Teiche sind mit den endemischen „Nepenthes madagascariensis“ überwuchert.

Diese Pflanzen mit kannenförmigen Blattkelchen, in denen sich eine Flüssigkeit befindet, warten darauf, dass Insekten in die duftende Kanne fallen. Daher kommt der merkwürdige deutsche Name: fleischfressende Kannenpflanzen.

An den warmen Nachmittagen ist es auch Zeit, eine kurze Pirogenfahrt oder eine Wandertour zum nächst gelegenen Fischerdorf zu unternehmen. Dies ist eine einmalige Gelegenheit, den Alltag des heimischen Betsimisaraka Volkstamms (die vielen, die sich nie trennen), besser kennen zu lernen.

Nach dem eindrucksvollen Aufenthalt in diesem Naturparadies begeben wir uns wieder aufs Wasser, begrüsst diesmal von den schönen dekorativen “Bäumen der Reisenden“ (Ravenala) am Ufersaum.

Man kann den madagassischen Alltag auf dieser Bootstour miterleben. Entlang des Kanals liegen zahlreiche malerische Fischerdörfer.

Man trifft häufig die Fischer auf ihren Einbäumen, sie versuchen ihr Glück mit Angeln, Netzen oder Reusen, denn Fisch und Flusskrebse zählen zu den beliebten Delikatessen auf der ganzen Insel. Die Frauen waschen lachend die Wäsche am Flussufer, wo auch häufig die schönen typischen “Elefantenohren“ (Xanthosoma sagittifolium) stehen. Die Kinder plantschen im Wasser und winken den Reisenden freundlich zu.

Die Wasserstrasse bis zur Hafenstadt Tamatave verläuft zwischen den Lagunen des Pangalanes-Kanals links und den Sandbänken und Buchten des Indischen Ozeans rechts.

Andasibe – Pangalanes
Die Bootsfahrt dauert etwa 2h30 und unterwegs trifft man oft auf Lastkähne, Flösse oder Einbäume, die Güter und Waren wie Obst, Holzkohle, Brennstoffe, Baumaterial und Produkte aus dem Hinterland wie Kaffee, Gewürznelken, Zimt zur Verschiffung in die Hafenstadt transportieren.

Einen Besuch des Gewürzmarktes in Tamatave sollte man sich nicht entgehen lassen, denn Madagaskar ist die Insel der Gewürze und der tropischen Früchte. Das Essen gehört auch zur Kultur der Madagassen. Sie mischen ihre eigenen Menus mit den eingeführten Gewürzen. Kosmopolitisch wie die Bevölkerung, so ist auch die madagassische Küche. Die Spezialitäten in den Restaurants richten sich nach dem europäischen Geschmack: Zebufleischspeisen mit Sosse aus roten Chili-Schoten oder „Pilipili“, Fisch mit Vanille-Sosse, Hühnchen mit Knoblauch und Ingwer, Schweinefleisch mit Bambara-Erdnüssen gemischt mit Curry Sosse … die Liste ist lang!

Oktober 2020, geschrieben von Fanasina, PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker www.madagaskarhaus.ch

Andasibe – Tamatave

1300 – Andasibe – Tamatave

Die Fahrt von Andasibe führt zunächst noch ein kurzes Stück durch den Regenwald. Bald schon ist links und rechts der Strasse nur noch Sekundärwald mit Ravinala oder Bambus zu sehen.


Nach dem erlebnisreichen und eindrucksvollen Aufenthalt im schönen Bergregenwald von Andasibe verlassen wir schweren Herzens die wuchernde tropische Landschaft. Entlang der Küstenebene fahren wir zunächst durch Brickaville und gelangen schliesslich zur Hafenstadt Tamatave. Es sei denn wir legen einen Zwischenhalt in einem der Küstenorte ein. 

Von Andasibe – dem alten Périnet – aus startend, legen wir unterwegs eine kurze Pause im kleinen Dorf Antsampanana ein. Diese Ortschaft ist für ihren üppigen Obstverkauf bekannt. Die verschiedenen exotischen Früchte wie die gut riechenden Wassermelonen, die süssen Stachelannonen (Korossol), die fleischsaftigen Zimtäpfel (Cherimoya), die köstlichen roten Rambutan (chinesische Litschis), die duftenden Jackfrüchte…. werden an reichhaltigen Ständen in Hülle und Fülle angeboten. Hier werden sie frisch gepflückt verkauft, sie sehen wirklich frischer und appetitlicher aus, denn schliesslich kommen sie direkt von den Bauern aus den umliegenden Dörfern. Diese kleine Stadt liegt recht verkehrsgünstig an der Verzweigung der Nationalstrasse 2 nach Tamatave und der Nationalstrasse 11a nach Vatomandry und Mahanoro. Dies sind malerische Küstenorte am langen Kanal von Pangalanes. Richtung Tamatave gelangt man zum beliebten und erholsamen Ausflugsort Akanin’ny Nofy (Nest der Träume).

Andasibe – Tamatave
Nach paar Kilometern erreichen wir die Stadt Brickaville, auf madagassisch heisst diese schöne Ortschaft Ampasimanolotra oder Vohibinany. Von dort geht es auf einer holprigen Piste rund 22 km bis zum sehr bekannten Badeort Ambila Lemaitso. Er liegt ideal auf einer Landzunge zwischen Meer und dem Pangalanes-Kanal, ein idyllischer Rückzugsort abseits der grossen Strasse und der lärmenden Stadt.

Das Kleinstädtchen Brickaville liegt am Fluss Rianala und ist ein grosses Obstanbaugebiet. Bei der Durchfahrt links und rechts der Nationalstrasse sehen wir die riesigen Zuckerrohrfelder und rund um die malerischen Dörfer wachsen üppig die Kaffeesträucher, die grossen Citrus- und Litschibäume und die tropischen Brotfruchtbäume. Weitherum bekannt sind auch die Bananen von Brickaville. Der Name Brickaville geht zurück auf den Franzosen Charles Bricka, der während der Kolonialzeit in der Gegend als Verwalter für die Exportprodukte tätig war. Die Waren wurden damals am schnellsten mit dem Güterzug in die Hafenstadt Tamatave verschifft.

Wir fahren weiter bis zur Küste und begegnen immer öfter den vielen Lastwagen und Tanklastwagen. Viele Produkte werden in Richtung Ostküste oder in der Gegenrichtung aufs Hochland transportiert. Unterwegs geniessen wir die schöne wuchernde tropische Landschaftsküste Madagaskars. Die luftigen Palmenhütten bestehen aus einem einzigen Raum und sind auf Pfählen aus der Ravinala Palmen oder “Baum der Reisenden“ gebaut, die den feuchtwarmen Klimabedingungen gut angepasst sind. Auch die Dächer bestehen aus den Blättern des Ravinala.

Andasibe – Tamatave
Wir bemerken sofort, dass die hiesigen Betsimisaraka Volkstämme (“die Vielen, die sich nicht trennen lassen“) einen ausgeprägten Gemeinschaftssinn haben. Die betagten Personen sitzen meistens vor ihrer Türschwelle mit ihren Enkelkindern und sie geniessen wie überall hohes Ansehen. Sie tragen gern das bunt bemalte traditionelle Tuch oder “Lamba Oany“ bei Familienzeremonien, aber auch im Alltag und wickeln dies geschickt rund um ihre Hüften. Im Winter oder wenn es kühl wird, legen die Frauen ein weiteres Tuch um die Schultern. Eine schöne Tracht für alle Küstenbewohner Madagaskar!

Der Betsimisaraka Stamm kennt sich mit vielen Heilpflanzen und deren Wirkstoffen sehr gut aus. Die alten Rezepte haben sie von ihren Vorfahren geerbt. Die verschiedenen Kräuter werden meist vor Sonnenaufgang gepflückt und gegen die üblichen Krankheiten wie Bauch- oder Kopfschmerzen oder für die Wundheilung angewendet. Es werden auch Salben gemischt mit Asche und bestimmten Blättern hergestellt.

Madagaskar ist auch sehr reich an unerforschten Heilpflanzen. Die Inhaltstoffe der Artemisia gegen Malaria werden zum Beispiel in letzter Zeit nach Europa und China exportiert. Die Medizinmänner oder Ombiasy haben ein umfangreiches Wissen über die Heilkraft von Pflanzen. Von den 18 Ethnien auf der ganzen Insel nutzen die Betsimisaraka und die Tanala Volkstämme (die Volksgruppe aus dem Wald) die Pflanzen des Urwalds in vielfältiger Form zur Herstellung von Naturmedizin: aus Wurzeln, Rinde, Blättern oder Samen werden Heilgetränke gekocht.

Die Malaria oder „Tazo“ gehört leider zu Madagaskars Volkskrankheit Nr. 1. Besonders die Küstengebiete an der Ostküste zwischen Mananara und Toamasina sind betroffen, aber natürlich auch das Hochland. Diese Krankheit wird durch den Stich der weiblichen Anopheles-Mücke auf den Menschen übertragen. Die Symptome sind Grippegefühl, Nacken- und Gliederschmerzen, Schüttelfrost, auch Schweissausbrüche. Kinder unter fünf Jahren sind während der Regenzeit am meisten von dieser Krankheit betroffen. Ein grosser Teil der Landbewohner lebt sehr bescheiden, sie können sich die nötigsten billigen Medikamente nicht leisten. Sie setzen darum auf eine Behandlung mit den heimischen Kräutern. Gegen die Malaria werden zum Beispiel häufig Eukalyptus-, Orangen- und Papaya-Blätter inhaliert und auch als Tee getrunken.

Andasibe – Tamatave
Schliesslich erreichen wir die bedeutendste Hafenstadt Madagaskars. Sie ist auch als “die Stadt der Rikschas“ an der Ostküste bekannt. Die bunt bemalten Pousse Pousse fallen sofort in die Augen. Auffällig sind auch die breiten palmengesäumten Boulevards mit den schönen Villen aus der Kolonialzeit, der lebhafte Markt mit den verschiedenen Gemüse- und Obstsorten. Die kilometerlange, belebte Strandpromenade verleiht dieser Stadt zusätzlich eine angenehme Atmosphäre. Toamasina oder Tamatave wird wegen ihrem Import und Exporthafen als die “Lunge Madagaskars“ betrachtet. Willkommen in der Stadt mit den vollen, betörenden Gerüchen aus Vanille und Nelken!

August 2020, geschrieben von: Koloina PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker PRIORI Madagaskarhaus Basel

 

Andasibe Parks

1230 – Andasibe Parks

Andasibe ist das am meisten besuchte Naturreservat, denn es liegt nur rund drei Autostunden von der Hauptstadt entfernt.

 

Es hat hier viele Hotels – für jedes Budget. Es lohnt sich, einen Aufenthalt von zwei bis drei Tagen einzuplanen, denn es gibt zwei grosse offizielle Parks, aber auch drei kleine, die von Vereinen oder der Dorfbevölkerung geführt werden. Auch das Dorf Andasibe selbst ist ein Besuch wert.

Am frühen Morgen hört man die singenden Lemuren bzw. die Indri Indri. In jedem Winkel des Regenwaldes ist dieser melodiöse morgendliche Territorialgesang mit fast mystischem Klang zu vernehmen und es ist höchste Zeit, das Regenwaldreservat, bedeckt mit tropischer Vegetation, zu erkunden. Es lohnt sich, 2 oder 3 Tage in Andasibe zu verweilen, denn die Wanderungen durch den Wald gehören zu den nachhaltigsten Eindrücken auf einer Reise an die Ostküste.

Bei der heutigen Wanderung durch den Park steht dieser grösste Lemur von ganz Madagaskar im Fokus. Nicht weit vom Dorf Andasibe entfernt liegt das Spezialreservat Analamazaotra. Dieses Schutzgebiet umfasst ca. 800 ha und besonders bei schönem Wetter ist der Gesang der Indri Indri ein sensationelles Erlebnis, er hallt 1 bis 3 km durch den Wald, denn bei Tagesanbruch oder kurz vor der Dämmerung markiert die Gruppe damit ihr Territorium oder auch um mit anderen Gruppen zu kommunizieren. Aber es ist nicht nur ihre Stimme, die Tiere zu etwas ganz Besonderem macht, sondern auch ihr Aussehen und ihre Kräfte!

Dieser Riesenlemur von ca. 90 cm Grösse hat ein schwarzweisses Plüschfell und ist der einzige Lemur auf ganz Madagaskars, der nur einen Stummelschwanz besitzt, was ihm das Aussehen eines kleinen Bärchens verleiht. Seine langen Hinterbeine sind enorm und kräftig, und damit kann er bis 9 m weit springen. Sie können sich dabei sogar in der Luft umdrehen! Ein grossartiges Schauspiel, das die Besucher nicht verpassen dürfen!

Der Indri Indri lebt in einer Einehe und in einem engen Familienverbund von 2 bis 5 Lemuren pro Gruppe. Sie ernähren sich von einer Mischung aus etwa 60 frischen Blättern, wilden Nüssen und Früchten, darum ist es den Forschern noch nie gelungen, diese Spezies in Gefangenschaft zu halten.

Die Madagassen bezeichnen die Indri Indri als Babakoto, wörtlich bedeutet dies “der Vater von Koto“ und die Legende erzählt von einem Bauern namens Koto, der im Wald einen Baum bestieg, um wilden Honig zu sammeln. Er wurde von den Bienen arg zerstochen, verlor dabei den Halt und wurde glücklicherweise von einem Indri aufgefangen. Von nun an betrachtete er diesen Lemuren als sein Lebensretter, bzw. als seinen Vater. Viele Legenden über diese Lemurenart erklären die Wertschätzung, die die Einheimischen ihrem “Vorfahren“ entgegenbringen, denn beide stammen ja aus der gleichen Evolutionslinie.

Andasibe Parks
Welch eine Schatzkiste der Natur! Neben diesen Indri lassen sich auch andere Lemurenarten in ihrer natürlichen Umgebung beobachten: Dazu gehören die grauen Baumbuslemuren mit ihrem starken Gebiss. Wie der Name verrät, ernähren sie sich von Bambussprossen und den jungen Blättern. Die Braunen Lemuren leben in viel grösseren Gruppen in den Waldgebieten und fressen verschiedene Früchte, u.a. die wilden Goyaven.

Die vielen Wanderwege laden zu ausgiebigen Erkundungstouren ein und die Ornithologen kommen natürlich auf Ihre Kosten, denn begleitet vom fröhlichen Gesang der vielen einheimischen Vögel, wie des seltenen Rotstirn-Couas, der schillernden Blauen Madagaskartaube, des flickenden Paradiesschnäppers oder des lauten schwarzen Vasa-Papageis… geht man die zahlreichen Wanderwege entlang.

Die ortskundigen lokalen Führer sind auch in der Lage, die urtümlichen Chamäleons, die gut getarnten Geckos oder die winzigen Frösche… in der üppigen Vegetation zu zeigen, wo unsereiner nie ein Lebewesen vermuten würde.
Bei den Madagassen haben die Chamäleons einen hohen Stellenwert und sie sind besonders gefürchtet. Faszinierend ist die Vielfalt der über 50 Chamäleonarten, mal mit kantigem Kopf, mit Nasenlappen oder mit Hörnern auf der Nase!

Andasibe Parks
Auch wenn die Besucher am Tag schon vielen Vertretern der heimischen Fauna begegnet sind, beobachtet man sie mit ganz anderen Augen bei einer Nachtwanderung.
Gross leuchten die Pupillen des winzigen Mausmakis, hat man sie erst einmal im Schein der Taschenlampe entdeckt. Hoch oben in den Baumkronen blinzeln einem weitere nachtaktive Lemuren wie der Wollmaki beim Fressen von Blättern und Früchten entgegen. Die Fettschwanzmakis halten eine Art Winterschlaf, sind meistens in der Sommerzeit zu finden. Manchmal genügt es schon mit einer starken Lampe das Geäst der Bäume in der Nähe des Hotels oder auch entlang der Strasse anzustrahlen. Die reflektierenden Augen verraten den Aufenthaltsort der Nachtlemuren.

Wenn man über die erdige Piste ca. 20 km bis zur Südgrenze des Regenwaldreservates (nur mit Geländewagen befahrbar wegen des schlechten Zustandes der Piste) fährt, gelangt man zum schönen und ursprünglichen Mantadia Nationalpark, wo man mit etwas Glück, den schwarzen Diadem-Sifaka sehen kann. Hier hat diese Art ihr Refugium gefunden, sie sind nicht so schwer wie die Indris, haben aber mit ihrem schönen Fell einen beeindruckenden Anblick und finden in diesem östlichen tropischen Bergregenwald die richtige Blattnahrung. Anscheinend gibt es in den verschiedenen Parks auf Madagaskar insgesamt neun Arten dieser Sifakas. Diese entdeckt man nur im Trockenwald des Westens und hier im Regenwald des Ostens.

Ebenfalls einen Besuch wert ist die private Naturanlage des Hotels Vakona Lodge. Auf einer Halbinsel tummeln sich die halbzahmen Bambuslemuren und die Varika im Freien. In diesem Park von ca. 200 ha sind auch die ungiftigen Schlangen, mit dem herzförmigen Kopf, die sogenannten Hundskopfboas zu finden.

Der Park ist besonders bekannt für die Zucht der rar gewordenen Nilkrokodile, auch das grösste Landraubtier, der Fossa, der auf Madagaskar im Trocken- und sowie im Regenwald zu finden ist, kann man hier zu Gesicht bekommen.

Bei den Wanderungen durch den Wald, der in seinem ursprünglichen Zustand belassen ist, findet man detaillierte Beschreibungen über die fremden oder endemischen Baumsorten im Park. Dabei hat man einen Überblick über die grossen Bastpalmen, die einzigartigen “Bäume der Reisenden“, die schönen Schlingpflanzen, die nur auf der Insel heimischen Kakteen, die wertvollen Heilpflanzen, die schönen dekorativen Baum-, Geweih- und Nestfarne und noch viele mehr… denn schliesslich ist doch der tropische Bergregenwald für die Reichhaltigkeit der tropischen Pflanzen sehr bekannt.

Andasibe Parks
Madagaskar ist auch berühmt als das Traumland der Orchideen, auf der Insel gibt es eine Rekordzahl von mehr als 1’000 Arten. In den dichten und feuchten Regenwäldern von Andasibe erkennt man sofort die Aeranthus an ihren herabhängenden Sprossen oder die Kometenorchideen mit den schneeweissen Blüten. Sie leben hauptsächlich als Epiphyten (Aufsitzer) auf den Stämmen der Bäume oder auf einer Palmenart und in der Blütezeit von Oktober bis Dezember präsentieren sie ihre ganze Pracht in allen Farben und Formen.

Andasibe Parks   
Zu den verschiedenen Schutzgebieten in diesem tropischen Bergnebelwald von Andasibe zählen:

Das Spezialreservat von Analamazaotra:
Mit 810 ha und auf ca. 1’000 m über dem Meeresspiegel ist es ein leicht erreichbares Schutzgebiet, das nicht weit von der Nationalstrasse 2 entfernt liegt, deswegen lockt es alljährlich zahlreiche Reisende an.
Die Wege in diesem Park sind gut ausgebaut und die wenigen Steigungen nicht besonders schwierig, also empfehlenswert auch für Besucher ohne gute Kondition.
Dieses erste Waldschutzgebiet Madagaskars wurde im Jahre 1908 gegründet und bekam 1970 den Status eines “Spezial-Reservates“, wegen der hier lebenden seltenen Lemuren den Indri Indri. Nicht umsonst hat es den Namen “Indri-Spezialreservat“ bekommen.

Nicht nur Lemuren machen die Wandertouren in diesem Reservat so reizvoll, sondern auch die vielfältige Flora. Die Ufer des Lac Vert und Lac Rouge und die Wasserläufe und Teiche beherbergen eine Vielzahl von Wasser und Sumpfpflanzen, sowie eine reichenhaltige Insektenfauna.

Der Nationalpark von Mantadia:
Dieser Nationalpark besteht seit 1989, er liegt ca. 1’500 m über dem Meeresspiegel. Er umfasst ca. 10’000 ha Primärwald und beheimatet eine noch reichere Fauna und Flora als das nahe gelegenen Analamazaotra Reservat.
Da die Piste dorthin auch bei Trockenzeit schlammig und matschig und in der Regenzeit mit dem Geländewagen überhaupt nicht befahrbar ist, empfängt dieser Nationalpark nicht so viele Besucher. Die angelegten Wanderwege sind leider nicht befestigt, das macht zwar den Marsch etwas beschwerlich, aber es ergibt sich die Möglichkeit andere Lemuren- sowie zahlreiche Vogelarten zu beobachten.
Einer der 5 empfehlenswerten Wanderwege namens Rianasoa führt zu einem schönen Wasserfall mit Bademöglichkeit, also eine willkommene und erfrischende Abkühlung nach den eindrucksvollen Wandertouren.

Reserve Experimentale de Vohimana:
Dieses Ökotourismusprojekt liegt einige Kilometer von Andasibe Richtung Tamatave
Es handelt sich hier um ein grosses tropisches Waldgebiet, Lebensraum von vielen Lemurenarten und Vögeln.

Park Mitsinjo:
Der Park wird verwaltet von den lokalen Guides der Association Mitsinjo, die sich für den Umweltschutz und Ökotourismus engagieren.
Bemerkenswert ist die Nachzucht von endemischen Setzlingen für die Wiederaufforstung des Waldes. Auch Abendwanderungen in diesem Schutzgebiet sind möglich.

Das Reserve Voimma (Parc villageois):
ist ein kommunales Waldgebiet nicht weit vom alten Bahnhof entfernt und steht unter lokaler Selbstverwaltung, so dass ein Teil der Einnahme direkt für die Dorfbewohner eingesetzt wird.
Es ist also kein Nationalpark. Die ausgebildeten Lokalführer organisieren auch Abendwanderungen mit Pirsch nach dem kleinsten Mausmaki oder anderen nachtaktiven Tiere.

Nachmittags hat man natürlich Gelegenheit, durch das grosse Dorf von Andasibe zu schlendern, um einen Eindruck über das ruhige Alltagsleben der Dorfbewohner zu erhalten.
Am Rande dieses Bretterbubendorfs befindet sich eine Eisenbahnstation, denn die alte Bahnlinie verbindet seit Anfang des 20. Jahrhunderts die Hauptstadt mit der Hafenstadt. In letzter Zeit fahren leider nur noch Güterzüge zwischen den beiden Städten Moramanga und Toamasina (Tamatave).
Die neugierigen Kinder grüssen freundlich die Vazaha (die Fremden) und gern kann man ihnen mit einem netten “Salama“ antworten, so wird man mit diesem Grusswort überall freudig-erstaunte Reaktionen ernten. Beim Spaziergang durch das malerische Dorf ist auch der geeignete Moment, die frisch geernteten Früchte wie Wassermelonen, Jackfrüchte, Litschis, Annonen (Cherimoya), sowie die verschiedenen schmackhaften Bananen zu probieren. Ein einzigartiges Erlebnis für die Gaumen!

Oktober 2020; geschrieben von Fanasina PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker PRIORI Madagaskarhaus Basel

Ambatrondrazaka – Lac Alaotra

1220 – Ambatondrazaka und der Alaotra-See

Die Stadt Ambatondrazaka ist ab Moramanga sowohl mit der Eisenbahn als auch mit dem Geländewagen zu erreichen.


In Ambatondrazaka werden wir wieder andere Volkstämme der Nordostküste der Insel mit ihren interessanten Sitten und Bräuche kennenlernen. Die Landbevölkerung setzt sich hauptsächlich aus den Stämmen der Sihanaka und Bezanozano zusammen.


Der Alaotra-See liegt etwa 320 km nordöstlich von Antananarivo. Um diese interessante Region zu erreichen, fährt man auf der asphaltierten Nationalstrasse Nummer 2 (RN2) nach Osten bis Moramanga. Ab hier nimmt man die Nationalstrasse 44, die bald zu einer holprigen Piste wird. Eine gute Alternative wäre die 122 km lange Zugstrecke mit 12 Bahnhöfen, natürlich unter der Bedingung, dass der Zug fährt. Auf dieser abwechslungsreichen Fahrt wechselt die karge Hügellandschaft mit den grünen Ausläufern des Regenwaldreservates ab.

Auf der Südseite des Alaotra Sees, umgeben von sanften Anhöhen, liegt der Hauptort Ambatondrazaka. Vom “Erben des Hörens“ erfährt man, dass der einstige Sihanaka König Andriambololona mit dem ursprünglichen hier lebenden Stamm der Vazimba gekämpft hatte. Sein Sohn Razaka war kinderlos und entschied, die Kinder seiner Schwester zu adoptieren. Vor seinen Verwandten und allen Stadtbewohnern hielt er einen Eid, dass er sich um das Wohl dieser Adoptivkinder kümmern würde.

Zum Andenken liess er einen grossen Gedenkstein “Vato“ im Dorf errichten und so heisst die Stadt noch heute Ambatondrazaka (was wörtlich “Gedenkstein von Razaka“ bedeutet).

Ambatrondrazaka – Lac Alaotra
Der Bau der Eisenbahnlinie in diese Region begann im Jahre 1914 und seit 1923 pendelt regelmässig eine altersschwache Lokomotive zwischen Moramanga und Ambatondrazaka. Hier erlebt man pure Landschaft und echte Leute. Die Dorfbewohner an allen Bahnhöfen versorgen die Fahrgäste mit frisch zubereiteten Beignets und Obst und der Kontakt mit den einheimischen Mitreisenden ist im wahrsten Sinn des Wortes “hautnah“.

Ambatondrazaka liegt günstig am Endpunkt der Bahnlinie MLA (Moramanga – Lac Alaotra), es ist auch das Verwaltungszentrum der ganzen Region am See Alaotra.

Die grossen Reisfelder rund um die Stadt liegen an der Westseite des Sees. Nicht umsonst ist dieses wohlhabende Städtchen die wichtigste Reiskammer der ganzen Insel.

Die Häuser am Rand der Hauptstrasse aus der Kolonialzeit, der bunte Markt mit den reichhaltigen Ständen und die eindrucksvolle Kathedrale stechen sofort ins Auge und verleihen der Stadt eine gemütliche Ausstrahlung.

Ambatrondrazaka – Lac Alaotra
Die ethnische Gruppe Sihanaka bewohnt die fruchtbare Region rund um den See. Sie hat mit dem Volkstamm der Merina viel gemeinsam. Die Sümpfe wurden in grosse Reisfelder umgewandelt. Deswegen ist ihr Name die Sihanaka (wörtlich übersetzt heisst es “die aus dem Sumpf“ oder „diejenigen, die durch die Sümpfe wandern“). Sie leben in der Nähe des Quellgebiets des Mangoro Flusses und leben vom Reisanbau, vom Fischfang und der Geflügelzucht.

Die Bezanozano Volksstämme sind mit der Sihanaka Volksgruppe eng verwandt und besiedeln auch die Region rund um die Alaotra See. Der Name bedeutet wörtlich übersetzt “viele kleine Zöpfe“ und er beschreibt die Frisur der Frauen, die sich das Haar zu kleinen Knoten rund um den Kopf flechten.

Beide Volkstämme sind bekannt für das Tanztheater Milaloa und das Kabary (Redekunst). Sie können sich stundenlang in einer sehr blumigen Sprache, ausgeschmückt mit vielen Redewendungen unterhalten. Dieses Kabary ist bis heute eine wichtige kommunikative Funktion im Alltag der Einheimischen und bei jeder Familienzeremonie.

Sie werden auch als brandrodende Bauern bezeichnet und pflanzen gern Trockenreis an den Berghängen und Hanglagen. Sein Wasser erhält der Reis nur vom Regen. Mais und Yamswurzeln gehören auch zu den Nutzpflanzen in dieser regenreichen Region.

Während die traditionell hier lebenden Bezanozano und Sihanaka die riesige Senke des Alaotra-Grabens in natürlich verträglichem Masse mit Sumpfreisanbau, Viehhaltung und Fischfang nutzten, führten die französischen Kolonialherren den Nassreisanbau ein und begannen etwa um 1922 mit der extensiven Kultivierung. Auch Tabak, Maniok und Erdnüsse wurden angebaut.

Ambatrondrazaka – Lac Alaotra
Wegen ca. 80.000 ha Reiskulturen rund um den Alaotra See gehört die Region zum bedeutendsten Reisanbaugebiet von ganz Madagaskar. Reis ist auf der ganzen Insel das Grundnahrungsmittel der Madagassen, sie konsumieren durchschnittlich 135 kg pro Jahr pro Person. Sie fühlen sich erst gesättigt, wenn sie Reis gegessen haben. Unerwartete Gäste sind immer willkommen und es heisst dann: „manasa hihinam-bary“, was wörtlich heisst „komm rein und iss Reis mit uns“.

Es gibt sehr viele Reissorten auf der ganzen Insel. Meistens werden die weissen Reissorten in den Regionen bevorzugt gepflanzt, der braunrote Reis wird jedoch als Reissuppe früh am Morgen sehr geschätzt, der ovale Duftreis riecht und schmeckt sehr gut. Zu jeder Mahlzeit werden verschiedene Beilagen wie Spinat, Eintöpfe mit Gemüse oder Fleisch serviert.

Ein wesentlicher Reiz der Gegend um den Lac Alaotra ist die Abgeschiedenheit.

Der See ist ein Naturdenkmal und birgt eine Unzahl kaum erforschter Lebensformen, auch wenn er unter den Folgen von Erosionsschäden (Lavaka), Überdüngung, Wasserentnahme und Waldverlust leidet. Darum ist er aufgrund der dort lebenden Wasservögel und Lemuren zum Ramsar-Schutzgebiet erklärt worden.

Ambatrondrazaka – Lac Alaotra
Zu den Hauptattraktionen in dieser Gegend gehört das Camp Bandro, 30 km nördlich von Ambatondrazaka, gegründet von „Madagascar Wildlife Conservation“ (MWC). Hier ist die beste Option, um die dämmerungsaktiven Bambuslemuren ganz aus der Nähe zu beobachten. Da sie vor Sonnenaufgang, so gegen vier Uhr auf Futtersuche sind, bekommt man diese endemischen Tiere am besten auf einer Pirogenfahrt durch die Schilfinseln zu Gesicht.

Der Alaotra-Bambuslemur oder „Hapalemur Alaotrensis“ oder “Bandro“ auf madagassisch ist eine mittelgroße Lemurenart mit graubraunem Fell, die ihr Refugium am Ufer des Lac Alaotra gefunden hat. Sie verbringen ihr Leben in den Sümpfen mit Papyrus und ernähren sich hauptsächlich vom endemischen Schilf oder “Zetra“. Dieser possierliche Primat lebt zwischen den Schilfinseln und kann nicht schwimmen, so haben die Parkwächter kleine Brücken zwischen den Verbreitungsgebieten dieser Bambuslemuren gebaut, um der drohenden Inzucht vorzubeugen.

Nordöstlich des Camps Bandro befindet sich der Nationalpark von Zahamena rund 70 km im Nordosten von Ambatondrazaka. Er liegt 400 bis 1600 m über dem Meeresspiegel entlang des Ostufers des Lac Alaotra.

Der 66’400 ha grosse Nationalpark steht seit 1927 unter Schutz und gehört zum Ostenregenwald mit Orchideen, Palmen, Pandanus und vielen Baumarten.

Dieser Park ist auch ein Naturlebensraum für Lemuren, darunter der grösste Lemur von Madagaskar, der Indri Indri. Auch der Diademsifaka hat hier sein Refugium gefunden. Zahlreiche endemische Vögel wie die Rote Eule und der seltene Schlangenadler, aber auch viele Amphibienarten sind hier anzutreffen.

Ambatrondrazaka – Lac Alaotra
Die Nationalstrasse Nr 44 von Ambatondrazaka bis Imerimandroso ist eine 53 km lange, staubige Piste. Diese rund eineinhalbstündige Autofahrt bietet einen Blick auf die einstöckigen Hochlandhäuser mit den schön verzierten Balkonen.

Nach der Stadt Imerimandroso gelangt man zum Dorf Antanandava, das am Ausgangspunkt des berühmten Schmugglerpfades zum Indischen Ozean liegt. Vor dem Strassenbau und der Eisenbahnverbindung war dies die übliche Route für die Schmuggelprodukte aus den Nachbarinseln La Réunion und Mauritius, die ins Hochland gebracht werden sollten.

Eine 6-tägige Trekkingtour mit vielen Flussdurchquerungen auf dem Schmugglerpfad ist für Abenteurergäste sehr interessant, um die natürliche Schönheit der Region von Alaotra kombiniert mit der Ostküste zu entdecken. Die Strecke vom Hochland bis zur Ostküste ist ca. 85 km lang und schliesst den Besuch des Zahamena-Nationalparks ein, um damit die Vielfältigkeit des Regenwaldreservates mit seiner Fauna und Flora kennen zu lernen.

Der Ausgangspunkt dieses Fussmarsches ist das kleine Dorf Antanandava, rund 70 km von Ambatondrazaka entfernt. Auf der Trekkingtour kommt man zu einer Anhöhe mit schönem Panoramablick, von dem man den weiten Blick über den grossen See hat. Schwerpunkte dieser Trekkingtour sind auch die verschiedenen Landschaftsformen und die Entdeckung der aromatischen Gewürze wie Nelken und die wertvollen Heilpflanzen unterwegs. Dazu wird man die Gastfreundschaft der Einheimischen abseits der ausgetretenen Pfade kennenlernen. Endpunkt dieser erlebnisreichen Trekkingtour ist das Dorf Vavatenina auf der Höhe von Mahambo an der Nordküste, ein schöner Badeplatz mit vorgelagertem Riff und auch ein beliebter Ort für die Wellenreiter. Von Mahambo kann man die Reise mit einer Bootsfahrt bis zur nahen, grünen Tropeninsel Sainte Marie fortsetzten. Badeurlaub und Inselfeeling pur erwartet dort die Reisegäste!

August 2020
Geschrieben von: Michaël PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker PRIORI Madagaskarhaus Basel

Antananarivo – Ankarafantsika

1700 – Antananarivo – Ankarafantsika

Diese facettenreiche Entdeckungsreise führt uns vom Hochland über die Hügelketten bis zum Nationalpark von Ankarafantsika. Eine interessante Tour zu den Highlights in Madagaskars Westen mit vielen spannenden Erlebnissen erwartet uns.

Der Norden von Madagaskar lässt sich gut mit dem Auto bereisen. Zwischen Antananarivo und dem Nationalpark von Ankarafantsika ist die Landschaft sehr vielfältig. Auf der gut ausgebauten Nationalstrasse RN4 ist diese ca. 450 km lange Strecke in etwa acht Stunden machbar, aber wir werden diese lange Strecke natürlich auf verschiedene Etappen verteilen. Am Anfang dieser Entdeckungsreise ist die bergige Landschaft von Weideflächen geprägt und in den seltenen Tälern befinden sich Reis- und Gemüsefelder. Je weiter man nach Nordwesten gelangt, desto seltener werden die Felder.

Antananarivo – Ankarafantsika
Nach 10 km erreichen wir unweit der Hauptstadt das Städtchen Ambohidratrimo mit einem der 12 heiligen Hügel um Antananarivo. Wörtlich bedeutet es “der Hügel des Adligen Ratrimo“. In einem hölzernen Palast auf diesem heiligen Hügel residierte damals die erste Frau des berühmten Merina-Königs Andrianampoinimerina. Sie hiess Rambolamasoandro, und war ist die Mutter des Königs Radama I., der ab 1810 König des Merina-Volkstammes war. Nach ein paar weiteren Kilometern durchqueren wir das grosse Dorf Andranovelona, wo das Quellwasser des bekannten Flaschenwassers “Eau Vive“ sprudelt. Der Ortsname bedeutet wörtlich “wo lebendiges Wasser sprudelt“, anders gesagt “das belebende und erfrischende Wasser“. Wasser heisst auf madagassisch “Rano“ und die Marke “Eau Vive“ ist sehr beliebt und gehört zu den am meisten konsumierten Mineralwassern auf der ganzen Insel. Nicht weit von diesem Quellort liegt die Bezirkshauptstadt Ankazobe, wörtlich übersetzt “wo grosse Bäume wachsen“. Dieser Name entspricht leider nicht mehr der Wirklichkeit, denn sie stammt aus der Zeit, wo das ganze Gebiet mit Trockenwald bedeckt war. Etwa 40 km nördlich von Ankazobe befindet sich die Forststation Manankazo, die sich mit der Aufforstung der kahlen Flächen in diesem Teil des Hochlandes befasst.

Antananarivo – Ankarafantsika
“Hazo“ bedeutet auf madagassisch “Baum“ oder “Holz“ und dieses Gebiet wurde mit Eukalyptus, Pinien, Zypressen und anderen, fremden, aber raschwüchsigen Baumarten bepflanzt. Viele madagassische Familien leben von der Herstellung und dem Verkauf von Holzkohle, denn 80% der Haushalte benutzen Holzkohle, auch in den übervölkerten grossen Städten.

Entlang der Nationalstrasse wird die Holzkohle von Eukalyptusbäumen in grossen weissen Säcken angeboten, denn dies ist das einzige Brennmaterial, das sich die Madagassen leisten können. Strom und Solarenergie ist leider zu teuer. Einige Organisationen und Projekte versuchen die Holzkohle durch Kuhdung zu ersetzen, sehr praktisch, billig und vor allem umweltfreundlich. Er fehlt dann aber als Dünger in der Landwirtschaft.

Antananarivo – Ankarafantsika
140 km nordwestlich der Hauptstadt Antananarivo, eingebettet in die Hügellandschaft, liegt das Spezialreservat von Ambohitantely. Es besteht aus einem Rest von Trockenwald und dazwischen befinden sich Steppen und Savannen. Dieses Waldgebiet beherbergt einige Lemurenarten, zahlreiche Reptilien wie Chamäleons, Geckos und Schlangen, aber auch verschiedene Vogelarten.

Nach ein paar Kilometern verändert sich die Landschaft schlagartig. Hier beginnt der Aufstieg zum grossen Tampoketsa, ein riesiges kahles Plateau, durchsetzt von ein paar Sträuchern und Gebüschen. Das angenehme Klima des Hochlandes ist jetzt der trockenen Hitze gewichen, dies ist auch der Beweis, dass wir in einer der wärmsten Regionen von Madagaskar eingetroffen sind. Dieses warme Gebiet ist dünn besiedelt und an den Berghängen werden Tabak, Baumwolle und Erdnüsse angebaut, die grasbewachsenen Hänge bieten den fetten und langhornigen Zebus Nahrung.

Antananarivo – Ankarafantsika
Ab dem Städtchen Mahatsinjo, das nur noch 800m über dem Meeresspiegel liegt, geht es jetzt hinab in die Tiefebene und von Weitem sieht man schon die Wasserfläche des langen Ikopa-Flusses, der weiter nördlich in den Betsiboka-Fluss und schliesslich in den Kanal von Mozambik mündet.

Dieser lange Fluss mit einem beeindruckenden Wasserfall unterscheidet sich von den anderen Flüssen auf Madagaskar wegen seiner rotbraunen Farbe: Erosionsmaterial, das er aus dem Lateritboden des Hochlandes abschwemmt und zum Meer hin mitträgt.

Maevatanana heisst die nächste grosse Stadt, wörtlich bedeutet dies “die hübsche Stadt“, aber besonders einladend kann man diese Zwischenstation entlang der Nationalstrasse RN4 nicht bezeichnen. Trotzdem ist die Stadt eine willkommene Rast für diejenigen, die weiter zum Nationalpark von Ankarafantsika oder nach Majunga am Kanal von Mozambik weiterreisen wollen.

Antananarivo – Ankarafantsika
In der Umgebung von Maevatanana, der Hauptstadt der Region Betsiboka, leben viele Goldwäscher. Die Region gilt als ein wichtiges Zentrum der Goldhändler. In den weiten Tiefebenen, der roten Flüsse von Ikopa und Betsiboka, werden hauptsächlich Reis und Tabak angebaut. Die grüne Vegetation und die intensive Landwirtschaft in dieser fruchtbaren Region fallen sofort auf in diesem Trockengebiet. Die Überquerung des Betsiboka-Flusses erweist sich als ein imposantes Erlebnis und ist eine willkommene Abwechslung auf dieser langen Route. Auf der langen Stahlbrücke kann man sich gut vorstellen, wie der sprudelnde, kleine, rotbraune Fluss während der Regenzeit zu einem gewaltigen und reissenden Strom wird. Dieses Naturschauspiel ist ein schönes Fotomotiv auf dieser Nordwestroute!

Nach 110 km treffen wir im nächsten grossen Dorf Ambondromamy ein. Von hier aus führt die RN4 weiter Richtung Nordwestküste zur schönen Blumenstadt Majunga und die RN6 nach Norden bis Antsohihy und weiter bis an die Nordspitze der Insel, nach Antsiranana.

Antananarivo – Ankarafantsika
Wir folgen der RN4 weiter und erreichen nach ca. einer Stunde Autofahrt den Nationalpark von Ankarafantsika, eine ganz besondere Attraktion die dieser Region. Von Weitem schon sehen wir den schönen grossen Trockenwald. Schon seit 1927 ist dieser Wald geschützt und zählt daher zu den ältesten Naturschutzgebieten im Norden der Insel. Im Besucher- und Informationszentrum am Eingang des Naturreservates haben wir einen Überblick über die einzelnen Wanderwege mit verschiedenen Schwerpunkten: der Rundweg für die Lemuren- und Tierfreunde, auch für die Vogelliebhaber, oder die Tour für die botanisch Interessierten zur artenreichen Flora bis zu den spektakulären Baobabs. Die Auswahl ist gross, in diesem Trockenwald kann man mit Sicherheit kurz nach der Abenddämmerung die nachtaktiven Tiere wie die Mausmakis, Chamäleons, Nachtvögel nahe an den Wanderwegen zu Gesicht bekommen.

Dieses Naturschutzgebiet hat auch den Vorteil, dass die Besucher 2 oder 3 Nächte hier verbringen können, denn im Dorf von Ampijoroa befinden sich gute Mitteklasse-Bungalows und Campingmöglichkeiten

September 2020, geschrieben von: Koloina, PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker www.madagaskarhaus.ch

Andasibe-Antananarivo

1240 – Andasibe – Antananarivo

Nach dem erlebnisreichen und eindrucksvollen Aufenthalt im schönen Bergregenwald von Andasibe verlässt man schweren Herzens die wuchernde tropische Landschaft, um nach ca. drei Stunden Autofahrt wieder einzutauchen in die wuselnde Hauptstadt Antananariovo.


Auf der sich windenden Strasse reist man durch die üppig bewachsenen Berge zurück ins madagassische Hochland. Man fährt zuerst durch das Land des Volksstammes der Betsimisaraka. Sie gehören zur grössten Bevölkerungsgruppe an der Ostküste der Insel und der Name bedeutet wörtlich “die Vielen, die sich nicht trennen lassen“ oder “die vielen Unzertrennlichen“.

Im 17. Jahrhundert gelang es einem König, die verschiedenen Gruppen und Clans unter seiner Herrschaft und Obhut zu vereinigen.

Diese Ethnie lebt hauptsächlich als sesshafte Bauern in diesem tropischen Grüngürtel, diejenigen die am Rand des Waldes wohnen, ernten wilden Honig im Regenwald und die Küstenbewohner am Rand des Indischen Ozeans leben vom Fischfang oder sie sind Seefahrer.

Wie alle Ethnien in Madagaskar trägt auch der Betsimisaraka Stamm bei jeder Gelegenheit die “Lamba“, die bunten Umschlagtücher oder “Pareo“. Diese dienen auf Madagaskar Männern und Frauen gleichermassen als Kleidungsstück. Die Mütter benutzen sie auf verschiedene Art, zum Beispiel, um ihre Babys zu tragen, als Halstuch, wenn es ihnen bei der Winterzeit kalt ist oder einfach als Kopftuch, wenn es regnet oder wenn die Sonne brennt, also ganz einfach als “Tuch für alles“.

Andasibe – Antananarivo
Bei der Fahrt entlang der verlassenen Felder sieht man die Methode der Brandrodung oder auf madagassisch die “Tavy“, mit der die Bauern ihre Reisfelder im sogenannten Wanderfeldbau urbar machen und wo die “Bäume der Reisenden“, auf madagassisch Ravinala oder “die Blätter des Waldes“ häufig wachsen.

Es handelt sich hier um eine endemische Baumart, die als wild wuchernde Sekundärpflanze auf den gerodeten Waldflächen oder in Lichtungen des Regenwaldes wächst. Der Ravinala ist ein Wahrzeichen Madagaskars und gilt auch als Symbol der feuchtwarmen Ostküste.


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Die Wedel dieser prächtigen Pflanze wachsen fächerartig aus dem Stamm heraus und zwischen Stamm und Blattansatz befindet sich ein Hohlraum, in der sich das Regenwasser sammelt und für lange Zeit kühl und trinkbar bleibt. Im Notfall bekommt man ca. 1,5 Liter Wasser durch Anstechen des Blattgrundes, daher dieser merkwürdige Name “Baum der Reisenden“. Es war ein willkommener Wasservorrat für die Einheimischen, die einst tagelange unterwegs waren.
Die Samen werden gemahlen und gern verzehrt. Bemerkenswert sind auch die langstieligen, riesigen Blätter, die dem Dachdecken dienen oder die schmalen Äste und die dicken Stämme, die als wertvolles Baumaterial für die Palmhütten der Küstenbewohner nützlich sind. Ausserdem gilt diese “Fächerpalme“ als eine sehr beliebte Zierpflanze in den exotischen Gärten.

Andasibe – Antananarivo
Wir nähern uns allmählich den Vororten von Antananarivo und links und rechts der Nationalstrasse sieht man die grossen Reisfelder. Reisterrassen prägen meistens das Bild des Hochlandes, aber in Rodungsgebieten wird auch “Bergreis“ ohne Bewässerung angebaut.

Schliesslich gilt der Reis auf der ganzen Insel als Hauptnahrungsmittel der Madagassen und nimmt eine herausragende Stellung in der madagassischen Kultur ein. Die Ersteinwanderer Madagaskars brachten vor 1500 Jahren die Kultur des Reisanbaus mit sich und aufgrund der indonesischen Wurzeln gilt der Reis natürlich als die Basis der madagassischen Küche.

Die Madagassen essen dreimal Reis am Tag: beim Frühstück, beim Mittag- und beim Abendessen. Ihr Lebensgefühl hängt vollständig vom Reis ab: satt oder „voky“ fühlt sich nur, wer einen vollen Teller Reis gegessen hat. Die anderen Nutzpflanzen wie Kartoffeln, Maniok, Mais oder Taro-Knollen werden nur als Nahrungsersatz für den Alltag betrachtet. Traditionell wird auch zu jeder madagassischen Mahlzeit im Reistopf abgekochtes Wasser (“Ranovola“) gereicht. Dieses schmeckt gut und löscht den Durst, besonders wenn die Beilage – wie Zebu- oder Schweinefleisch – etwas fettig ist.

Andasibe – Antananarivo
Mit ungeheurem Arbeitsaufwand und Fleiss haben die Hochlandbewohner über mehrere Jahrhunderte mit Bewässerungssystemen ihre terrassierten Reisfelder angelegt. Den schlammigen Boden lockern die Bauern zuerst mit dem Spaten, selten mit Ochsengespann und einem Pflug. Besitzt die Familie eine ganze Zebuherde, kommen die Tiere zum Stampfen des Erdreichs zum Einsatz. Letztendlich pflanzen die Frauen und Kinder die kleinen Reispflanzen in den kleinen Parzellen im Tal oder an den Berghängen. Nach ein paar Monaten muss das Unkraut entfernt werden und schliesslich ist das Ernten und Dreschen an der Reihe.

Kurzum, es ist eine mühsame Arbeit, bis der Reis oder der “Vary“ auf den Teller kommt. Diese harte Feldarbeit beschäftigt die Landbevölkerung während ungefähr sechs Monaten, aber mit dem Gemeinschaftssinn und der Kollektivarbeit der Dorfbewohner oder der Verwandten wird diese Arbeit leichter.

Nach paar Stunden kommt man in die brodelnde madagassische Hauptstadt mit ihren vielen Hügeln, Treppen und den Kolonialhäusern. Je nach Lust und Laune kann man noch diese „Stadt der Tausend“ erkunden oder sich nach dieser eindrucksvollen Entdeckungsreise einfach im Hotel entspannen.

August 2020; geschrieben von Bodo, PRIORI Antananarivo
Redigiert von Peter Elliker PRIORI Madagaskarhaus Basel